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Geänderter Antrag für Weltdokumentenerbe an Unesco
(KHM-Handexemplare Kassel)
(Grimmforum, Oktober 2008 / März 2009)

Die HNA teilt mit heutigem Datum (20.10.2008) folgendes mit:

Neue Urkunde für Grimm-Bücher

Geänderter Antrag für Weltdokumentenerbe auf dem Weg an Unesco-Kommission

Von Ellen Schwaab

KASSEL. Auch wenn die Eigentumsverhältnisse an den Handexemplaren der Grimm’schen Kinder- und Hausmärchen im Detail noch nicht geklärt sind, soll der Urkundentext für das Weltdokumentenerbe geändert werden. Stadt und Land sollen als Eigentümer genannt werden und nicht die Grimm-Gesellschaft. Ein entsprechender Antrag ist in Abstimmung mit der nationalen Unesco-Kommission formuliert worden und nun auf dem Weg zur internationalen Unesco-Kommission in Paris, wie Kulturdezernent Thomas-Erik Junge auf Anfrage bestätigte. Die Brüder-Grimm-Gesellschaft wird in dem Antrag lediglich als Kooperationspartner erwähnt. Die bereits vorhandene Anerkennung als Weltdokumentenerbe werde davon nicht berührt, sagt Junge. "Es geht nur um eine Präzisierung." Stadt und Land erheben jeweils Anspruch auf die kostbaren Bücher, die im Juni 2005 auf Antrag der Brüder-Grimm-Gesellschaft in das Weltdokumentenerbe aufgenommen wurden. Ihr Wert wird auf 30 Millionen Euro geschätzt. Die Brüder-Grimm-Gesellschaft hatte sich in dem Schreiben an die Unesco einmal allein und einmal mit dem Grimm-Museum als Eigentümer/Besitzer der Handexemplare bezeichnet, was später zu einer heftigen Kontroverse führte. Inzwischen spielt die Grimm-Gesellschaft in dem Streit keine Rolle mehr. Stadt und Land, beziehungsweise die Universität Kassel sehen sich als die rechtmäßigen Eigentümer. Wie es sich mit den Eigentumsverhältnissen im Einzelnen verhält, müssen Juristen klären. Unterdessen verpflichteten sich Stadt und Land, so Junge, das Erbe zu würdigen und zu betreuen. Die Kinder- und Hausmärchen mit handschriftlichen Anmerkungen der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm liegen noch immer für die Öffentlichkeit verborgen im Tresor der Kasseler Sparkasse. Eigentlich sollten sie nach Angaben des Kulturdezernenten in der Vitrine ausgestellt werden, in der früher das ebenfalls kostbare Hildebrandslied aufbewahrt wurde. Doch die Vitrine entspreche nicht mehr den heutigen Anforderungen der Versicherungen und müsse deshalb aufgerüstet werden. Zurzeit prüfe man, ob dies möglich sei. Wenn nicht, müsse man eine neue Vitrine anschaffen. ✍
Jeanne d’Arc, 20. Oktober 2008
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Junge: mit deutscher UNESCO-Kommission abgestimmt

Laut einem HNA-Bericht vom 27. 2. stellte der Kasseler Kulturdezernent, Bürgermeister Junge, auf der vorigen Sitzung des Kulturausschusses der Kasseler Stadtverordnetenversammlung klar, dass es keinen neuen Antrag zu den Grimm-Handexemplaren an die UNESCO gegeben habe.

Es gebe ein mit der Unesco vereinbartes Verfahren, in dem Stadt, Land und Grimm-Gesellschaft – zu diesem Zeitpunkt vertreten durch Ministerin Silke Lautenschläger, Oberbürgermeister Bertram Hilgen und BGG-Vorsitzenden Werner Neusel – ein mit der deutschen Kommission vorab abgestimmtes, gemeinsames Schreiben abgesandt hätten, um formale Fehler zu bereinigen. "Es gibt aber keinen neuen Antrag", wiederholte Junge mehrfach, sondern eine Überarbeitung des bestehenden Textes.

Der kulturpolitische Sprecher der Grünen, Dr. Ostermann, hatte sich im Kulturausschuss auf den HNA-Bericht vom Oktober bezogen. Durch Nachfrage bei der UNESCO habe er

in Erfahrung gebracht, dass dort "überhaupt nichts" vorliegt: "Es wird auch überhaupt nicht verhandelt."

Der Kulturdezernent betonte demgegenüber, Kassel sei "in Verhandlungen mit allen Unesco-Stellen." Er

wandte sich erregt dagegen, dass er auf der Grundlage von Artikeln und Telefonaten einzelner Stadtverordneter Auskunft geben solle. Wenn ihm unterstellt würde, er sage die Unwahrheit, "dann geht mir der Hut hoch", sagte Junge: "Da bin ich sehr empfindlich."

Zum Stand des Antragsverfahrens reichte Dr. Ostermann im Kulturausschuss laut Bericht des HNA-Reporters von Busse 15 Anfragen ein. Am Schluss seines Artikels fasst von Busse zusammen, fest stehe, dass nicht die Grimm-Gesellschaft Eigentümerin der Handexemplare sei. Es sei aber noch unklar, ob sie Stadt oder Land zustehen. Die "Kinder- und Hausmärchen" sollten nach Ankündigung von Kulturdezernent Junge

so schnell wie möglich – und auf jedem Fall noch in diesem Jahr – in einer noch in Auftrag zu gebenden speziellen Sicherheitsvitrine an einem attraktiven Ort in einer hochwertigen Ausstellung präsentiert werden.

Zur Zeit lägen die laut HNA nach wie vor auf 30 Millionen Euro geschätzten Handexemplare noch immer im Tresor der Kasseler Sparkasse.

Die Ausstellung "in einem eigenen Raum in einer Vitrine" hatte Dezernent Junge allerdings schon einmal zum Frühjahr des vergangenen Jahres angekündigt. Daran habe ich bereits in dem diesbezüglichen Kasseler Forum erinnert, das übrigens zwischenzeitlich auf eine private Seite umgezogen ist, weil die HNA den Forumbetrieb wegen Wartungsarbeiten vorübergehend eingestellt hat:
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Bonobo schrieb: In dem oben zitierten HNA-Artikel von Herrn von Busse (27. 2.) steht übrigens auch:

HNA schrieb: "Es gibt unterschiedliche Auslegungen dessen, was in den Verträgen steht. Das müssen wir bewerten", sagte Junge. … Die auf einen Wert von 30 Millionen Euro geschätzten Kinder- und Hausmärchen sollten so schnell wie möglich – und auf jedem Fall noch in diesem Jahr – in einer noch in Auftrag zu gebenden speziellen Sicherheitsvitrine an einem attraktiven Ort in einer hochwertigen Ausstellung präsentiert werden. Zurzeit liegen sie im Tresor der Kasseler Sparkasse.
Das haben wir doch schon vor Jahresfrist so ähnlich gelesen, damals von der unvergesslichen Frau Schwab:
Original-Intrigenstadl # 5666, 26. 3. 2008, schrieb:
HNA schrieb: Die ungeklärten Eigentumsrechte an den Handexemplaren der Grimmschen Kinder und Hausmärchen ziehen Kreise. Es muss geklärt werden, wer die Urkunde der Unesco erhalten soll.Ihr Wert wird auf 30 Millionen Euro geschätzt.
Jeannine Korsinek schrieb: Das ist doch ganz toll Renate!!!! Wie im Lotto!!!! Fasst wie im Wirklichen Leben.
HNA schrieb: Dabei geht es darum, wie man das Eigentumsproblem in dem Urkundentext umgehen kann.
HNA schrieb: Sein Wunsch sei, so Junge, die Handexemplare in einem eigenen Raum in einer Vitrine zu zeigen. Bis zum Frühjahr will Junge eine Lösung für die Bücher präsentieren, die zurzeit in einem Banktresor lagern.

Inzwischen haben wir ein Jahr später wieder Frühjahr und eine neue, nicht viel anders klingende Ankündigung.
http://forum.kassel-internet.de/viewtopic.php?id=2


Bonoboche, 7. März 2009

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Grimm-Beratungen der Stadtverordneten in Kassel
Baupläne fürs Grimm-Museum
(Grimmforum, 2008 / 2009)

Grimm-Themen standen in den letzten Jahren mehrfach in der Kasseler Stadtverordnetenversammlung und in deren Kulturausschuss zur Diskussion. Auch heute sind dort drei Grimm-Anträge auf der Tagesordnung notiert, darunter einer von Bündnis 90 / Grüne auf Neuverhandlung des Vertrages zwischen Stadt und Grimm-Gesellschaft über das Grimm-Museum. Im Leserforum der „Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen“ schilderte der Kasseler Ingenieur Klaus Weltermann als Zuhörer der Beratung des Plenums der Stadtverordnetenversammlung über diesen Grünen-Antrag, wohl vom 3. 11., seine Eindrücke und Meinungen, die vielleicht, ebenso wie der Inhalt der Anträge, auch im Grimmforum von Interesse sind. Der Antrag der Grünen vom 29. 5. war zuvor am 25. 8. und 29. 9. vertagt worden.

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Jeannine Korsinek schrieb:

Ist das ein „starkes Stück“ ??????????? Richtig viel los in Kassel………………………………………

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Bonobo schrieb:

Heute zum Beispiel Debatte des Kulturausschusses der Stadtverordnetenversammlung mit gleich drei Grimm-Anträgen, zwei von B 90 / Grünen und einer von der SPD. Die Grünen wollen,

dass der Magistrat gebeten wird, den am 15.12.1959 unterzeichneten Vertrag zwischen der Stadt Kassel und der Brüder Grimm Gesellschaft (BGG) zur Gründung des Brüder Grimm Museums (BGM) zwecks Klärung der zukünftigen Zusammenarbeit neu zu verhandeln, mit dem Ziel, zu einer Neu-Definition der Aufgabenverteilung und -verantwortung des städtischen Museums gegenüber der Brüder Grimm Gesellschaft (als Fördergesellschaft des BGM) zu gelangen. In diese Verhandlung ist auch eine mögliche Kündigung des Vertrages einzubeziehen.

Außerdem wollen sie den Magistrat auffordern,

ein Museums- und Ausstellungskonzept für das Archivmaterial (Flachware) erstellen zu lassen und die damit verbundene BesucherInnenerwartungen darzustellen, das bei der Standortentscheidung (2 oder 3 Standorte) nachvollziehbar hilft.

Die SPD will den Magistrat auffordern,

einem Repräsentanten der Brüder-Grimm-Gesellschaft e.V. Gelegenheit zu geben, die Gesellschaft, ihre aktuellen Vorhaben und ihre Vorstellungen über die künftige Zusammenarbeit mit der Universität Kassel und dem Brüder-Grimm-Museum vorzustellen.

Die Texte der Anträge sind auf der oben verlinkten Seite jeweils durch Klicken auf das Symbol mit dem „V“ erreichbar.

Seltsam ist der dritte Antrag, von der SPD. Hatte denn die Grimm-Gesellschaft bisher keine Gelegenheit, ihre aktuellen Vorhaben und ihre Vorstellungen über die künftige Zusammenarbeit mit der Universität Kassel und dem Brüder-Grimm-Museum vorzustellen? Die Gesellschaft verfügt doch über eine eigene Website – Gelegenheit ist es also sicher nicht, woran es mangelt.
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Klaus Weltermann schrieb:
Bonobo,
ich war auf der letzten STAVO-Sitzung. Einer der Tagesordnugspunkte war das Thema Grimm. Dr. Ostermann (GRÜNE) als erster Redner , der auch den auf der Tagesordnung eingestellten Punkt begründet hat, hielt eine Rede die leider nach meiner persönlichen Ansicht suboptimal war. Selbst Zuhörer, die ein Großgebinde Scho-Ka-Kola zu Beginn der STAVO intus hatten , liefen Gefahr in Morpheus Arme zu sinken, weil der Mann das einfach viel zu langatmig ausgeführt hatte , und nicht wirklich auf den Punkt kam.
Irgendwann kam Frau Dr. Junker-John (ESPEDE) ans Redner-Pult, und verteilte mit einem C-Rohr der Kasseler Berufsfeuerwehr kubikmeterweise Weichspüler in die Diskussion. Der absolute Höhepunkt der Rede war dann die Feststellung, dass diese Beziehung zwischen der Stadt und der BGG schon so lange besteht, und wie wohl im normalen Leben ein Ehepartner einer 30-Jährigen Ehe darüber denken würde , wenn nach 30 Jahren der Partner plötzlich einen Ehevertrag verlangen würde…….. Zu diesem Zeitpunkt saß der OB neben Dr. Neusel auf der Empore und plauderte nett…. Frau Dr. Junker-John beantragte die Überweisung an den Kulturausschuß, wo man das Thema dann unter Ausschluß der Öffentlichkeit beerdigen kann. Selbstverständlich ist die Mehrheit der Interessenvertreter diesem Vorschlag nachgekommen. (Noch Fragen über die Strategie???)
Mein persönliches Highlight war es dann , als TEJ in seinem Redebeitrag das BGM über alles lobte, und feststellte dass das BGM sogar in der deutschen Ausgabe des Reiseführers „1000 Places to See Before You Die“ benannt wird. Ich habe dann irgendwann die Empore verlassen, und war dankbar dass der Mann nicht noch aus „Fix und Foxy“ rezitiert hat.
Noch Fragen ??? Bonobo, Sie leben in Kassel ! Merken Sie sich dass !!! ‚:lol:‘ ‚:lol:‘
Schönen Abend noch
KW
(Quelle: http://forum.hna.de/forum/viewtopic.php?pid=101780#p101780)

Bonoboche, 20. November 2008
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Resultat der Grimm-Beratungen der Stavo Kassel

In einem Kommentar zu den Ergebnissen der Stavo-Versammlung und des Kulturausschusses schreibt die HNA mit heutigem Datum:

Stochern im Nebel
Ellen Schwaab über die Zukunft des Grimm-Standortes Kassel
Die Mitglieder des Kulturausschusses wollen ein Museums- und Ausstellungskonzept für das Erbe der Grimms, um über die künftigen Standorte entscheiden zu können. Und was tut Kulturdezernent Thomas-Erik Junge? Er gibt den Auftrag an den Leiter des Grimm-Museums weiter, der in Personalunion auch die Geschäfte der Brüder-Grimm-Gesellschaft führt. Diese hat unmissverständlich klargemacht, dass sie am Palais Bellevue als Museumsstandort festhält.
Wie das Ergebnis aussehen wird, ist absehbar. Die Grimm-Gesellschaft wird kaum auf die Präsentation des Archivmaterials verzichten. Ganz gleich, wie viele Besucher sich dafür interessieren oder nicht. Statt endlich Klarheit über die Zukunft des Grimm-Standortes zu schaffen, wird weiter im Nebel gestochert. els

Folgend der Hauptartikel:

Reicht das Geld für drei?
Auseinandersetzung um Anzahl der künftigen Grimm-Standorte geht in nächste Runde
Von Ellen Schwaab
KASSEL. Sind die Grimm-Bestände so umfangreich, dass damit drei Museen bestückt werden können? Wie viele Besucher werden sich das Archivmaterial wie Grafiken, Briefe und Bilder voraussichtlich ansehen? Antworten darauf soll ein Museums- und Ausstellungskonzept geben (siehe Artikel links). Hintergrund ist die Debatte um die Anzahl der künftigen Grimm-Standorte. Dabei geht es um das Palais Bellevue, die Torwache und einen Museumsneubau auf dem Weinberg.
Die SPD will sich erst dann festlegen, wenn klar ist, was eine einfache beziehungsweise museumsgerechte Sanierung des Bellevue an der Schönen Aussicht kostet. Die Grünen wollen es zu Gunsten eines neuen Museums auf dem Weinberg aufgeben. Es soll nur noch so lange das Grimm-Museum beherbergen, bis der Neubau fertig ist. FDP und CDU halten am Bellevue als Grimm-Standort fest. Mit ihnen Kulturdezernent Thomas-Erik Junge (CDU). „Wir werden stark mit drei Standorten“, sagt er. Für ihn sei deshalb entscheidend: „Wann gibt es grünes Licht für die Sanierung des Palais Bellevue?“
In der Masterplanung für die städtischen Museen sind 1,5 bis 1,95 Millionen Euro dafür eingesetzt. Insider gehen inzwischen aber von doppelt soviel aus. Neubau-Befürworter wie Dr. Klaus Ostermann (Grüne) befürchten, dass damit Fakten für den Erhalt des Schlösschens als Museumsstandort geschaffen werden. Denn das verbaute Geld würde für ein neues Haus auf dem Weinberg fehlen. „Wenn wir so weitermachen, kriegen wir kein welterbefähiges Museum hin“, sagt Ostermann. Für den Ausbau der städtischen Museen sind 20 Millionen Euro vorgesehen, davon 7,5 Millionen fürs Stadtmuseum.
Unterdessen hat Junge den Leiter des Grimm-Museums, Dr. Bernhard Lauer, mit der gewünschten Aufstellung beauftragt. Wann das Konzept vorliegt, vermochte Junge nicht zu sagen. Die im Fachjargon als Flachware bezeichneten Bilder, Briefe und Grafiken sollen nach seinen Vorstellungen neben den Büchern auch künftig im Palais Bellevue bleiben. Als authentischer Ort ermögliche es den Besuchern aus aller Welt, in ein Stück altes Kassel einzutauchen. Ein modernes Museum könne dies niemals leisten.
In der Torwache am Brüder-Grimm-Platz will Junge neben der rekonstruierten Grimm-Wohnung Bibliothek und Verwaltung unterbringen. In dem Museum am Weinberg soll die Märchenwelt inszeniert werden. „In die taucht man nicht ein, wenn man vor der Flachware steht“, sagt Junge. In Erlebnisräumen würden Märchenmotive wie Turm, Höhle, Brunnen und Palast szenisch dargestellt. Außerdem soll es anschauliche Informationen über das Wirken der Grimms geben. KOMMENTAR

Und hier noch ein Artikel zu den Gesprächen:

Stadtverordnete fordern Konzept
Kulturausschuss: Erst Pläne für Grimms, dann Entscheidung über Geld
Kassel. Die Kasseler Stadtverordneten verlangen ein inhaltliches Museums- und Ausstellungskonzept der Stadt für den Umgang mit dem Erbe der Brüder Grimm. Einstimmig hat der Kulturausschuss beschlossen, dass der Magistrat ein Konzept erstellen lassen soll, das darstellt, auf welche Weise die Besucher an den unterschiedlichen Kasseler Grimm-Stätten angesprochen werden sollen. Damit soll das Konzept eine Grundlage bilden für die Entscheidung, an welchem der drei geplanten Grimm-Standorte (Palais Bellevue, Torwache und das neu zu bauende Museumsgebäude am Weinberg) welcher Ausstellungs- beziehungsweise Forschungsschwerpunkt gebildet werden wird.
Bevor Investitionen in die bauliche Entwicklung beschlossen würden, müsse man darstellen, wie die Grimm-Bestände „inszeniert“, also womit Besucher nach Kassel gelockt werden könnten, begründete Dr. Klaus Ostermann den Antrag der Grünen. Insbesondere sei wichtig zu überlegen, wie die eher spröden Archivmaterialien, die so genannte Flachware, ansprechend präsentiert werden könnten. Bevor er als Stadtverordneter über 15 Millionen Euro für Gebäude entscheide, wolle er genau wissen, was an welchem Standort geplant sei und was sich unter dem Begriff „Märchenwelt“ verberge: „Wer betreibt was für wen?“, fragte Ostermann. Helfen könne bei einer solchen Konzeption der Blick auf andere erfolgreiche   Literaturhäuser   und -museen, etwa das Deutsche Literaturarchiv Marbach und das Lessing-Haus in Wolfenbüttel. Auch Sprecher anderer Fraktionen erwarteten eine genauere inhaltliche Planung. Gisela Schmidt (FDP) erinnerte daran, dass ein Grimm-Museum am Weinberg „bislang nichts als eine Absichtserklärung“ sei.

Keinen Erfolg hatte ein auch von FDP und der Linken befürworteter Antrag der Grünen gegen die Mehrheit von CDU und SPD, wonach im Zuge der Grimm-Planungen der fast 50 Jahre alte Vertrag der Stadt mit der Brüder-Grimm-Gesellschaft überprüft und neu verhandelt werden soll, um die unterschiedlichen Aufgaben präziser zu fassen. Für die Grünen geht aus dem Vertrag nicht hervor, wer beim Thema Grimm „das Sagen hat“. Diese Unklarheiten könnten – wegen möglicher Blockaden durch die Grimm-Gesellschaft – ein Hindernis sein auf dem Weg, die Grimms zu einer in Kassel verankerten „Weltmarke“ zu machen.

Bürgermeister Thomas-Erik Junge widersprach. Die rechtliche Konstruktion sei unstrittig: Die Stadt sei für Gebäude und Personal verantwortlich, das Kuratorium, in dem die Stadt die Mehrheit habe, für die inhaltliche Gestaltung: „Die Stadt bestimmt, was passiert.“ Strittig sei lediglich das Prozedere bei Berufung und Abberufung des Museumsleiters. (vbs) Archivfotos: Koch

Jeanne d’Arc, 26. November 2008
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Baupläne fürs Grimm-Museum

Das Rathaus Kassel hat auf seinen Internetseiten interessante Dokumente zu den Planungen für das Grimm-Museum und das Stadtmuseum eingestellt.

Im Kulturausschuss möchte der Kulturdezernent am 20. 1. einen Beschluss erreichen, der „Masterplanung 2013, Teil I: Brüder Grimm-Museum und Stadtmuseum“ (Hegger, Hegger & Schleiff 2008) als Grundlage für die weitere Planung zuzustimmen. Der Magistrat hat sich seinerseits bereits für diese Option entschieden.

Die Masterplanung, über die voriges Jahr in der Presse kontrovers berichtet wurde, kann man dort downloaden.

Zum Grimm-Museum heißt es in der Beschlussvorlage des Magistrats:

Das Palais Bellevue wird denkmalgerecht als kulturell multifunktional nutzbares Gebäude mit Ausstellungs-, Verwaltungs- und Konferenzfunktion instand gesetzt, so dass eine angemessene Präsentation der Brüder Grimm in Kassel zu den anstehende Grimm-Jubiläen ab 2011 ermöglicht wird. Die Kosten hierfür betragen ca. 3 Mio. €. Parallel hierzu werden weiterhin die Planungen zum Neubau eines Brüder Grimm-Museums am Weinberg verfolgt. Vor den Einzelbeschlüssen zu Art und Umfang der Maßnahmen wird eine Investitionsprüfung durchgeführt.

In der PDF-Datei zur Masterplanung werden aufgrund der Gegebenheiten des Palais Bellevue allerdings beträchtliche Einschränkungen hinsichtlich der Nutzungsmöglichkeiten konstatiert. Der Zustand der historischen und für die Erschließung entscheidenden Wendeltreppe sei bereits als so kritisch eingestuft worden, dass die Tragfähigkeit durch Zugelemente (die in der obersten Balkenlage rückverankert sind) provisorisch gesichert werden musste.

Diese Treppenanlage würde für eine öffentliche Nutzung im Zuge einer Gebäudeinstandsetzung nicht als einzige Erschließung dienen können und durch ein notwendiges Treppenhaus zu ergänzen sein. Dies würde wiederum den Charakter und die Nutzbarkeit des Gebäudes erheblich beeinträchtigen. Hinzu kommt, dass das Gebäude derzeit nicht barrierefrei zu erschließen ist.

Die empfindlichen baulichen Gegebenheiten des Palais Bellevue seien für eine Nutzung als Ort mit hoher Publikumsnutzung deshalb nicht geeignet.

Der Eingangsbereich des Palais Bellevue sei mit vielen Funktionen wie Garderobe, Foyer, Museumsshop und Kasse überfrachtet und könne größere Besuchergruppen nicht bewältigen. Es seien derzeit keine Räume für museumspädagogische Angebote vorhanden. Die Lage der Besuchertoiletten im Dachgeschoss sei unkomfortabel und störe die Besucherführung. Die derzeitige Situation unzusammenhängender Ausstellungsflächen und die Durchmischung mit anderen Nutzungen mache die Umsetzung eines schlüssigen Ausstellungskonzeptes nahezu unmöglich. Die geringen Ausstellungsflächen seien über drei Geschosse verteilt. Hierdurch werde ein zusammenhängendes Museums-Erlebnis deutlich beeinträchtigt. Ein 2003 mit drei Planungsteams (jeweils besetzt mit den Disziplinen Architektur, Stadtplanung, Ausstellungsgestaltung) durchgeführter Ideenwettbewerb zu möglichen Erweiterungen am Standort Bellevue habe gezeigt, dass eine bauliche Entwicklung auf dem Grundstück zu einer unangemessen dichten Bebauung führen und eine Weiterentwicklung ausschließen würde. Eine unterirdische Bebauung Richtung Rosenhang habe aufgrund von dort liegenden Hauptversorgungstrassen nicht wirtschaftlich und funktional weiterentwickelt werden können.

Von der Seite des Rathauses Kassel kann man außerdem inhaltliche Konzepte der Leitungen des Stadtmuseums und des Grimm-Museums für die künftige Ausstellungsarbeit herunterladen.

Die Seite zur Sitzung des Kulturausschusses am 20. 1. erreicht man mit folgendem Link: http://sdnet.stadt-kassel.de/termine.do?selected=2009-01-01M&gid=30
Dort auf das Symbol „E“ (Einladung) links klicken.

Bonoboche, 15. Januar 2009
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Grimm-Konferenz in der Extra-Tip-Redaktion

(Text- und Bildzitate: „Extratip“ Kassel, siehe auch www.extratip.de)

Jeanne d’Arc, 18. Januar 2009

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Empörung im Ausschuss (HNA v. 29.10.2009)

Stadtverordnete fühlen sich vom Leiter des Grimm-Museums hingehalten und düpiert

Mal wieder in der Kritik: Dr. Bernhard Lauer, der Leiter des Brüder-Grimm-Museums, zog den kollektiven Zorn des städtischen Kulturausschusses auf sich, weil er der Sitzung fernblieb

Kassel. Es kommt nicht oft vor, dass die Stadtverordneten kollektiv sauer werden. Doch bei der Sitzung des Kulturausschusses am Dienstagabend war der Ärger groß und allgemein. Vor dem Ausschuss hätte der Leiter des Brüder-Grimm-Museums, Dr. Bernhard Lauer, erscheinen sollen. Und der Magistrat hätte eine Anfrage der Grünen beantworten müssen, wie es um die Grimm-Bestände in Kassel bestellt ist. Das Material dazu hätte ebenfalls Lauer liefern sollen.

Doch Lauer ließ sich wegen Urlaubs entschuldigen, auch habe er keine Zeit gefunden, die Fragen zu Zahl, Art und Eigentumsverhältnissen der Grimm-Bestände zu beantworten. Im Raum steht die von Lauer ins Spiel gebrachte Zahl von 100 000 Objekten.

Es war nicht der erste Versuch, von Lauer Auskunft über die Grimm-Bestände zu erhalten. Schon zur vorigen Sitzung hätten die Antworten vorliegen sollen – doch die von Lauer auf einer DIN-A-4-Seite aufgeführten Erklärungen waren so dürftig und wenig aussagekräftig, dass der Magistrat das Papier zurückhielt.

Die neuerliche Düpierung der Stadtverordneten bezeichnete Dr. Klaus Ostermann (Grüne) als „abenteuerlich“, zumal sich das Verfahren schon seit Mai hinziehe. Gisela Schmidt (FDP) gab unter allgemeiner Zustimmung den Protest gegen die Missachtung der Stadtverordnetenversammlung zu Protokoll. Der scheidende Kulturdezernent Thomas-Erik Junge bemerkte dazu, er teile den Ärger der Stadtverordneten. Notfalls müsse ein externer Gutachter die offenen Fragen beantworten.

Nun soll die Anfrage im Dezember beantwortet werden. Dann will auch Lauer vor dem Ausschuss erscheinen. Er wird einige zusätzliche Fragen zu beantworten haben. (w.f.)

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Wie lange noch? (HNA v. 29.10.2009)

Werner Fritsch über Bernhard Lauers Missachtung der Stadtverordneten


Es war kein Zufall, dass der Eklat in Sachen Kasseler Grimm-Bestände sich ausgerechnet in der letzten Sitzung des Kulturausschusses ereignete, in der Thomas-Erik Junge als Kulturdezernent zugegen war. Seine Versuche, den Leiter des Brüder-Grimm-Museums und Geschäftsführer der Brüder-Grimm-Gesellschaft, Dr. Bernhard Lauer, einzufangen und zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit den Stadtverordneten anzuhalten, haben nichts gefruchtet. Wie kann man es zulassen, dass Lauer die Stadtverordneten ein ums andere Mal brüskiert? Seit Monaten liegen Anfragen des Kulturausschusses zu Zahl, Art und Eigentumsverhältnissen der Grimm-Bestände in der Stadt vor. Zuerst beantwortete Lauer sie so unzureichend, dass es an Frechheit grenzte. Jetzt lässt er sich mit Urlaub entschuldigen, und der Magistrat muss womöglich einen Gutachter zur Beantwortung der Fragen bestellen. Wann endlich führt dieses unglaubliche Verhalten zu Konsequenzen? fgh@hna.de

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Immer Ärger mit Grimm (HNA v. 29.10.2009)

Von Werner Fritsch

Ein knappes Jahrzehnt an der Spitze des Kulturdezernats, da hinterlässt einer Spuren. Thomas-Erik Junge kann sich auf die Fahne schreiben, dass er die größte Mobilisierung Kasseler Bürger für Kultur organisiert hat, die es in dieser Stadt jemals gegeben hat.
[…]
Seine Initiative, Kassel zur Stadt der Kinderkultur zu machen, ist lobenswert, auch wenn vieles Symbolpolitik blieb.
[…]
Gleich mehrere Niederlagen musste Junge beim Thema Brüder Grimm einstecken. Weder gelang es ihm, die ständigen Querelen um den Leiter des Grimm-Museums, Dr. Bernhard Lauer, zu beenden, noch bewies er ein Händchen für die Museumsplanung. Seine Vorstellung, am Palais Bellevue als dauerhaftem Museumsstandort festzuhalten und an der Trompete einen Erweiterungsbau zu errichten, scheiterte.

Die Entwicklung eines städtischen Museumskonzeptes in Ergänzung zum groß angelegten Ausbau der staatlichen Museen zog sich jahrelang hin. Anstatt Vorgaben zu liefern, startete er den zum Scheitern verurteilten Versuch, per Bürgerbeteiligung eine Museumsplanung von unten zu organisieren.

Der Vorwurf, keine kulturpolitischen Visionen zu haben, keinen Masterplan Kultur für Kassel entwickelt zu haben, begleitete Junges gesamte Amtszeit nach der Kulturhauptstadt-Bewerbung. Auch engagierte sich Junge deutlich weniger für die Aufnahme des Bergparks Wilhelmshöhe ins Unesco-Weltkulturerbe als für die Kulturhauptstadt-Bewerbung.

(Alle Zitate: „Hessisch-Niedersächische Allgemeine“ Kassel, http://www.hna.de)

Redaktionelle Anmerkung:
Die Redaktion des Grimmforums distanziert sich ausdrücklich von den in obigen Artikeln enthaltenen Tatsachenbehauptungen und Wertungen zu Vorgängen in Kassel. Die Verantwortung hierfür liegt allein beim Autor. Den Wahrheitsgehalt des Berichtes über die jüngste Kulturausschusssitzung können wir nicht beurteilen.
Die im Artikel genannte Anfrage von Dr. Klaus Ostermann, Grüne, vom 20. 4. 2009 sowie eine Antwort des Grimm-Museums vom 27. 4. 2009 können über folgenden Link eingesehen werden: http://sdnet.stadt-kassel.de/vorlagen-input.do, dort die Vorlagennummer 101.16.1294 aufrufen und in der nächsten Anzeige Symbole links anklicken.

Jeanne d’Arc, 1. November 2009

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Documenta 12: Kassel blamiert sich mit Grimm-Museum
(Grimmforum, 19. Juni 2007)

HNA v. 19.06.2007
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Jeanne d’Arc, 19. Juni 2007
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HNA-Artikel

Kulturdezernent Junge nimmt Stellung zur Grimm-Blamage
Die Vision vom Märchen-Museum
Kassels Kulturdezernent Thomas-Erik Junge über die Probleme bei der Vermarktung des Grimm’schen Erbes

(Bildzitat: HNA)

Gegen verkopfte Märchenpräsentation: Kulturdezernent Thomas-Erik Junge.

kassel. Zum documenta-Auftakt war das Brüder-Grimm-Museum eine Baustelle. Über den Zustand des Museums und den Stellenwert der Brüder Grimm in Kassel sprachen wir mit Kulturdezernent Thomas-Erik Junge (CDU).

Herr Junge, die Welt blickt auf Kassel, doch das Brüder-Grimm-Museum präsentiert sich als Baustelle mit einer peinlichen Frau-Holle-Ausstellung. Wie konnte es dazu kommen?

Thomas-Erik Junge: Wir hatten fest vor, das Brüder-Grimm-Museum rechtzeitig zum Beginn der documenta zu öffnen. Aber die Brandschutztüren waren noch nicht abgenommen. Daher ist es zu den drei, vier Tagen Verzögerung gekommen.

Die Brandschutztüren mussten aber schon vor Monaten als Begründung für Verzögerungen herhalten.

Junge: Bei den Brandschutztüren handelt es sich um Spezialanfertigungen, die den historischen Türen nachempfunden sind. Das ist keine Ware von der Stange. Der Brandschutz muss gewährleistet sein. Ich trage die Verantwortung für die Brandsicherheit.

Sie haben gesagt, das erste documenta-Wochenende sei kein Grimm-Wochenende. Mit dieser Einschätzung stehen Sie ziemlich allein da.

Junge: Das glaube ich nicht. Ich bin wirklich der Überzeugung, dass die documenta an ihrem ersten Wochenende alles andere überstrahlt.

Warum wurde nicht eine kleine Grimm-Ausstellung an Stelle der Frau-Holle-Devotionalien auf die Beine gestellt?

Junge: Das hätte keinen Sinn gemacht. Zeitgleich wurde nämlich die Grimm-Ausstellung im zweiten Obergeschoss wieder aufgebaut. Man hätte also Exponate hin und her rücken müssen und hätte doch nur eine zusammengestückelte Schau präsentieren können.

Die Stadt rühmt sich gern ihrer drei Weltmarken documenta, Herkules und Brüder Grimm. Letztere sind gegenwärtig ein Totalausfall. Warum werden die Grimms so stiefmütterlich behandelt?

Junge: Das stimmt doch nicht. In einer Masterplanung beschäftigen wir uns momentan intensiv mit der Frage, wie das Thema Grimm, und insbesondere das Thema Märchen, künftig ansprechend präsentiert werden kann.

Welche Vorstellungen haben Sie?

Junge: Das Palais Bellevue hat seine Grenzen. Es könnte der Ort werden, wo Leben, Arbeit und Umfeld der Brüder Grimm präsentiert werden. Die Louis-Spohr-Gesellschaft ist bereit, das Bellevue zu räumen. Ein Umzug in den Kulturbahnhof erscheint möglich. Was das Wohnumfeld der Grimms angeht, kann man sich beim Land vorstellen, Räume in der Torwache freizumachen. Eine weiterer Plan ist, Verwaltung und Bibliothek in einem Neubau an der Friedrichstraße unterzubringen.

Und die Märchen?

Junge: Ich kann mir ein Märchen-Museum auf dem Weinberg vorstellen. Auch den Garten, ja selbst das Innere des Weinbergs könnte man nutzen. Die Märchen dürfen nicht wie in einem Disney-Park präsentiert werden, aber auch nicht verkopft. Ich kann mir gut vorstellen, dass ein solches Konzept für Sponsoren interessant ist.

Die unpopuläre Darbietung des Grimm’schen Erbes geht auf das Konto von Dr. Bernhard Lauer. Wie lange lassen Sie den Museumsleiter noch gewähren?

Junge: Herr Dr. Lauer hat unzweifelhaft Verdienste. Er leistet gute Arbeit. Im Falle einer Erweiterung wird ein Mensch allein das alles aber nicht stemmen können. Eine Person würde unter dieser Weltaufgabe zusammenbrechen.

(aus der HNA, 21.06.2007)

Jeanne d’Arc, 22. Juni 2007

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Grimms Märchen jetzt im Banktresor
(KHM-Handexemplare Kassel)
(Grimmforum, 25. Februar 2007)

Nachdem der Stadt Kassel klarwurde, welchen materiellen Wert die zum Weltdokumentenerbe der UNESCO gemachten Märchen-Handexemplare haben, ließ die Kulturverwaltung sie jetzt aus dem Museum in einen Banktresor bringen. Ich hole die betreffenden Beiträge aus dem HNA-Forum hier herüber:

Hier das heutige Ergebnis der zum Brauch gewordenen vormitternächtlichen Presseschau.
Die Stadt hat den materiellen Wert der Kasseler Handexemplare von Grimms Märchen feststellen lassen und sie nun in einen Banktresor verbracht.

HNA von Samstag schrieb:

Kassel
Ein Streit um 30 Millionen Euro
Stadtverordnete haken bei den kostbaren Märchen-Handexemplaren der Brüder Grimm nach

Von Jörg Steinbach
http://mitglied.lycos.de/bonobo2006/l_welterbe_hna.jpg
Steht in der Kritik: Grimm-Museumsdirektor Dr. Bernhard Lauer mit den kostbaren Märchen-Handexemplaren der Brüder Grimm.
kassel. Die alten Märchenbücher mit den handschriftlichen Anmerkungen der Brüder Grimm stehen jetzt im Banktresor. Sicherheitshalber, wie Kassels Bürgermeister und Kulturdezernent Thomas-Erik Junge (CDU) gestern den Stadtverordneten im Ausschuss für Finanzen, Wirtschaft und Grundsatzfragen erklärte. Denn die zum Weltdokumentenerbe erklärten Handexemplare der Grimms sind äußerst wertvoll. Geschätzter Wert: 30 Millionen Euro.

Mit dieser Zahl überraschte der Bürgermeister auch die Stadtverordneten, die sich für den seit Jahren schwelenden und seit Kurzem offen ausgetragenen Streit um die Eigentumsrechte an den kostbaren Büchern aus dem Nachlass der Brüder Grimm interessieren. Denn jetzt ist klar: Es geht nicht bloß darum, ob ein paar alte Schmöker in einem Bücherschrank des Landes Hessen, der Stadt Kassel oder der Brüder-Grimm-Gesellschaft stehen. Es geht auch um richtig viel Geld.

Deshalb wollte die FDP-Fraktion auch haargenau wissen, wie es um den Anstellungsvertrag von Dr. Bernhard Lauer bestellt ist. Der ehrenamtliche Geschäftsführer der Grimm-Gesellschaft ist gleichzeitig bei der Stadt angestellter Direktor des Brüder-Grimm-Museums.

Der am 17. Juli 1989 mit Lauer geschlossene Anstellungsvertrag enthält keine konkrete Arbeitsplatzbeschreibung. Mit der Frage, welche Sofortmaßnahmen der Magistrat eingeleitet hat, um die konkrete Gefahr abzuwenden, „dass die Besitz- und Eigentumsverhältnisse an Kasseler Grimm-Beständen weiter verändert werden“, tat sich der Bürgermeister sichtlich schwer. Nachdem FDP-Chef Frank Oberbrunner klargestellt hatte, dass es dabei nicht um die sichere Aufbewahrung der Handexemplare gehe, sondern um die Frage, ob ein städtischer Bediensteter in fragwürdiger Weise mit wertvollem Eigentum der Stadt oder des Landes umgegangen ist. Denn seit Wochen wird immer klarer, dass die Grimm-Gesellschaft mehrfach versucht hat, sich auch als Besitzer jener Bände auszugeben, die ihr nicht gehören. Zugleich hat die Brüder-Grimm-Gesellschaft wiederholt ihre eigene Geschichte falsch dargestellt, um Eigentumsrechte zu behaupten, die nicht gegeben sind.

Darauf machte auch Kai Boeddinghaus (Linke.ASG) aufmerksam. Lauer habe die Bücher aus dem Eigentum der Stadt oder des Landes der Grimm-Gesellschaft zugeordnet. Dazu der Bürgermeister: „Ich habe keinen Anlass, in irgendeiner Weise Herrn Lauer zu verdächtigen.“ Zwar räumte Junge ein, dass in den von Lauer formulierten Anträgen an die Unesco zur Anerkennung der Handexemplare als Weltkulturerbe die Grimm-Gesellschaft als Eigentümer genannt werde. Diese in englischer Sprache verfassten Schriftstücke müssten aber noch genau überprüft werden.

„Ich wundere mich, wie sie mit diesem Thema umgehen“, sagte dazu Bernd W. Häfner (FWG) an den Bürgermeister gewandt. Zumal „die Person Lauer“ auch in anderen Zusammenhängen in der Kritik stehe.

Unzufrieden waren die Stadtverordneten auch mit den Antworten auf zwei Fragen, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt wurden. Wie die Stadt mit der Grimm-Gesellschaft umgehen will, wenn sich bewahrheitet, dass Lauer wertvolle Bestände aus öffentlichem Eigentum in vorgeblichen Besitz der Grimm-Gesellschaft umgewidmet habe, dazu mochte der Bürgermeister nichts sagen. Auch nicht zu der Frage, ob gegen Lauer disziplinarrechtliche, standesrechtliche, arbeitsrechtliche oder strafrechtliche Schritte eingeleitet werden.

23.02.2007
http://www.hna.de/kasselstart/LINK00_20070223213407_Ein_Streit_um_dreinull_Millionen_Euro.html
(Hervorhebungen Bonobo)

Meine ergänzende Frage an den Vikar Junge:
Die entsprechenden Passagen im englischen Antragstext der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. an die UNESCO mit den von Herrn Lauer verfälschten historischen und rechtlichen Angaben wurden seit Mitte November breit diskutiert und auch Ihnen immer wieder unterbreitet. Was glauben Sie, wer für Ihre Ankündigung, diese fremdsprachigen Textpassagen müßten jetzt erst noch genau geprüft werden, noch Verständnis und Respekt aufbringt? Ich sehe bei Ihnen vor allem Kleinmut, Unfähigkeit, Fehlentwicklungen zu analysieren und ihnen entgegenzusteuern, und Arroganz, mit der Sie an einem Amt festhalten, für das Sie Ihre Nichteignung Tag für Tag beweisen. Sie sind nach meiner Meinung ein Verhängnis für Kassel.
Ergänzend noch einige Beiträge aus der Diskussion im HNA-Forum zu diesem Bericht, http://forum.hna.de/forum/viewtopic.php?pid=36907#p36907

„Tiefblick“ schrieb
HNA von Samstag schrieb
kassel. Die alten Märchenbücher mit den handschriftlichen Anmerkungen der Brüder Grimm stehen jetzt im Banktresor. Sicherheitshalber, wie Kassels Bürgermeister und Kulturdezernent Thomas-Erik Junge (CDU) gestern den Stadtverordneten im Ausschuss für Finanzen, Wirtschaft und Grundsatzfragen erklärte. Denn die zum Weltdokumentenerbe erklärten Handexemplare der Grimms sind äußerst wertvoll. Geschätzter Wert: 30 Millionen Euro.
„Bollchen im Karlshospital-Thread“ schrieb:
Die Veranstaltung am Mi. 21.2. 07 … im Stadtmuseum“ …

Bericht Dr.Axel Halle:
Er berichtet ausführlich von den bekannten Qerelen um die Eigentumsrechte an den Grimm-Schwarten. Seine persönliche Verärgerung ist ihm direkt anzumerken. („mein bürgerliches Rechtsempfinden sagt mir….“). Er geht auf Fragen der Anwesenden im Einzelnen ein: die Handexemplare befinden sich in wenig gesicherten Räumen des Museums, in einem Gebäude, das im Wesentlichen zweiadrig elektrifiziert ist.“ Wenn sie wissen wollen, was das bedeutet , erwähne ich nur die Anna-Amalia-Bibliothek. Ich will Ihnen aber keine Angst machen“. Die aktuelle Verlustzahl beziffert er auf 1000 Bücher, also solche, die eigentlich der Uni-Bibl. gehören, sich aber in der Gewalt von Dr.L. befinden. Beifall.

Gibt es da irgendeinen Zusammenhang? Geht jetzt so langsam der Arsch auf Grundeis? Herr Junge, es wird noch frostiger, ziehen Sie sich schon mal warm an. Wer sich mit Leuten wie Lauer anfreundet braucht ein dickes Fell …

„Clarence“ schrieb:
Zur Erinnerung:
§ 246
Unterschlagung
(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.
(2) [color=red]Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.[/color]
(3) Der Versuch ist strafbar.[/quote]

„Ralph Hallstein“ schrieb:
HNA von Samstag schrieb:
Der am 17. Juli 1989 mit Lauer geschlossene Anstellungsvertrag enthält keine konkrete Arbeitsplatzbeschreibung.
Dazu der Bürgermeister: „Ich habe keinen Anlass, in irgendeiner Weise Herrn Lauer zu verdächtigen.“ Zwar räumte Junge ein, dass in den von Lauer formulierten Anträgen an die Unesco zur Anerkennung der Handexemplare als Weltkulturerbe die Grimm-Gesellschaft als Eigentümer genannt werde. Diese in englischer Sprache verfassten Schriftstücke müssten aber noch genau überprüft werden.
„Ich wundere mich, wie sie mit diesem Thema umgehen“, sagte dazu Bernd W. Häfner (FWG) an den Bürgermeister gewandt. Zumal „die Person Lauer“ auch in anderen Zusammenhängen in der Kritik stehe.
Herrn Häfner ist zuzustimmen: hat man vergessen, daß die Kritik an Lauer seinerzeit auch wegen des Zustandes des Museums einsetzte? Eine Kritik, die vor knapp einem Jahr noch von Junge geteilt wurde – ich erinnere an das berühmte Wort vom „Handgestrickten“. Was ist mit den Vorwürfen, Bestände des Museums und der Bibliothek kompetenten Benutzern vorzuenthalten? Und vergessen wir auch nicht, daß die ganze heute breit entfaltete Malaise ihren Ausgang in Lauers megalomanen Ansinnen nahm, auch noch die Präsidentschaft der BGG an sich zu reißen. Herr Junge – haben Sie ein kurzes Gedächtnis oder sind Sie voller pastoraler Naivität nicht in der Lage einzuschätzen, mit welcher Persönlichkeit Sie „große“ Kulturpolitik zu gestalten beabsichtigen ? Nur ein ganz klein wenig politischer Instinkt sollte Ihnen sagen, daß jetzt noch der Zeitpunkt vorhanden ist, sich von Lauer deutlich zu distanzieren.
Die Information über den Arbeitsvertrag macht zudem deutlich, daß hier einer machtbewußten Persönlichkeit die Möglichkeit geboten wurde, ihre Selbstentfaltung zu erproben. Das Resultat ist in jeder Hinsicht mager.
Und noch eine Frage an Herrn Junge: wer überprüft eigentlich den englischen Text – doch nicht etwa der polyglotte Freund Lauer ?

„Maki“ schrieb:
„Tiefblick“ schrieb:
HNA von Samstag schrieb:
kassel. Die alten Märchenbücher … 30 Millionen Euro.
„Bollchen im Karlshospital-Thread“ schrieb:
Die Veranstaltung am Mi. 21.2. 07 … Bericht Dr.Axel Halle: … Die aktuelle Verlustzahl beziffert er auf 1000 Bücher, also solche, die eigentlich der Uni-Bibl. gehören, sich aber in der Gewalt von Dr.L. befinden. Beifall. … dickes Fell …
Die Unterbringung der Grimm-Raritäten in einem Banksafe würde ich eher als symbolische Geste oder als Vorgaukelung von Handlungswillen ansehen. Denn dass die Bücher verschwinden, beschädigt oder zerstört werden, war zwar nicht auszuschließen (zumal angesichts des voriges Jahr im Bellevue bereits vorgefallenen Wasserschadens, über den der Öffentlichkeit nach wie vor nichts näheres bekannt ist, und des von Herrn Halle erwähnten Zustands der Elektroanlage).

Aber die tatsächliche akute Gefahr liegt doch anders, und davor verschließt der Bürgermeister Junge laut HNA-Bericht demonstrativ die Augen:
Wenn es in solch einem herausragenden Fall dazu gekommen ist, dass der von der Stadt bestellte Museumsleiter ihm anvertraute Bestände in seinem Ehrenamt als Geschäftsführer der Grimm-Gesellschaft zu deren Gunsten umzuwidmen versucht, also sie als deren Eigentum ausgibt und sie damit dem öffentlichen Eigentum entfremdet, auf was für Ideen mag er dann noch gekommen sein? Wie ist es um die Unterlagen im Grimm-Museum beschaffen, die Auskunft über die Herkunft und den Eigentumsstatus der anderen dort verwahrten Bestände geben? Ist seit Ende 2005, als der Skandal begann, etwas unternommen worden, um zu verhindern, dass dort Unterlagen beseitigt, Angaben verändert oder Bestände abtransportiert werden?
Man wird nicht alles, was belangvoll ist und der Öffentlichkeit gehört oder öffentliches Eigentum aktenkundig macht, in einen Banksafe schaffen können. Wichtig wäre, die Gefahr zu sehen, die hier von einer konkreten Person ausgeht, und ihr einen Riegel vorzuschieben

„Klaus Weltermann“ schrieb:
Hallo !
Die Frage des Bankschließfachs ist interessanter als sie auf den ersten Blick erscheint !
1. Ein Bankschließfach ist sicher ein guter Ort um die wertvollen Dokumente vor Eigentumsdelikten zu schützen. Ist es aber auch ein guter Ort um die Bücher vor dem Zerfall zu schützen ???? Die Bücher haben eine dreistellige Altersangabe ! Wie sieht es mit der Luftfeuchtigkeit dort aus, mit der Temperatur ???
Wie wird anerkannten Grimmforschern der Zugriff auf das anerkannte Weltkulturerbe ermöglicht????? Wäre das nicht angezeigt?
2. Die Handschriftenabteilung der Uni-Bibliothek hat Erfahrung mit der Be und Verwahrung von kostbaren Schriften. Warum wurde nicht der doch so kurze Draht zur UNI genutzt um hier eine professionelle und sichere Verwahrung zumindest vorübergehend sicherzustellen????? Könnte es mit der derzeitigen offenen Rechtsfrage zu tun haben???
Oder anders: Es ist scheinbar wichtiger Recht zu behalten, anstatt das Weltkulturerbe der Welt zu erhalten!
Die Werke könnten von der Uni aufbereitet werden und im Internet der Forschung zur Verfügung gestellt werden! Ein derartiges Ansinnen wurde ja schon von Dr. Halle angekündigt. Was ist aber wenn alle lesen können??? Verliert dann nicht ER seine Machtposition ????
3. Im Reiche des Kulturdezernenten scheint eine merkwürdige Denke zu herrschen !
Ein anerkanntes Weltkulturerbe der UNESCO darf frei bei IHM auf dem Schreibtisch liegen.
Erst wenn jemand bestätigt dass das Erbe 30 Mio EURO wert ist, und jemand nachfragt, kommt dieses nicht in eine adäquate Verwahrung – nein – es kommt dahin wo man 30 MIO aufbewahrt – zur Bank !!!! Unglaublich ! Nochmal : Dies alles geschieht nicht unter den Augen des Stadtkämmerers, sondern unter der Regie des KULTURdezernenten ! Könnte es sein dass der Mann vollkommen unfähig ist dieses Amt zu bekleiden????
Kulturdezernent Junge : Sechs, Setzen !
Einen schönen Sonntag wünscht
KW

Bonoboche, 25. Februar 2007