Kasseler Handexemplare der Grimm-Märchen
Unstimmigkeiten um Eigentum und UNESCO-Programm
(Grimmforum, 2006-2009)

Unstimmigkeiten um Weltdokumentenerbe
Wie auch in diesem Diskussionsforum bereits thematisiert wurde, gab die Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. 2004 in einer Bewerbung bei der UNESCO und seitdem in mehreren Print- und Internet-Veröffentlichungen an, die Kasseler Handexemplare der „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm und Jacob Grimms Handexemplar vom Band 1 der „Deutschen Grammatik“ in der Erstausgabe von 1819 befänden sich seit (ca.) 1897 kontinuierlich im Eigentum der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. Der bei der UNESCO zum Zweck der Aufnahme von fünf Bänden der Märchen-Handexemplare in das „Weltdokumentenerbe“ eingereichte Text kann auf den Internetseiten der UNESCO abgerufen werden: http://portal.unesco.org/ci/en/ev.php-URL_ID=23214&URL_DO=DO_TOPIC&URL_SECTION=-465.html
(Link aktualisiert am 14. 11. 2009, BF)

Die Angabe der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V., sie sei seit 1897 Eigentümerin der Märchen-Handexemplare, wurde während der letzten Monate allgemein bekannt. Für die Grimm-Forschung war diese Behauptung überraschend, da sie mit den bisher (etwa in Ludwig Deneckes Monographie „Jacob Grimm und sein Bruder Wilhelm“, 1971) vorliegenden Informationen nicht übereinstimmte. Das war Grund genug, die Überlieferungsgeschichte dieser Bücher und die damit zusammenhängenden Eigentumsverhältnisse einmal gründlich zu recherchieren.

Die Recherchen, die ich gemeinsam mit Kollegen aus Kassel und Auckland (Neuseeland) und mit Unterstützung der Universitätsbibliothek Kassel unternommen habe, kommen zu folgendem Ergebnis:
Zwei Bände von Jacob Grimms Handexemplar der „Deutschen Grammatik“ schenkte Herman Grimm der Landesbibliothek Kassel 1885, neun Bände Handexemplare der Grimmschen Märchen gelangten 1932 ebenfalls auf Verfügung Herman Grimms durch Johannes Bolte in die Bibliothek. In keinem der beiden Jahre bestand eine Grimm-Gesellschaft. Die alte Kasseler Grimm-Gesellschaft wurde 1897 gegründet und 1920 aufgelöst. Ihr gesamtes Eigentum ging satzungsgemäß an die Landesbibliothek. Die jetzige Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. wurde 1942 gegründet. Die Kasseler Handexemplare der Grammatik und der Märchen befanden sich niemals im Eigentum einer Grimm-Gesellschaft.
Vielmehr sind die Kasseler Grimm-Handexemplare der Märchen und der „Deutschen Grammatik“ ein alter Bestand der Landesbibliothek Kassel und befinden sich (aufgrund des Vertrages zwischen dem Land Hessen und der Stadt Kassel vom 12. Dezember 1975 über die Übernahme der Murhardschen Bibliothek der Stadt Kassel und Landesbibliothek in das Bibliothekssystem der damaligen Gesamthochschule) heute im Eigentum der Universitätsbibliothek Kassel.

Die Nachforschungen zur Überlieferungs- und Eigentumsgeschichte ergaben also, daß die von der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. im Antrag mehrfach wiederholten Informationen zu den Überlieferungs- und Eigentumsverhältnissen an diesen Büchern völlig unrichtig sind. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß es das Ziel dieser Verfälschungen gewesen sein könnte, die Handexemplare aus dem öffentlichen Eigentum zu entfremden und völlig in die Verfügungsgewalt der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. zu bringen. Der Fall geht über die elf Bände Handexemplare weit hinaus, weil diese Ansprüche der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V., wenn sie unwidersprochen blieben, wohl früher oder später auch für andere Grimm-Bestände aus der ehemaligen Landesbibliothek Kassel (und für Grimmiana aus städtischem Eigentum) erhoben würden. Die im Fall der Märchen-Handexemplare aufgedeckte Entfremdung öffentlichen Eigentums zugunsten einer privaten Körperschaft zeigt, daß sich das vom Brüder Grimm-Museum verwahrte öffentliche Eigentum in akuter Gefahr befindet.

Unsere Recherchen können jetzt im Detail auf folgender Internetseite nachverfolgt werden: http://www.grimmnetz.de/grimm-mow

Berthold Friemel, 7. Dezember 2006
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HNA zum Weltdokumentenerbe: „Doppelt falsch“
Aus dem HNA-Forum kopiere ich den dort von „Grimmig“ eingestellten Artikel des HNA-Kulturredakteurs Dirk Schwarze zum vermutlich unberechtigten Eigentumsanspruch der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. auf Handexemplare von Werken der Brüder Grimm:

„Grimmig“ schrieb:
„HNA“ schrieb:

Streit um Welterbe
Vorwurf an Brüder Grimm-Gesellschaft: Falsche Zuschreibung

Von Dirk Schwarze

Kassel. In dem seit vorigem Jahr ausgetragenen Streit um die Brüder Grimm-Gesellschaft ist eine neue Runde eröffnet worden. Dabei geht es um die Frage, ob die Kasseler Handexemplare der Grimmschen Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm-Gesellschaft gehören, wie diese behauptet, oder ob die Universitätsbibliothek als Nachfolgerin der Landesbibliothek Eigentümerin ist.
Für etliche Bücher und Schriften von und zu den Grimms sind die Eigentumsfragen deshalb schwer zu klären, weil die Geschäftsräume der Grimm-Gesellschaft in dem Gebäude der Murhardschen Bibliothek liegen, die heute mit dem Restbestand der Landesbibliothek zur Universitätsbibliothek gehört.
Sieben Wissenschaftler und Bibliothekare haben jetzt in einem gemeinsamen Schreiben an die Unesco erklärt, alle überlieferten Fakten sprächen gegen die Behauptung der Grimm-Gesellschaft, ihr gehörten die Bücher und sie allein verfüge über alle Urheberrechte. Dieser Anspruch führt dazu, dass Wissenschaftler nur unter erschwerten Bedingungen mit diesen Handexemplaren arbeiten können.

Unstimmigkeiten

An die Unesco haben sich die Wissenschaftler deshalb gewandt, weil die fünf Handexemplare von Jacob und Wilhelm Grimm im vorigen Jahr in das Weltdokumentenerbe (Memory of the World) der Unesco aufgenommen worden sind. In den Unterlagen fand der neuseeländische Grimm-Experte Alan Kirkness Unstimmigkeiten in der Begründung, warum die Handexemplare Eigentum der Brüder Grimm-Gesellschaft seien. Daraufhin untersuchten Wissenschaftler in Berlin und Kassel, hier waren es vor allem Dr. Axel Halle und Dr. Konrad Wiedemann von der Universitätsbibliothek, die Quellen und kamen zu eindeutigen Ergebnissen: Nach dem Tod von Hermann Grimm kamen die damals neun Bände der Handexemplare 1899 in den Besitz von Johannes Bolte in Berlin. Der übersandte sie 1932 der Landesbibliothek Kassel, der (und ihren Nachfolgeeinrichtungen) sie seitdem gehörten.
Nach Darstellung der Grimm-Gesellschaft sieht die Geschichte ganz anders aus: Hermann Grimm habe 1897 die Brüder Grimm-Gesellschaft mitbegründet. Von ihm habe die Gesellschaft die Handexemplare erhalten. Sie sei also seit über 100 Jahren Eigentümerin.

Doppelt falsch

Nach Einschätzung der Wissenschaftler ist diese Darstellung doppelt falsch. Erstens hätten sich, wie oben dargestellt, die Bände von 1899 bis 1932 in Berlin befunden. Zum zweiten sei die Grimm-Gesellschaft in ihrer heutigen Form erst 1942 gegründet worden. Die 1897 ins Leben gerufene Grimm-Gesellschaft sei mit der satzungsgemäßen Maßgabe 1920 aufgelöst worden, ihr Eigentum der Landesbibliothek zu übertragen.

Der Geschäftsführer der Grimm-Gesellschaft, Dr. Bernhard Lauer, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Der Präsident der Gesellschaft, Dieter Staubach, zeigte sich überrascht von dem Eigentumsstreit. Er will die Rechtsfrage prüfen lassen. Ihm liege aber nichts an einem Streit. Auf Anfrage meinte er: „Es ist mir eigentlich egal, wem die Bände gehören.“ Klar sei nur, dass sie nach Kassel gehörten und von allen genutzt werden könnten.

17.11.2006

Ich habe dazu kommentiert:
„Doppelt falsch“. Wie kam es dazu? Weiß der Geschäftsführer nicht, wann seine Gesellschaft gegründet wurde? Hat er keine Ahnung, wann und wie die Bücher, die er auf Ausstellungen zeigt und zu denen er einen Antrag an die UNESCO stellt, wirklich nach Kassel gelangt sind? Wie kommt er zu seiner an die UNESCO gerichteten Version, daß die Bücher seit 1897 der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. gehören? Hatte er Kenntnis von der wirklichen Aktenlage und verschwieg etwas, oder hat er einfach eine Geschichte erfunden, die ihm taktisch gefiel? Beides wäre eine Fälschung. Vermutlich ist es eine Mischung von beidem. Vieles deutet jedenfalls auf Verfälschung zum Vorteil eines eingetragenen Vereins, dessen ehrenamtlicher Geschäftsführer er ist, und den Versuch einer Entfremdung bedeutender Vermögenswerte aus der öffentlichen Hand, die sein Arbeitgeber ist.

Bonoboche, 18. November 2006
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Staubach: Handexemplare gehören nun der ganzen Menschheit

In zwei Weihnachts- und Neujahrsbriefen an die Mitglieder der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. äußerten sich deren Vorstand und gesondert der Vorsitzende Klaus Dieter Staubach zu den Diskussionen um das Eigentum an den Kasseler Handexemplaren von Werken der Brüder Grimm. Der Vorstand erklärt in seinem Brief, daß die auf der Website http://www.grimmnetz.de/grimm-mow und im Brief von sieben Wissenschaftlern an die UNESCO gezogenen Schlußfolgerungen zum Eigentum an den Kasseler Märchen-Handexemplaren unrichtig bzw. unvollständig seien. Zu der im eigenen Antrag der Grimm-Gesellschaft aus dem Jahr 2004 mehrfach enthaltenen Behauptung, die Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. selbst sei seit 1897 Eigentümerin der Handexemplare, bleiben die beiden Briefe jegliche Stellungnahme und Erklärung schuldig. Die Passage zum Thema Handexemplare im Brief des Vorstands lautet:
http://homepage.mac.com/jeanne_darc/Kapitaen2.jpg
In seinem separat beigefügten persönlichen Brief bedauert der Vorsitzende der Grimm-Gesellschaft, Staubach, daß die bereits weit fortgeschrittenen Vorbereitungen zur Verleihung der Weltdokumentenerbe-Urkunde (an wen? an die Brüder Grimm-Gesellschaft?) dadurch torpediert wurden, und stellt die kühne Behauptung auf, die Handexemplare gehörten nunmehr der ganzen Menschheit.
http://homepage.mac.com/jeanne_darc/Kapitaen.jpg
(Scans eingestellt ins HNA-Forum von Jeanne d’Arc, http://forum.hna.de/forum/viewtopic.php?pid=31958#p31958 ff.)

Bonoboche, 22. Dezember 2006
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Urkundliches zum Weltdokumentenerbe
Im Brief des Vorstands der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. zu den Eigentumsverhältnissen an den Kasseler Handexemplaren der Grimmschen Märchen heißt es, für den von Grimm-Forschern und Kasseler Bibliothekaren jetzt vorgelegten Überblick zur Geschichte der Kasseler Grimm-Handexemplare seien bisher nicht oder schwer zugängliche Dokumente bereitgestellt worden.

Klaus Dieter Staubach, Bernhard Lauer, OAR Tampe, Heidrun Helwig, Peter Vaupel schrieben:

Es spricht für die erfreuliche Zusammenarbeit mit der Berliner Grimm-Sozietät, daß auch von dort Zuarbeit geleistet wurde und inzwischen die Bereitstellung verschiedener bisher nicht oder nur schwer zugänglicher Dokumente erfolgt ist.

Dieser Satz ist absurd und verwunderlich. Sämtliche Bücher und Archivbestände, die für die Dokumentation http://www.grimmnetz.de/grimm-mow herangezogen wurden, sind und waren frei zugänglich. Es befinden sich darunter gedruckte Werke, die zur Standardliteratur in der Grimm-Forschung bzw. zur Geschichte der Kasseler Grimm-Pflege gehören (insbesondere das Anmerkungswerk von Bolte-Polívka, der Bericht von Edward Lohmeyer zu zehn Jahren Kasseler Grimm-Gesellschaft und der Katalog zur Ausstellung des Grimm-Museums von Dieter Hennig).

Folgende drei wesentliche Punkte waren in der Grimm-Forschung eigentlich allgemein bekannt, gehen allein schon aus den drei genannten Publikationen hervor und gehörten zum Standard, den man voraussetzen konnte und kann:
1. Die alte Kasseler Grimm-Gesellschaft war eine Gründung von Bibliothekaren der Landesbibliothek und sammelte für diese.
2. Die Kasseler Handexemplare von Werken der Brüder Grimm gehörten zu den Beständen der Landesbibliothek, später der Murhardschen und Landesbibliothek Kassel.
3. Die jetzige Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. wurde 1942 gegründet.

Schon angesichts dieser – es sei wiederholt – allgemein bekannten Tatsachen hätte es nicht dazu kommen dürfen, in dem Antrag der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. zu behaupten, diese selbst sei seit (ca.) 1897 Eigentümerin der Handexemplare. Es ist nach der Verantwortlichkeit und nach den Motiven für diese Behauptung zu fragen, und es sind Konsequenzen anzumahnen. Was Kassel schadet, sind das in diesem Fall kraß hervortretende, einigermaßen krankhaft zu nennende Verhältnis zur Wahrheit und der an Interessen einer kleinen Gruppierung orientierte vorrangig taktische Umgang mit den Grimm-Beständen. Unumgängliche Voraussetzung für eine künftig wieder positivere Rolle Kassels im Konzert der Grimm-Orte ist es, jetzt für Offenheit in der Behandlung dieses Falles zu sorgen und vor allem die alten Grimm-Bestände in einer fairen und rechtmäßigen Weise wieder ihrer Eigentümerin zur Verfügung zu stellen.

Berthold Friemel, 22. Dezember 2006
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Anfrage zu Kasseler Handexemplaren im hessischen Landtag

Der Hanauer Landtagsabgeordete Aloys Lenz (CDU) richtete eine Anfrage an die hessische Landesregierung mit der Bitte um Klarstellung der Eigentums- und Besitzrechte an den Kasseler Handexemplaren der Grimmschen Märchen. Lenz veröffentlichte auf seiner Website folgende Pressemitteilung:

Website von Aloys Lenz schrieb:

Eigentumsrechte an „Kinder- und Hausmärchen“ umstritten
Aloys Lenz will Klarheit über Handexemplare der Grimms

Den Streit um die Eigentumsrechte an den „Ur-Exemplaren“ der Grimm’schen Kinder- und Hausmärchen zwischen der Brüder-Grimm-Gesellschaft e.V. in Kassel und der dortigen Universitätsbibliothek hat der Hanauer Landtagsabgeordnete Aloys Lenz (CDU) zum Anlass genommen, eine Parlamentarische Anfrage an die Hessische Landesregierung zu richten. Lenz bezieht sich dabei auf entsprechende Meldungen regionaler Zeitungen.
Dort wurde von dem Geschäftsführer der Brüder-Grimm-Gesellschaft in Kassel der nicht nachvollziehbare Eigentumsanspruch auf die Handexemplare erhoben. Die Universitätsbibliothek Kassel, Nachfolgerin der Hessischen Landesbibliothek, ist bisher als unumstrittene Eigentümerin aufgetreten. Da sie eine Landeseinrichtung ist, so erklärte Lenz, habe die Öffentlichkeit ein Anspruch darauf zu wissen, ob die Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen der Allgemeinheit oder einem Verein gehören. Immerhin seien die insgesamt neun Bände mit Anmerkungen und Korrekturen der Brüder Grimm von der UNESCO in das Welt-Dokumentenerbe aufgenommen worden. Der Abgeordnete betrachtete es als wenig konstruktiv, wenn sich zwei Institutionen, die sich mit dem Leben und Werk der großen Söhne Hanaus und Hessens befassen, öffentlich um Eigentumsansprüche streiten.

Lenz möchte deshalb mit seiner Anfrage von der Hessischen Landesregierung Auskunft über die tatsächlichen Besitz- und Eigentumsverhältnisse an den unschätzbar wertvollen Büchern der Brüder Grimm.

http://www.aloys-lenz.de/pr_aktuell/newsletter050107.htm

Berthold Friemel, 9. Januar 2007
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Anfrage zu Kasseler Handexemplaren u. A. im Kasseler Rathaus

Am Mittwoch, 17. Januar 2007 16.30 Uhr tagt der „Ausschuss für Finanzen, Wirtschaft und Grundsatzfragen“ im Kasseler Rathaus. Unter TOP 13 findet sich ein Anfrage der Kasseler F.D.P.-Fraktion mit dem Titel: „Brüder-Grimm-Museum“.
http://sdnet.stadt-kassel.de/tops.do?tid=914
Der Antrag enthält – wie man dort lesen kann – Folgendes (einfach auf das Vorlagen-Icon klicken, dann öffnet sich ein PDF):
http://homepage.mac.com/jeanne_darc/FDP_Anfrage.jpg

Jeanne d’Arc, 11. Januar 2007
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Brief der Uni Kassel an die Stadt wegen der Handexemplare

HNA, Kassel, schrieb:
Uni bohrt wegen Grimms nach
Brief an Stadt zum Eigentümer-Streit um Handschriften und Bücher

Brüder-Grimm-Handschriften: Wer ist Eigentümer?

Von Dirk Schwarze

KASSEL. Der Streit um die Eigentumsrechte an Teilen der Grimm-Bibliothek, insbesondere der Grimmschen Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen, schwelt weiter. Nachdem im November sieben Wissenschaftler und Bibliothekare in einem Brief die Behauptung der Brüder Grimm-Gesellschaft als unhaltbar zuückgewiesen hatten, die Handexemplare seien seit über 100 Jahren ihr Eigentum, hat nun die Leitung der Universität Kassel in einem Brief an die Stadt die von den Wissenschaftlern dargelegte Rechtsposition bekräftigt. Das Schreiben ist an das Rechtsamt gerichtet, das im Auftrag des Oberbürgermeisters die Eigentumsrechte prüfen soll.

Fast zeitgleich hat der Hanauer Landtagsabgeordnete Aloys Lenz (CDU) zum Streit eine parlamentarische Anfrage an die Landesregierung gerichtet. Lenz geht davon aus, dass der Geschäftsführer der Grimm-Gesellschaft, Dr. Bernhard Lauer, einen „nicht nachvollziehbaren Eigentumsanspruch auf die Handexemplare erhoben“ habe. Die Öffentlichkeit habe einen Anspruch darauf, zu erfahren, ob die zum Unesco-Weltdokumentenerbe erklärten Handexemplare der Universitätsbibliothek und damit dem Land oder einem Verein gehörten.

Der Direktor der Universitätsbibliothek, Dr. Axel Halle, betonte gegenüber der HNA, dass es der Uni nicht um einen Konflikt gehe, sondern um eine Verständigung mit der Stadt. Doch der Sachverhalt müsse endlich geklärt werden. Wie Halle sagte, könne anhand einiger Bücher nachgewiesen werden, dass sie von der Grimm-Gesellschaft umgewidmet worden seien. Man müsse klar trennen zwischen den Büchern und Handschriften, die sich vor 1957 im Besitz der Landesbibliothek befanden, und solchen, die für die Murhardsche oder direkt die Grimm-Gesellschaft angeschafft worden seien.

Anlass für den neuerlichen Konflikt war der von der Grimm-Gesellschaft ausgefertigte Antrag an die Unesco, die Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen als Weltdokumentenerbe anzuerkennen. Nach Ansicht der Wissenschaftler und der Uni Kassel geht der Antrag von falschen Behauptungen aus: Die heutige Grimm-Gesellschaft könne schon deshalb nicht seit über 100 Jahren Eigentümerin sein, weil sie erst 1942 gegründet wurde. Auch hätten sich die Handexemplare nicht seit Ende des 19. Jahrhunderts in Kassel befunden, sondern seien bis 1932 in Besitz des Berliner Grimm-Forschers Johannes Bolte gewesen. Und dieser habe sie ausdrücklich der Landesbibliothek übersandt.

Die Lage ist deshalb kompliziert, weil die Landesbibliothek, aus der Teile der Grimm-Bibliothek stammen, selbst mehrfach ihren Status geändert hat. Die ursprünglich eigenständige Landesbibliothek wurde 1957 mit der städtischen Murhardschen Bibliothek vereinigt und gehört seit 1976 zur Unibibliothek Kassel. Erschwerend kommt hinzu, dass die Grimm-Gesellschaft ihr Büro in dem Gebäude hat, in dem die Landesbibliothek und die Murhardsche vereinigt wurden.

12.01.2007

Bonoboche, 13. Januar 2007
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Lauer & Co: Eigentumsangaben 2004 kurz, aber korrekt


Gestern wurde eine öffentliche Erklärung des Vorstands der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. bekannt, in dem dieser sich nochmals zu dem Antrag auf Registrierung der Kasseler Handexemplare der Grimmschen Märchen als Weltdokumentenerbe einschließlich der darin getroffenen Aussagen zu den Eigentums- und Besitzverhältnissen bekennt. In dem Antragstext war dargestellt worden, die Bände befänden sich seit 1897 kontinuierlich in Besitz und Eigentum der Grimm-Gesellschaft (siehe dazu http://www.grimmnetz.de/grimm-mow). In der jetzigen Erklärung wird dies relativiert, gleichwohl wird die Nennung der Grimm-Gesellschaft in der Rubrik „Owner“ verteidigt und nunmehr zusätzlich ein Eigentum der Stadt Kassel an den Grimmschen Handexemplaren behauptet.
Hier die einschlägigen Beiträge aus dem HNA-Forum, http://forum.hna.de/forum/viewtopic.php?pid=34752#p34752

„Grimmig“ schrieb
Vorstand der BGG schrieb
Zum Status der Kasseler Handexemplare
der „Kinder- und Hausmärchen“
Erklärung des Vorstandes der Brüder Grimm-Gesellschaft e.V.

1. Die seit 1959 im Brüder Grimm-Museum (BGM) befindlichen Kasseler Handexemplare der „Kinder- und Hausmärchen“ (KHM) der Brüder Grimm wurden am 17.6.2005 von der UNESCO auf Antrag der Brüder Grimm-Gesellschaft (BGG) vom 8.4.2005 offiziell in das Weltdokumentenerbe (Memory of the World) eingetragen. Der Antrag wurde vom Vorstand der BGG unter der Verantwortung des damaligen Vorsitzenden gestellt; sowohl die Stadt Kassel als auch die Mitglieder des Wissenschaftlichen Rates der BGG wurden im Vorfeld der Antragstellung informiert.

2. Diejenigen Wissenschaftler und Bibliothekare (teils Mitglieder im Wiss. Rat der BGG), die mit ihrem Schreiben vom 13.11.2006 an die UNESCO-Kommission in Paris sowie durch Darstellungen in den Medien einen öffentlichen Eigentumsstreit ausgelöst haben, waren weder an der Antragstellung bei der UNESCO und noch an der nachfolgenden Anerkennung der KHM als Weltdokumentenerbe beteiligt.

3. Die Eigentumsfrage spielte bei der Anerkennung der KHM als Weltdokumentenerbe keine entscheidende Rolle; vielmehr waren und sind die im Antrag der BGG formulierten fachwissenschaftlichen und wissenschaftshistorischen Darlegungen Grundlage der positiven Entscheidung durch die UNESCO.

4. Die Frage von Eigentum und Besitz wurde im Antrag an die UNESCO durch die BGG kurz, aber korrekt dargestellt; unter der Rubrik „Owner“ bzw. „Propriétaire“ ist sowohl die BGG als Antragsteller als auch das BGM Kassel (und damit auch die Stadt Kassel) als verwahrende Institution aufgeführt. Das Wort Eigentum kommt im Antrag weiter nicht vor, wenngleich die extrem kurz gehaltene bestandsmäßige Darstellung der Geschichte der Handexemplare für die Zeit von 1897 bis 1957 korrektur- und ergänzungsbedürftig ist. Zur Zeit wird dazu eine umfangreiche Dokumentation der BGG erarbeitet.

5. Eigentum und Besitz sind unstrittig so: Mit dem Vertrag von 1959 haben die Stadt Kassel und die BGG gemeinsam das BGM gegründet. Die Handexemplare der KHM, die seit 1958 im Eigentum der Stadt Kassel stehen, wurden mit der Museumsgründung in das neue Museum eingebracht und werden seither dort ununterbrochen verwahrt, konservatorisch und wissenschaftlich betreut und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Über die Eigentums- und Besitzverhältnisse geben rechtliche Stellungnahmen klare Auskunft.

6. Die von den o.g. Wissenschaftlern und Bibliothekaren aufgeführten Dokumente zur Bestandsgeschichte sind zu begrüßen, für rechtliche Bewertungen jedoch ohne Bedeutung. Die aufgestellte Behauptung, die BGG hätte mit dem Antrag „alleinige“ Eigentumsansprüche geltend gemacht, entbehrt der Grundlage und ist falsch.

7. Die Kasseler Handexemplare der KHM gehören nach der ehrenvollen Anerkennung durch die UNESCO zum materiellen Gedächtnis aller Menschen und damit der ganzen Welt. Die BGG fordert daher die o.g. Wissenschaftler und Bibliothekare auf, zu einem produktiv und sachlich geführten wissenschaftlichen Diskurs zurückzukehren und diesen Diskurs nicht zum Schaden der Brüder Grimm-Stadt Kassel in den Medien, sondern in und mit der BGG zu führen.

Der Vorstand der Brüder Grimm-Gesellschaft
http://www.grimms.de/contenido/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=3&idart=271&m=&s=

„Tiefblick“ schrieb
„Bonobo“ schrieb
Jede/r kann selbst vergleichen und urteilen!
Fragen wir doch mal die eine Hälfte des Vorstandes:
http://mitglied.lycos.de/bonobo2006/STAUBJUNGE7.jpg
Die Erklärung des Zweiervorstandes verlangt nach dem Stempel, den Frau Schüssler dem Rathaus überlassen hat. 😆 😆 😆

„kipunji“ schrieb
Vorstand der BGG schrieb

2. Diejenigen Wissenschaftler und Bibliothekare (teils Mitglieder im Wiss. Rat der BGG), die mit ihrem Schreiben vom 13.11.2006 an die UNESCO-Kommission in Paris sowie durch Darstellungen in den Medien einen öffentlichen Eigentumsstreit ausgelöst haben, waren weder an der Antragstellung bei der UNESCO und noch an der nachfolgenden Anerkennung der KHM als Weltdokumentenerbe beteiligt.

Das hier genannte Schreiben von Wissenschaftlern und Bibliothekaren an die UNESCO, http://www.grimmnetz.de/download/grimm_tales_mow.pdf, ist im einzelnen unterzeichnet von:

Dr Alan Kirkness
Emeritus Professor of Applied Language Studies, University of Auckland

Dr Claudia Brinker-von der Heyde, Professor of Medieval Studies,
Institute of German Studies, University of Kassel

Dr Berthold Friemel, Director of the Centre for Grimms‘ Correspondence,
Humboldt University of Berlin

Dr Andreas Gardt, Professor of German Linguistics and Language History,
Institute of German Studies, University of Kassel

Dr Axel Halle, Head Librarian, University Library, University of Kassel

Dr Konrad Wiedemann, Head of Manuscript Department, University Library,
University of Kassel

Wolfgang Windfuhr, former President of the Association of the Brothers Grimm
(Kassel), former member of the City Council Kassel (Chair of the Cultural
Committee), former member of the Provincial Parliament of Hesse (Chair of the
Committee for Academic Affairs and Art)

Der Letztgenannte war zur Zeit der Antragstellung Präsident der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V.
Der jetzige Vorstand der BGG weist in seiner Erklärung darauf hin, dass der Antrag mit den falschen Angaben, dass die Grimm-Gesellschaft seit 1897 die Märchen-Handexemplare in Besitz und Eigentum habe, in der Verantwortung des damaligen Präsidenten gestellt worden sei. Des weiteren schreibt sie aber, die Unterzeichner des Briefes an die UNESCO seien an der Antragstellung bei der UNESCO und an der nachfolgenden Anerkennung als Weltdokumentenerbe nicht beteiligt gewesen. Gibt es da nicht einen Widerspruch, und was soll überhaupt damit gesagt werden?

Handelt es sich vielleicht um eine Freudsche Fehlleistung, durch die ungewollt genau das ausgesagt wird, was zutrifft:
Ein (zu) vertrauensvoller Präsident wurde als Abnickmaschine für dubiose untergeschobene, ihm weisgemachte Inhalte instrumentalisiert?

„buerger cassels“ schrieb:

Wem die Handexemplare gehören: Sollen doch die Juristen auf allen Seiten sich die Köppe einkloppen.

Wichtig ist vielmehr der Erkenntnis zum Durchbruch zu verhelfen, dass das Bellevue aufgrund seiner Bausubstanz, des räumlichen Zuschnitts, seiner Größe und der Beschränkungen des Denkmalschutzes als moderner Museumsstandort ausscheidet. Da hilft auch kein „drangeklatschter“ Bau. Nur eine großzügige bauliche Lösung und eine sinnliche und multimediale Umsetzung kann alle Facetten des Grimm-Themas für Kassel noch retten. In die – wie ich meine – das documenta-Kunstwerk zum Wörterbuch Deutsche Sprache integriert werden sollte. Wieso spricht in Kassel niemand mehr über letzteres? Fehlt es an Sponsoren? Mich hat das Werk sehr angesprochen. Und es würde sehr gut hierher passen?!

Für das Bellevue könnte ich mir viele wunderbare Nutzungen vorstellen – mit oder ohne Bezug zu den Grimms. Oder geht Ihnen das auch zu weit?

„Curt“ schrieb:
„Grimmig“ schrieb:
Vorstand der BGG schrieb:
Zum Status der Kasseler Handexemplare
der „Kinder- und Hausmärchen“
Erklärung des Vorstandes der Brüder Grimm-Gesellschaft e.V.

Der Vorstand der Brüder Grimm-Gesellschaft
http://www.grimms.de/contenido/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=3&idart=271&m=&s=
Punkt 2: Völlig irrelevant – was soll diese Bemerkung.
Punkt 3: Wohl richtig, aber ebenfalls irrelevant.
Punkt 4: „Das Wort Eigentum kommt im Antrag weiter nicht vor…“ – auch richtig, der Antrag wird auf Englisch und Französisch gestellt, das deutsche Wort „Eigentum“ kommt also nicht vor.
Punkt 5: Besitz und Eigentum sind eben nicht unstrittig. Land und Stadt streiten ja gerade darüber, wer nun Eigentümer ist. Fest steht nur: Nicht die BGG. Darüber hinaus legen die Verträge zwischen Land und Stadt offenbar fest, dass auch die Bücher, die sich im Eigentum der Stadt befinden, in der Landesbibliothek aufbewahrt werden sollen. Und dafür gibt es gerade in konservatorischer Hinsicht sehr gute Gründe: Die Aufbewahrung im BGM ist aufgrund der baulichen Situation äußerst unsicher (z.B. aufgrund veralteter Elektroinstallationen) und nach allem was man hört auch konservatorisch mangelhaft (Klimatisierung, UV-Schutz).
Punkt 6: Ein „alleiniger“ Eigentumsanspruch wurde tatsächlich nicht gestellt, denn das Wort „alleinig“ wurde nicht verwendet. Was soll das wieder. Offenkundig wurde ja ein ganz normaler Eigentumsanspruch vertreten, ohne Nennung weiterer Eigentümer. Und das soll implizieren, dass eigentlich jemand anders der Eigentümer ist? So ein Quark! Die Behauptung, dass die Behauptung der Wissenschaftler jeder Grundlage entbehre, ist eine Frechheit.
Punkt 7: Das übliche Schema: Derjenige, der ins Nest geschissen hat, behauptet, die anderen, die sich darüber empören, ließen das Nest so schmutzig aussehen. „Müsst ihr denn alle Welt auf meine Schweinereien aufmerksam machen?“ Eine durchsichtige, plumpe Unverschämtheit, die, wie die gesamte Stellungnahme, auf das uninformierte Publikum zielt und auch nur dort verfangen könnte.
Ein empörter
Curt

„Maki“ schrieb:
Guten Abend, Curt,
Liebe HNA,
ist Ihnen aufgefallen, dass der Vorstand der Grimm-Gesellschaft mit seiner Erklärung auf einen Brief antwortet, der mehr als zwei Monate alt ist? Der Brief hatte gravierende Vorwürfe erhoben, zwei Monate hat die Grimm-Gesellschaft herumgedruckst, und nun bringt sie diese Erklärung zustande. Zu den erhobenen Vorwürfen und zum eigentlichen Problem äußert sich auch diese neue Erklärung unklar und verworren.
Wer ist Eigentümer und wer ist ggf. vom Eigentümer abweichend Besitzer der Weltdokumentenerbe-Bücher, und auf welche rechtliche und historische Argumentation stützt sich der vertretene Standpunkt?
Dazu bleibt der Vorstand der Brüder Grimm-Gesellschaft die klare Antwort, die man von ihm erwarten konnte und musste, schuldig. Mitglieder der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V., Mitglieder des wissenschaftlichen Rats der Grimm-Gesellschaft, hat dieser Vorstand Ihr Vertrauen und Ihre Unterstützung?

„Bonobo“ schrieb
„buerger cassels“ schrieb
… dass das Bellevue aufgrund seiner Bausubstanz, des räumlichen Zuschnitts, seiner Größe und der Beschränkungen des Denkmalschutzes als moderner Museumsstandort ausscheidet. Da hilft auch kein „drangeklatschter“ Bau. Nur eine großzügige bauliche Lösung und eine sinnliche und multimediale Umsetzung kann alle Facetten des Grimm-Themas für Kassel noch retten. In die – wie ich meine – das documenta-Kunstwerk zum Wörterbuch Deutsche Sprache integriert werden sollte. Wieso spricht in Kassel niemand mehr über letzteres? Fehlt es an Sponsoren? Mich hat das Werk sehr angesprochen. Und es würde sehr gut hierher passen?!

Für das Bellevue könnte ich mir viele wunderbare Nutzungen vorstellen – mit oder ohne Bezug zu den Grimms. Oder geht Ihnen das auch zu weit?

Nein, das geht mir nicht zu weit – ich für mein Teil kann mich diesen Überlegungen im allgemeinen anschließen.
Wobei das Bellevue vielleicht nicht grundsätzlich ausscheidet, sondern bspw. die beiden unteren Etagen als Museum zur Lebens- und Alltagskultur Kassels (als Abteilung des Stadtmuseums) tauglich wären, im wesentlichen mit eingerichteten Wohnräumen (privaten verschiedener Schichten und Zeiten und fürstlichen). Kennen Sie die Interieurs, die zur Zeit etwas unglücklich im Erdgeschoß des Stadtmuseums aufgereiht sind?
Im Rahmen einer solchen Lösung könnte man auch den Saal im ersten OG authentischer ausstatten und ihm etwas von der früheren Festlichkeit zurückgeben.
Die beiden oberen Stockwerke könnten Verwaltungsräume des Stadtmuseums aufnehmen.

„Klaus Weltermann“ schrieb:
„Curt“ schrieb“:
„Grimmig“ schrieb:
Vorstand der BGG schrieb:
Zum Status der Kasseler Handexemplare
der „Kinder- und Hausmärchen“
Erklärung des Vorstandes der Brüder Grimm-Gesellschaft e.V.

Der Vorstand der Brüder Grimm-Gesellschaft …
http://www.grimms.de/contenido/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=3&idart=271&m=&s=

Ein empörter
Curt
Hallo Curt !
Guter Beitrag !
Interessant ist meiner Ansicht nach auch, dass am Anfang der Diskussion immer bemängelt wurde dass die BGG als Eigentümer beim UNESCO-Antrag angegeben wurde, derzeit aber die Linie von BGG und Stadt gefahren wird, die Stadt wäre der Eigentümer… Das läßt tief blicken ! Erinnert mich an die Verteidigungsstrategie von Steinmeier im Fall Kurnaz.
Gruß
KW

Für die UNESCO jedenfalls war aufgrund des Lauerschen Antrags die Grimm-Gesellschaft die Eigentümerin:

UNESCO schrieb:
The Kassel Handexemplare (Annotated Reference Copies, of 1812/13) are unique, containing their handwritten notes, commentaries and supplements. They were in the possession of the Brothers Grimm themselves until 1859/1863; thereafter they were in the possession of Herman Grimm, eldest son of Wilhelm Grimm; and from 1897 onward – uninterruptedly – in the possession of the Brüder Grimm-Gesellschaft e.V. (Association of the Brothers Grimm).

Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm (Brüder-Grimm-Gesellschaft e.V.) sind neben der Luther-Bibel das bekannteste und weltweit am meisten verbreitete Buch der deutschen Kulturgeschichte.

http://esd.unesco.de/c_english/mow.htm
http://unesdoc.unesco.org/images/0014/001422/142252e.pdf
http://www.unesco.de/fileadmin/medien/Dokumente/unesco-heute/unesco-heute-2-05.pdf
http://www.asp.unesco.de/c_arbeitsgebiete/mow_d.htm
http://unesco-heute.de/0704/mow-nominierung.htm
http://www.unesco.de/mow-hausmaerchen.pdf?attachment=1
http://www.welterbestaetten.de/de/mow-3.htm

siehe auch u. a.:
http://www.hmwk-hessen.de/pressemitteilung.php?id=2004-06-15_83
http://www.kasselgewinnt.de/frame.asp?c=7&d=95&item=201
http://www.hmwk-hessen.de/pressemitteilung.php?id=2005-06-21_108
http://www.hanauonline.de/content/view/1690/102/
http://muse.jhu.edu/journals/marvels_and_tales/v019/19.2professional_notices.pdf
http://www.kuehne-hoermann.de/landtagaktuell/2005/Landtagaktuell_juli2005.pdf

Wenn da in dem Antrag, den ja übrigens jeder nachlesen kann, etwas anders zu verstehen gewesen wäre, hätte die UNESCO auf ihren diversen Seiten etwa geschrieben:
Die KHM (Stadt Kassel)
oder
Die KHM (Universitätsbibliothek Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek).

Aber an dem Antrag war eben nichts mißzuverstehen, er behauptete Eigentum und Besitz der Welterbe-Bücher durch die Grimm-Gesellschaft seit 1897.
Welch ein Hohn und welch eine Frechheit also, wenn der jetzige Vorstand diese Angaben in seiner Erklärung als „kurz, aber korrekt“ bezeichnet!

Bonoboche, 31. Januar 2007
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reçut en cadeau

Zur Erklärung des Vorstands der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. gab es im Forum der HNA folgende weitere Diskussion. Medienberichte über die Erklärung oder Stellungnahmen anderer Beteiligter sind bisher nicht bekanntgeworden.

„Klaus Weltermann“ schrieb:
Wer weder Entschuldigung noch Rechtfertigung hat, und auch personelle Konsequenzen scheut, muß sich halt was aus den Fingern saugen !
Gruß
KW

„Tiefblick“ schrieb:
Diese „Stellungnahme“ des Vorstandes der Brüder Grimm-Gesellschaft ist in der Tat interessant, zeigt er doch die Bemühung, einen Sachverhalt in eine andere Richtung zu drehen, der sich nicht drehen lässt. Insofern ist die „Stellungnahme“ – die darüber hinaus inhaltlich wenig überzeugend und kohärent ist – eine Offenbarung. Jeder Rechtsreferendar oder Germanistikstudent hätte wohl eine schlüssigere „Stellungnahme“ hinbekommen. Curt hat ja auf das völlig irrelevante Geschreibsel bereits hingewiesen.

Hier noch ein kleiner Nachtrag zu o. g. Einklammerung aus Bonobos Beitrag. Natürlich sah und sieht sich der Vorstand der BGG als Eigentümerin der Kasseler KHM. Wenn Herr Lauer schreibt: „Der Antrag wurde vom Vorstand der BGG unter der Verantwortung des damaligen Vorsitzenden gestellt; sowohl die Stadt Kassel als auch die Mitglieder des Wissenschaftlichen Rates der BGG wurden im Vorfeld der Antragstellung informiert.“ – lässt dies ganz klar erkennen, wer der Eigentümer ist. Denn nur dieser kann über etwas verfügen und schließlich wurde die Stadt lediglich informiert. Diese hatte also gar keine Mitsprache gehabt bzw. Initiative gezeigt.
Weiterhin ist im frz. Text der Bewerbung zu lesen: „reçut en cadeau“, in der engl. Fassung „donated to“ und im deutschen Text schließlich „erhielt die Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. von Herman Grimm die Handexemplare“ usw.

Sowohl die frz. als auch die engl. als auch die dt. Fassung sprechen somit von einem „GESCHENK“ an die BGG. Damit ist gem. BGB klar, dass eine „Übertragung des Eigentumsrechts“ stattgefunden hat, aus der eben auch o. g. Verfügungsgewalt resultiert, die einem Besitzer nicht, einem Eigentümer zwangsläufig zukommt.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Zuwendung mit Schenkungswillen in Schenkungsabsicht (römisches Recht: animus donandi) erfolgen muss. Aus der Vertragsnatur der Schenkung ergibt sich, dass ein (bereits) angenommenes Geschenk ohne (neuerliche) Zustimmung nicht (einseitig) zurückgegeben werden kann. Daraus ergibt sich auch, dass die BGG – die ja die Schenkung offiziell propagiert – nicht plötzlich die Stadt als Eigentümerin bestimmen kann. Wann und wo hätte die rechtmäßige Übergabe durch Verkauf oder Schenkung stattgefunden? Wann und wo hat die Stadt Kassel eine Schenkung angenommen oder den Ankauf durchgeführt?

Wie man sieht, entbehrt die „Stellungnahme“ des Vorstandes der BGG – vorsichtig formuliert – jeglicher Logik. Ich denke, auch ein schönes Beispiel für die wissenschaftliche Qualität der lauerschen Publikationen …

„Maki“ schrieb:
Hat Herr Lauer eigentlich mittlerweile gesagt, wo man aus seiner Sicht Informationen oder Belege über diese Schenkung der Exemplare an die Grimm-Gesellschaft finden kann? Irgendwie muss er doch darauf gekommen sein?

„Bonobo“ schrieb:

Vorstand der Brüder Grimm-Gesellschaft schrieb:

Über die Eigentums- und Besitzverhältnisse geben rechtliche Stellungnahmen klare Auskunft.
Welche rechtlichen Stellungnahmen, bitte?
HNA, können Sie helfen?

„chimp“ schrieb
65 jahre Brüder Grimm-Gesellschaft e. v., Kassel
1942 – 2007
1 jahr intrigenstadl
3. 2. 2006 – 3. 2. 2007
revolutionäres eigentumsverständnis des vorstandes der Brüder Grimm-Gesellschaft e. v.
Vorstand der Brüder Grimm-Gesellschaft schrieb: Die Frage von Eigentum und Besitz wurde im Antrag an die UNESCO durch die BGG kurz, aber korrekt dargestellt; unter der Rubrik „Owner“ bzw. „Propriétaire“ ist sowohl die BGG als Antragsteller als auch das BGM Kassel (und damit auch die Stadt Kassel) als verwahrende Institution aufgeführt.
http://forum.hna.de/forum/viewtopic.php?pid=34717#p34717
die Grimm-Gesellschaft erklärt also, wie oben zu lesen:
in der rubrik eigentümer wurde die Grimm-Gesellschaft als antragsteller und das BGM / damit die stadt Kassel als verwahrende institution angeführt.
nanu, ich dachte, in der rubrik eigentümer hätte man eher den eigentümer, und nur diesen, anführen sollen? was haben antragsteller und verarschende institution in dieser rubrik für eine relevanz? 😉

sehr geehrte kulturredaktion der hna, sehr geehrter herr dr. Pézsa,
könnten Sie herrn Staubach und herrn dr. Lauer bitte fragen, warum die Brüder Grimm-Gesellschaft e. v. im antrag an die UNESCO als antragsteller in der rubrik owner bzw. propriétaire (= http://de.wikipedia.org/wiki/Eigentum]Eigentümer) zu nennen war? begründet die stellung eines antrags bei der UNESCO eigentum an den gegenständen, für die der antrag gestellt wird?

(freilich kann man sich vorstellen, dass die Brüder Grimm-Gesellschaft e. v. diese bestände gern in ihrem eigentum hätte und dass herr dr. Lauer den UNESCO-antrag als chance sah, buchstäblich der welt so eine eigentümerschaft weiszumachen. nehmen Sie das so hin, HNA, oder sind Sie bereit, herrn Staubach und herrn Lauer, die es fertigbringen, auch nach all den schon stattgefundenen diskussionen eine dreiste erklärung wie die obige abzugeben, einmal wirklich kritisch zur rede zu stellen?)

Bonoboche, 2. Februar 2007
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Bürgermeister Junge: Lauer über das Ziel hinausgeschossen

Die „Hessisch-Niedersächsische Allgemeine“ hat heute doch noch in ihrem Online-Angebot über die Erklärung des Vorstands der Brüder Grimm-Gesellschaft vom Dienstag und außerdem über das Rechtsgutachten berichtet, das die Stadt Kassel von ihrem Rechtsamt hat anfertigen lassen. Es wird nicht deutlich, ob der HNA das Gutachten vorliegt; anscheinend nicht, denn die Rechtsgründe für die vom Dezernenten wiedergegebenen Angaben des Gutachtens werden nicht genannt. Ich ziehe meinen Beitrag herüber, den ich zu dem HNA-Artikel in das dortige Forum gestellt habe:

Wie die HNA heute schreibt, wurde sie vom Bürgermeister Junge über ein Rechtsgutachten der Stadt informiert:

„HNA“ schrieb:
Falsche Angaben zu Grimm-Schriften
Rechtsgutachten zu Handexemplaren sieht die Stadt als Besitzerin – Unesco-Urkunde muss geändert werden

Von Tibor Pézsa und Dirk Schwarze

KASSEL. Die Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen von Jacob und Wilhelm Grimm gehören nicht der Brüder-Grimm-Gesellschaft (BGG), wie diese in der Vergangenheit behauptet hat. Das ergab eindeutig das von der Stadt in Auftrag gegebene Rechtsgutachten. Die Folge ist, wie Kulturdezernent Thomas-Erik Junge im Gespräch mit der HNA einräumen musste, dass die Urkunde der Unesco zur Anerkennung der Handexemplare als Weltdokumentenerbe im Blick auf die Besitzverhältnisse geändert werden muss.

Die falschen Angaben hatte der Geschäftsführer der Grimm-Gesellschaft, Dr. Bernhard Lauer, gemacht. Nach Auskunft von Junge müsse Oberbürgermeister Bertram Hilgen als Personaldezernent nun prüfen, ob die „falsche Etikettierung durch Lauer mit besten Absichten erfolgt“ sei. Ohne Zweifel sei Lauer über das Ziel hinausgeschossen.

Die Grimm-Gesellschaft selbst rudert mittlerweile zurück. In einer auf ihrer Internet-Seite (http://www.Grimms.de) veröffentlichten Erklärung spielt der Vorstand die Eigentumsfrage herunter. Allerdings kann er sich nicht dazu durchringen, seine früheren Angaben zu korrigieren. Vielmehr versucht er, die Angaben zu verundeutlichen und behauptet: „Die Frage von Eigentum und Besitz wurde im Antrag an die Unesco durch die BGG kurz, aber korrekt dargestellt.“ Unter der Rubrik „owner“ (Eigentümer) seien sowohl die Grimm-Gesellschaft als auch das Grimm-Museum (und damit die Stadt Kassel) genannt. Und schließlich heißt es, „die extrem kurz gehaltene bestandsmäßige Darstellung der Geschichte der Handexemplare für die Zeit von 1897 bis 1957“ sei „korrektur- und ergänzungsbedürftig“.

In der Erklärung findet sich keine Rücknahme der im Unesco-Antrag erhobenen Behauptung, die Grimm-Gesellschaft sei seit 1897 ununterbrochen im Besitz der Handexemplare. Auch wird nicht die Position des Gutachtens übernommen, das die Stadt als Eigentümerin sieht. Außerdem meint der amtierende Vorstand, er sei gar nicht zuständig, da der kritisierte Antrag unter der Verantwortung des damaligen Vorsitzenden (Wolfgang Windfuhr) gestellt worden sei. Mit diesem Hinweis reagiert der Vorstand auf die Tatsache, dass Windfuhr zu den Unterzeichnern des Schreibens von Wissenschaftlern und Bibliothekaren gehörte, in dem die unberechtigten Besitzansprüche der Grimm-Gesellschaft offenbart wurden. Nach dem Gutachten ist die Stadt Eigentümerin der umstrittenen Grimmbücher. Dieses Ergebnis ist für viele Experten überraschend. Allgemein war man davon ausgegangen, dass die Werke 1932 der Landesbibliothek übergeben wurden und sich seitdem in deren Besitz (und damit im Eigentum des Landes) befinden.

Kompliziert wird die Lage aber dadurch, dass das Land Hessen 1957/58 die Landesbibliothek (mit Ausnahme der Handschriften) der Stadt übertrug. Erst 1976 kam die Landesbibliothek wieder an das Land zurück, weil sie nun mit der Universitätsbibliothek vereinigt werden sollte.

Genau in dieser Phase, nämlich 1959, wurde das von der Stadt und der Brüder-Grimm-Gesellschaft gemeinsam getragene Grimm-Museum gegründet. Da die beiden ersten Leiter des Museums, Ludwig Denecke und Dieter Hennig, zugleich Direktoren des Landes- und Murhardschen Bibliothek waren, konnten sie ohne große Komplikationen Grimm-Bestände aus der Bibliothek ins Grimm-Museum übernehmen, ohne damit an die Eigentumsrechte zu rühren.

Die Universität will, wie es auf Anfrage in der Pressestelle hieß, diesen komplizierten Sachverhalt nochmals prüfen. Sie ist aber erfreut darüber, dass nun bestätigt ist, dass die Grimm-Bände im öffentlichen Besitz sind.
url=http://www.hna.de/kasselstart/00_20070202204937_Falsche_Angaben_zu_Grimm_Schriften.html

Wieder kann man der HNA attestieren, daß sie sich nicht von der Versuchung zu eigener Recherche ankränkeln läßt, sondern am liebsten das transportiert, was andere verlautbaren.

Lieber Herr Pézsa, lieber Herr Schwarze, ich weiß, der Vertrag von 1975 ist sehr bürokratisch formuliert, so daß man eine Weile brüten und ihn mit dem alten Vertrag von 1957, auf den er sich zurückbezieht, abgleichen muß, ehe man den Sinn erfaßt. Aber haben Sie mal nachgelesen, daß dem Land im Vertrag von 1975 die Bestände der alten Landesbibliothek rückübereignet wurden, die die Stadt 1957 erhalten hatte? Und dazu gehören die jetzt diskutierten Bücher. Die Stadt hatte sie in der Zwischenzeit 1957-75 in ihrem Eigentum, sie waren Teil der Bibliothek geblieben und in niemandes Dritten Eigentum gegeben worden, und summa summarum sind sie mit rückübereignet worden.

Bonoboche, 3. Februar 2007
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Kommentar zum HNA-Artikel: Lauer über das Ziel hinausgeschossen

Liebe Leser,
hier noch der Kommentar zu dem von Bonobo eingefügten Artikel aus der HNA. Habe seit langem nicht sowas eindeutiges mehr in der HNA gelesen.
http://homepage.mac.com/jeanne_darc/KommSchwarz.jpg

Heinz Trautmann, 4. Februar 2007
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HNA Kassel: Kasseler Grimm-Handexemplare wohl Landeseigentum

Am Sonnabend, dem 10. Februar, brachte die „Hessisch-Niedersächsische Allgemeine“ folgenden Bericht über die aktuelle Konstellation im Streit um die unstimmigen Angaben der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. in ihrem Antrag an die UNESCO auf Registrierung der Kasseler Grimm-Handexeplare als Weltdokumentenerbe (2004):

Grimm und kein Ende?
Im Streit um die Handexemplare scheint das Land die Nase vorn zu haben


Von der Unseco zum Weltdokumentenerbe erklärt: Der Leiter des Kasseler Brüder-Grimm-Museums, Dr. Bernhard Lauer, präsentiert die wertvollen Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen von Jacob und Wilhelm Grimm.

Von Dirk Schwarze

KASSEL. Möglicherweise hatte sich die Stadt zu früh gefreut, als ihr das eigene Rechtsamt bescheinigte, sie sei Eigentümerin der Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen von Jacob und Wilhelm Grimm. Vieles spricht dafür, dass die von der Unesco zum Weltdokumentenerbe erklärten Bände sowie andere Grimm-Bücher rechtmäßiges Eigentum des Landes und seiner Landesbibliothek sind, die heute Teil der Universitätsbibliothek Kassel ist.

Die Uni- und Bibliotheksleitungen waren immer davon ausgegangen, dass weder die Stadt noch die Brüder-Grimm-Gesellschaft oder das Brüder- Grimm-Museum über die Eigentumsrechte verfügten. Kompliziert ist, wie berichtet, die Sachlage dadurch, dass die Landesbibliothek 1957/58 der Stadt übertragen und 1976 wieder vom Land übernommen wurde.

Protokoll aus dem Jahr 1975

Unserer Redaktion liegt das Protokoll der Stadtverordnetensitzung vom 1. Dezember 1975 vor, in der der Vertrag über die Rücküberführung der Landesbibliothek an das Land beraten wurde. Als Berichterstatter erläuterte Dr. Wolfgang Ziegler die Inhalte. Wörtlich sagte er: „… bedeutet das, dass die Bücher, die bei Abschluss des Vertrages von 1957/58 Eigentum des Landes Hessen waren, wieder in das Eigentum des Landes zurückfallen.“ Das schließt demnach die Handexemplare sowie andere Grimm-Bücher ein, die ab 1959 aus der Landesbibliothek ins Grimm-Museum übernommen wurden.

Wie Annette Ulbricht von der Uni-Pressestelle erklärte, sieht die Universität ihre Rechtsposition durch das Protokoll bestätigt. Das Land und die Uni seien stets davon ausgegangen, dass die strittigen Grimm-Werke dem Land gehörten. Allerdings sei die Universität unabhängig von der Eigentumsfrage an einer guten Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Brüder-Grimm-Museum interessiert. Außerdem begrüße sie, dass die Handexemplare als Weltdokumentenerbe der Unesco anerkannt worden seien.

Der Präsident der Grimm-Gesellschaft, Klaus Dieter Staubach, hatte in einer Stellungnahme gegenüber der HNA bemängelt, dass in dem Streit um die Bände das Verdienst, die Unesco-Anerkennung erlangt zu haben, völlig untergehe. Er bekannte sich aber auch dazu, dass die Eigentumsfrage schnell und abschließend geklärt werde.

Immerhin steht so viel fest: In dem aktuellen Eigentumsstreit spielt die Brüder-Grimm-Gesellschaft, die im Unesco-Antrag behauptet hatte, seit 1897 ohne Unterbrechung im Besitz der Handexemplare gewesen zu sein, keine Rolle. Sie kommt als Eigentümerin nicht infrage, obwohl sie sich in dem Antrag einmal zusammen mit dem Brüder-Grimm-Museum und einmal allein als „owner“ (Eigentümer, Besitzer) bezeichnet hat. Ebenso wenig haltbar ist die Behauptung, dass die Brüder-Grimm-Gesellschaft alle Vervielfältigungsrechte („all copyrights“) besitze.

Insofern muss der Antrag an die Unesco auf jeden Fall geändert werden. In ihrer jüngsten Erklärung hat die Grimm-Gesellschaft zwar die (möglicherweise überholte) Position übernommen, dass die Stadt die Eigentümerin der Handexemplare sei, doch schreibt sie gleichzeitig, „die Frage von Eigentum und Besitz wurde im Antrag an die Unesco (…) kurz, aber korrekt dargestellt“.

09.02.2007
http://www.hna.de/kasselstart/00_20070209195134_Grimm_und_kein_Ende.html

Bonoboche, 12. Februar 2007

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Neue Erklärung des Vorstands der Grimm-Gesellschaft

Auf der Website der Grimm-Gesellschaft, http://www.grimms.de/contenido/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=3&idart=271&m=&s=, findet man seit einigen Tagen eine neue Fassung der Erklärung des Vorstands der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. zum Status der Kasseler Handexemplare von Werken der Brüder Grimm. Die vorige Fassung der Erklärung kann man noch am Schluß der Seite nachlesen.
Den Erklärungen ist ein Rechtsgutachten beigefügt, das für den Vorstand der Brüder Grimm-Gesellschaft erarbeitet wurde.

Eigentumsfragen haben laut der Erklärung des Vorstands der Grimm-Gesellschaft weder in der Urkunde der UNESCO zum Weltdokumentenerbe (die dem Vorstand offenbar vorliegt) noch im jüngsten Schreiben der UNESCO (welchem?) eine Rolle gespielt. Der Antrag an die UNESCO sei nach bestem Wissen und Gewissen verfaßt worden; Angaben zu Eigentums- und Beitzverhältnissen im Antrag seien korrekt. Weiterhin heißt es in der Vorstandserklärung:
In einem Schreiben Bibliothekaren und Wissenschaftlern aus Kassel und Berlin an die UNESCO in Paris vom 13.11.2006 wurden falsche Angaben zum heutigen Eigentum und Besitz der Handexemplare gemacht; dort wird nämlich behauptet, die Handexemplare stünden im Eigentum der Universitätsbibliothek Kassel. Der amtierende Vorstand der BGG hat sich mit dieser Frage intern und nicht über die Medien intensiv beschäftigt. Ihm liegt seit dem 1.12.2006 eine rechtliche Stellungnahme des Vorsitzenden Richters am Hessischen Verwaltungsgerichtshof Eckehart Blume (s.u.) vor, die die im Antrag von der BGG formulierte Darstellung wie folgt präzisiert:
„Die Stadt Kassel ist seit 1958 Eigentümerin der Handexemplare der KHM der Brüder Grimm. Die BGG hat aufgrund des Vertrages von 1959 über das … Brüder Grimm-Museum einseitig nicht aufhebbaren Mitbesitz ….“ Die BGG hat dem Rechtsamt der Stadt Kassel diese Stellungnahme am 1.12.2006 zugeleitet; das Rechtsamt ist inzwischen ebenfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass die Handexemplare seit 1958 im Eigentum der Stadt Kassel stehen und sich damit zu Recht seit 1959 im BGM befinden.

Wie aus dem beigefügten Gutachten ferner hervorgeht, sieht die Grimm-Gesellschaft sich auch als Mitbesitzerin sämtlicher von der Stadt in das Grimm-Museum eingebrachten Grimmiana. Wie die Stadt Kassel zu diesem Anspruch steht, ist bisher der Öffentlichkeit nicht bekannt.

Bonoboche, 12. Februar 2007
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Ein Prophet in Kassel

Im Lauf der vorigen Woche setzte die „Hessisch-Niedersächsische Allgemeine“ (HNA) ihre Berichterstattung über die UNESCO-Unstimmigkeiten im Grimm-Museum fort. Die Grimm-Gesellschaft hielt im Grimm-Museum eine Informationsveranstaltung ab, wo der Vorsitzende der Gesellschaft, Staubach, für die aktuelle Situation die Formel fand:

Herr Staubach: Propheten haben es im eigenen Land immer besonders schwer … statt sich über die hohe Ehre und Anerkennung zu freuen und das Lebenswerk der Grimms entsprechend zu würdigen und zu pflegen, beschäftigt man sich Kassel seit Monaten mit nichts anderem als der eher zweitrangigen Frage nach Eigentum und Besitz

Eine Pressemitteilung über die Veranstaltung der Grimm-Gesellschaft wurde auf ihrer Homepage veröffentlicht. Darin heißt es u. a.:

Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. schrieb: Die UNESCO hat den großartigen geistigen Beitrag des Kasseler Brüderpaares zum Weltkulturerbe gewürdigt; in einem Schreiben an die Brüder Grimm-Gesellschaft vom 13.2.2007 stellt die UNESCO ausdrücklich fest, dass die Eigentumsfrage für das Weltdokumentenerbe keine Rolle spiele und sie keine Veranlassung für ein Eingreifen in diese Diskussion sehe.
Bei der gestrigen Veranstaltung referierte der Kasseler Richter Eckehart Blume über die Geschichte der Kasseler Handexemplare nach 1945 und ihren aktuellen rechtlichen Status, während der Grimm-Philologe und Museumsleiter Bernhard Lauer der Geschichte der verschiedenen Teile des persönlichen und wissenschaftlichen Nachlasses der Brüder Grimm nachging.
Die Brüder Grimm-Gesellschaft wird sich dafür einsetzen, die nutzlose Diskussion über Randfragen wie Eigentum und Besitz möglichst rasch zu beenden, und sie wird sich mit aller Kraft den anstehenden Projekten in Kassel, in Hessen und auch darüber hinaus widmen, denn ein Werk, dem auf ihre Initiative hin der Titel eines Welterbes zuerkannt wurde, muß auf Weltniveau gewürdigt und gepflegt werden, will man das geistige Vermächtnis der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm ernst nehmen. http://www.grimms.de/contenido/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=3&idart=272&m=&s=

Die „Hessisch-Niedersächsische Allgemeine“ brachte am Tag dieser Informationsveranstaltung (Mittwoch, 14. Februar) Informationen über städtische Recherchen zum Verhältnis zwischen Dienstpflichten und Ehrenamtlichkeit im Grimm-Museum:
http://homepage.mac.com/jeanne_darc/Aufgaben.jpg
Am Donnerstag, dem 15. Februar, veröffentlichte die HNA Hintergrundinformationen zur Geschichtsfälschung der Brüder Grimm-Gesellschaft im Welterbe-Antrag an die UNESCO:
http://homepage.mac.com/jeanne_darc/Artikel.jpg
Dem Artikel fügte die HNA eine ausführliche „Chronik einer Aneignung“ bei:

„HNA“ schrieb:

Die Chronik einer Aneignung
Wie sich die Brüder-Grimm-Gesellschaft Bücher aus der Grimm-Bibliothek allmählich einverleibte
Von Dirk Schwarze

KASSEL. Im Folgenden geben wir einen kurzen Abriss zur Geschichte des Streits um die Grimm-Bände:

1897
wird die „Kasseler Grimm-Gesellschaft“ gegründet, die sich zur Aufgabe macht, für die Landesbibliothek eine Sammlung von Erinnerungsstücken an die Brüder Grimm anzulegen.

1920
wird die Kasseler Grimm-Gesellschaft aufgelöst und ihr Eigentum satzungsgemäß der Landesbibliothek übertragen. Von der Auflösung dieser ersten Grimm-Gesellschaft ist in der Selbstdarstellung der heutigen Grimm-Gesellschaft lange nichts zu lesen. Stattdessen heißt es in der 2007 im Internet aktualisierten Geschichte entgegen der Faktenlage: „Bis zum Ersten Weltkrieg konnte in Kassel eine ansehnliche Grimm-Sammlung zusammengetragen werden, die (…) den Grundstock für das heutige Grimm-Museum bildete.“

1932
übergibt der Grimm-Forscher Johannes Bolte die neun Bände Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen, die er von Herman Grimm erhalten hatte, der Landesbibliothek.

1942
wird die heutige Brüder-Grimm-Gesellschaft gegründet. Sie nimmt keinen Bezug auf die frühere Gesellschaft und deren Erwerbungen, erhebt auch keine Ansprüche.

1957/1958
vereinbaren das Land Hessen und die Stadt, dass Kassel die Landesbibliothek mit allen Beständen (außer den Handschriften) übernimmt. Die Landesbibliothek wird mit der Murhardschen Bibliothek (zur LMB) vereinigt.

1959
gründen die Stadt und die Brüder Grimm-Gesellschaft das Brüder-Grimm-Museum, das seinen Sitz in der Landesbibliothek und Murhardschen Bibliothek hat und von dem Bibliotheksdirektor Ludwig Denecke in Personalunion geleitet wird. Auch Deneckes Nachfolger Dr. Dieter Hennig leitet zugleich Museum und Bibliothek. Das Museum wird als Bestandteil der Bibliothek angesehen, bis 1972 das Museum ins Palais Bellevue umzieht. In das Museum bringen die Grimm-Gesellschaft ihr Eigentum als Leihgabe und die Stadt ihren „Grimmiana-Besitz“ ein, ohne dass sie ausdrücklich als Eigentum übertragen werden. Dazu gehören auch die Bände aus der Landesbibliothek.

1975/76
heben das Land und die Stadt ihren Vertrag von 1957/58 auf, da für die Gesamthochschule eine angemessene Bibliothek geschaffen werden soll. Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek gehen in die Verwaltung des Landes über. Im Protokoll der Stadtverordnetensitzung vom 1. Dezember 1975 heißt es: Das bedeutet, „dass die Bücher, die bei Abschluss des Vertrages von 1957/58 Eigentum des Landes waren, wieder in das Eigentum des Landes zurückfallen“. Das gilt nach Meinung von Experten auch für die Grimm-Bestände. Die Grimm-Gesellschaft hingegen behauptet jetzt, die „Grimmiana“ seien städtisches Eigentum.

1985
wird im Fridericianum eine große Grimm-Ausstellung gezeigt, an der Dr. Hennig, zuletzt Leiter des Grimm-Museums, und sein späterer Nachfolger Dr. Lauer mitwirken. Die Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen sowie andere Grimm-Bestände werden im Katalog und auf den Vitrinenschildern als Eigentum des Brüder-Grimm-Museums ausgewiesen. Als die Hochschulleitung vor Ausstellungsbeginn gegen die falsche Zuschreibung protestiert, antwortet Dr. Hennig fünf Wochen später: „In der Tat sind die aus Ihrer Bibliothek entliehenen Exponate für die o. g. Ausstellung bei der Hektik der Vorbereitungsarbeiten hinsichtlich ihrer Provenienz unterschiedlich ausgezeichnet worden. Ich sehe leider keine Möglichkeit mehr, diesen Sachverhalt im Katalog zu ändern (…)“

1985/86
spitzt sich der Streit erstmals zu. Zur Vorbereitung der Grimm-Ausstellung hatten die Organisatoren freien Zugang zu den Magazinen der Murhardschen Bibliothek und Landesbibliothek. Nachdem der Verdacht entstanden war, Bücher seien nicht nur entliehen, sondern zu Gunsten des Grimm-Museums oder der Grimm-Gesellschaft umgestempelt und -signiert worden, wurden Türschlösser zu den Magazinräumen ausgetauscht.

2004
wird der Antrag an die Unesco gestellt, wobei sich die Grimm-Gesellschaft einmal allein und einmal mit dem Grimm-Museum als „owner“ (Eigentümer/Besitzer) bezeichnet.

2006
wiederholt Dr. Lauer im verspätet erschienenen Jahrbuch für 2001 und 2002 seine alte, falsche Darstellung: „Nach der 1897 erfolgten Gründung der Brüder-Grimm-Gesellschaft e.V., deren erstes Ehrenmitglied Herman Grimm (1828-1901), der älteste Sohn Wilhelm Grimms, war, erhielt die Gesellschaft von ihm die Handexemplare der wichtigsten Werke der Brüder Grimm (…) für die Kasseler Grimm-Sammlung zum Geschenk.“

2006/07
weisen Grimm-Experten nach, dass diese Behauptung falsch ist. Dr. Lauer übernimmt jetzt die Darstellung, dass die Grimm-Werke der Stadt gehörten. Für die Grimm-Gesellschaft schreibt jedoch deren Mitglied, der Verwaltungsrichter Eckehart Blume, in einem Gutachten, die heutige Gesellschaft verfüge über einen „nicht aufhebbaren Mitbesitz (§ 866 BGB) an den Handexemplaren der „Kinder- und Hausmärchen“.

14.02.2007
http://www.hna.de/kasselstart/00_20070214214606_Die_Chronik_einer_Aneignung.html

Kulturredakteur Dirk Schwarze kommentierte den Vorgang:

Dirk Schwarze, HNA, schrieb:
http://homepage.mac.com/jeanne_darc/Kommentar1.jpg

Am Freitag, dem 16. 2., informierte die HNA über das Ergebnis einer Nachfrage bei Oberbürgermeister Bertram Hilgen zum Thema Fälschung von Geschichts- und Eigentumsangaben im UNESCO-Antrag. Hilgen sagte, er werde sich zu Personalangelegenheiten des Museumsleiters Lauer nicht öffentlich äußern. Aufgrund eines Gutachtens des städtischen Rechtsamtes gehe er davon aus, daß die Grimmschen Handexemplare sich im Eigentum der Stadt Kassel befänden, er werde dies aber in einem Gespräch mit Vertretern der Universität diskutieren.

Bonoboche, 18. Februar 2007
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FWG fordert Konsequenzen für den Propheten

http://homepage.mac.com/jeanne_darc/FWG.jpg

(Zitat: HNA)

Jeanne d’Arc, 19. Februar 2007
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FAZ: Falsche Eintragung in UNESCO-Unterlagen

Laut FAZ ist in die Urkunde der UNESCO über den Status der „Kinder- und Hausmärchen“ als Weltdokumentenerbe die Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. als Eigentümerin eingetragen. Die Verantwortung für die falschen Angaben trage Bernhard Lauer. Der Kasseler Kulturdezernent Bürgermeister T. E. Junge interpretierte laut FAZ, Lauer habe im Wissen um den Rechtsstreit um das Eigentum an den Handexemplaren „im besten Wollen“ zu handeln beabsichtigt, als er die Grimm-Gesellschaft als Eigentümerin meldete, bis die Eigentumsfrage zwischen Land und Stadt geklärt sei.

„Jeanne d’Arc“ schrieb:

Hier der Originalartikel aus der FAZ v. 28.02.2007
http://homepage.mac.com/jeanne_darc/FAZ.jpg

http://forum.hna.de/forum/viewtopic.php?pid=37360#p37360

Jeanne d’Arc, 2. März 2007
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Grimm-Gesellschaft: kein Streit, nichts umgewidmet

Da die jeweiligen Artikel der Kasseler HNA hier herübergezogen wurden, soll dies auch mit den heutigen Gegendarstellungen von Klaus Dieter Staubach und Bernhard Lauer geschehen (ins HNA-Forum eingestellt von Jeanne d’Arc):

http://lh6.ggpht.com/_6JPJnsPHMuY/TNgkIrnj2wI/AAAAAAAAAQI/GN-o0Yntmhw/12_gegendarstellungen%206%20iii%202007.jpg

Bonoboche, 7. März 2007
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Rundschreiben eines Anwalts von Dr. Lauer

Hartmut Lierow, ein von Herrn Dr. Lauer mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragter Rechtsanwalt, formulierte in dessen Auftrag eine Pressemitteilung, die von Lauer als Rundbrief an die Mitglieder der Brüder Grimm-Gesellschaft geschickt wurde. Die „Hesssisch-Niedersächsische Allgemeine“ (HNA) wird darin einer Kampagne gegen den Museumsleiter und Geschäftsführer geziehen. Das Rundschreiben wurde von „Curt“ im HNA-Forum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht:
S. 1

S. 2

Im Forum der HNA gab es um diesen Text eine lebhafte Diskussion. Zum UNESCO-Antrag mit den falschen Angaben der Grimm-Gesellschaft zu Überlieferungs- und Eigentumsverhältnissen der Kasseler Grimm-Handexemplare siehe die entsprechende Seite im Grimmnetz.

Herr Dr. Lauer selbst ließ in der gestrigen HNA wiederum eine Gegendarstellung abdrucken, die Jeanne d’Arc im HNA-Forum zugänglich machte:

Bonoboche, 22. März 2007
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Minister Corts: Eigentümer der Handexemplare noch unklar

Auf HanauOnline findet sich folgender Bericht, der aus der Sicht des Abgeordneten Aloys Lenz die Antwort des hessischen Wissenschaftsministers Udo Corts auf Lenz‘ Anfrage zum Eigentum an den Kasseler Handexemplaren der Grimmschen Märchen zusammenfaßt. Leider ist auch dieser Bericht von Fehlern behaftet; so ist z. B. die Angabe unzutreffend, daß die Handexemplare 1897 der alten Kasseler Grimm-Gesellschaft übergeben worden seien. Die Überlieferungsgeschichte ist im Detail rekonstruiert auf: http://www.grimmnetz.de/grimm-mow

„HanauOnline“ schrieb:

Aloys Lenz: Eigentumsrechte an Märchen-Handexemplaren weiter unklar

Sonntag, 18. März 2007

Gutachten sollen Auskunft geben im Streit um Grimm-Exemplare

Hanau – Die Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes, haben weiterhin keinen eindeutigen Eigentümer. Wie der Hanauer CDU-Abgeordnete Aloys Lenz mitteilt, hätten auch die Antworten des Ministeriums für Kunst und Wissenschaft auf seine diesbezügliche Parlamentarische Anfrage keine eindeutige Auskunft erbracht. Der Abgeordnete hatte Ende vergangenen Jahren mit einer parlamentarischen Anfrage auf Pressemeldungen reagiert, nach denen der Geschäftsführer der Kasseler Brüder-Grimm-Gesellschaft das Eigentumsrecht an der mehrbändigen, mit Anmerkungen von der Hand der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm versehenen Märchenausgabe geltend gemacht habe.

Bis dahin habe die unschätzbar wertvolle Urschrift der Kinder- und Hausmärchen als eindeutiges Eigentum der Universitätsbibliothek in Kassel und damit des Landes Hessen gegolten. Nun erfuhr Lenz jedoch in der Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst auf seine Anfrage, dass die Eigentumsrechte an den Handexemplaren nach gegenwärtigem Stand ungeklärt seien. Minister Corts habe mitgeteilt, dass die Prüfungen, die bereits beim Antrag auf Aufnahme der Arbeitsexemplare in das UNESCO-Weltdokumentenerbe im Jahr 2005 die Eigentumsfrage nicht eindeutig gewesen sei.. Seit Dezember 2006, so die weitere Auskunft des Ministers, prüfe das Rechtsamt der Stadt Kassel die Eigentumsfrage, jedoch habe sich das Ministerium entschieden, selbst auch ein Gutachten in Auftrag zu geben.

Wie Lenz erläutert, seien die Handexemplare im Jahr 1897 von Hermann Grimm, dem Sohn Wilhelms, zunächst der 1920 aufgelösten Brüder-Grimm-Gesellschaft übergeben und dann in den Bestand der städtischen Murhard’schen Bibliothek in Kassel überführt worden. Diese wurde vor einigen Jahren mit der Hessischen Landesbibliothek Kassel zur Universitätsbibliothek in der Verantwortung des Landes Hessen zusammengeführt. Die Brüder-Grimm-Gesellschaft allerdings wurde 1940 neu gegründet und erhebt heute Ansprüche auf die neun Bände der Handexemplare. Auschlaggebend für die gegenwärtige Verwirrung um die Eigentumsrechte sei eben diese wechselvolle Geschichte der Bestände der Kasseler Bibliotheken, wie Lenz auch der Antwort des Ministers entnehmen konnte. Gegenwärtig befänden sich die Handexemplare im Kasseler Brüder-Grimm-Museum, welches von der Brüder-Grimm-Gesellschaft geführt werde.

Der Abgeordnete teilt die Auffassung des Ministers, dass eine schnelle Klärung der Eigentumsfrage unbedingt wünschenswert sei. Aloys Lenz: „Die Brüder Grimm und ihr Werk sind nicht nur ein Stück Hanauer und hessischer Identität, ihre Märchensammlung ist auch die kulturelle Botschaft Deutschlands an die Welt“. Darüber hinaus, so zitiert Lenz Minister Corts abschließend, sei gerade im Hinblick auf die gesteigerte internationale Aufmerksamkeit durch die Aufnahme der Märchensammlung in das Weltdokumentenerbe, „eine zügige juristische Klärung der strittigen Fragen wünschenswert“. (Büro Aloys Lenz, MdL)

http://www.hanauonline.de/content/view/8764/2/

Berthold Friemel, 24. März 2007
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Hess. Wissenschaftsminister zu Anfrage betr. Handexemplare

Gestern fiel mir beim Surfen im Internet auf, daß mittlerweile die Antwort online zugänglich ist, die der hessische Wissenschaftsminister Udo Corts auf die Anfrage einiger Landtagsabgeordneter zu den Rechtsverhältnissen um die Kasseler Handexemplare der Grimmschen Märchen gegeben hat. Sie sei hier dokumentiert:

Kleine Anfrage
der Abg. Lenz (Hanau), Oppermann und Klein (Freigericht) (CDU)
vom 06.12.2006

betreffend Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen der
Brüder Grimm

und Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst

Vorbemerkung der Fragesteller:
Der Hanauer Anzeiger berichtet in einem ausführlichen Artikel seiner Ausgabe vom 18. November 2006 über Eigentumsansprüche, welche der gegenwärtige Geschäftsführer der Brüder-Grimm-Gesellschaft in Kassel auf die Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm erhebt. Angesichts der Tatsache, dass die Handexemplare Teil des UNESCO-Weltdokumenterbes sind und die Brüder Grimm als Exponenten hessischer Identität einen hohen Stellenwert genießen, fragen wir die Landesregierung:

Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Sind der Landesregierung Eigentumsansprüche durch den Geschäftsführer der Brüder-Grimm-Gesellschaft auf die Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm bekannt?
Der Landesregierung ist bekannt, dass im Zusammenhang mit der in der Fragestellung angesprochenen Diskussion über die Eigentumsrechte an den Handexemplaren der Geschäftsführer der Grimm-Gesellschaft bislang davon ausgegangen war, das Brüder-Grimm-Museum in Kassel oder auch die Brüder-Grimm-Gesellschaft sei seit der Übergabe der Dokumente an das Grimm-Museum Eigentümer der Handexemplare.

Frage 2. Wo befinden sich diese gegenwärtig?
Die Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen befinden sich im Brüder-Grimm-Museum Kassel.

Frage 3. Wer ist nach Kenntnis der Landesregierung Eigentümer der Handexemplare und seit wann?
Die Frage der Eigentumsrechte ist, wie sich bei den vorläufigen Prüfungen im Zusammenhang mit der Aufnahme der Handexemplare in das Weltdokumentenerbe der UNESCO ergeben hat, bisher nicht eindeutig geklärt worden.
Seit Dezember 2006 prüft das Rechtsamt der Stadt Kassel die umstrittenen Übergabeverträge und auch das Land Hessen hat zwischenzeitlich entschieden, ein eigenes Gutachten zu erstellen. Das Gutachten des Rechtsamts der Stadt Kassel soll in Kürze vorgestellt werden.

Frage 4. In welcher Beziehung steht die Brüder-Grimm-Gesellschaft in Kassel zum Land Hessen bzw. zu Einrichtungen des Landes?
Es bestehen keine Beziehungen zum Land Hessen bzw. zu Einrichtungen des Landes.

Frage 5. Gibt oder gab es personelle und/oder institutionelle Verbindungen zwischen dem Land Hessen oder Einrichtungen des Landes und der Grimm-Gesellschaft?
Es gibt keine derartigen Verbindungen.

Frage 6. Wie beurteilt die Landesregierung die Situation konkurrierender Grimm-Vereine (Brüder-Grimm-Gesellschaft in Kassel, Grimm-Sozietät in Berlin) im Hinblick auf die weitere Erforschung des Werkes der Brüder Grimm?
Wesentliche Teile des Lebenswerkes der Brüder Grimm befinden sich sowohl in Kassel als auch in Berlin. Dies erklärt die Existenz der beiden Organisationen, die sich jeweils der Pflege eines Teils des Nachlasses widmen. Aus der Sicht des Landes ist die Kooperation beider Institutionen im Hinblick auf eine umfassende Aufarbeitung des Lebenswerkes dieser wichtigen und international bekannten Vertreter der deutschen Geistesgeschichte wünschenswert.

Frage 7. Wie beurteilt die Landesregierung im Hinblick auf den hohen Rang der Brüder Grimm als Repräsentanten hessischer Identität den öffentlichen Streit um das Eigentum an ihrem Erbe?
Die öffentliche Diskussion um die Eigentumsrechte an den Originalexemplaren resultiert aus der wechselvollen Geschichte der Bestände in den Kasseler Bibliotheken und aus nicht eindeutig zu interpretierenden Vertragswerken. Im Hinblick auf die internationale Aufmerksamkeit durch die Aufnahme in das Weltdokumentenerbe ist eine zügige juristische Klärung der strittigen Fragen wünschenswert.

Wiesbaden, 19. Februar 2007
Udo Corts

Eingegangen am 5. März 2007 · Ausgegeben am 12. März 2007
Druck und Auslieferung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden

http://www.landtag.hessen.de/Dokumente/Plenarsitzungen/06632.pdf

Berthold Friemel, 13. April 2007

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