„Panzerschrank der Kasseler Sparkasse“
Sondierungen der dt. UNESCO-Kommission in Berlin
(KHM-Handexemplare Kassel)
(Grimmforum, 22. November 2007)

Die Kasseler HNA berichtet heute über den aktuellen Aufbewahrungsort der zum Weltdokumentenerbe der UNESCO gehörenden fünf Handexemplare der Grimmschen „Kinder- und Hausmärchen“:

a.

b.

Es handelt sich hier auch insofern um ein brisantes Thema, als die Zugänglichkeit für die Forschung und für die Öffentlichkeit ein wichtiges Kriterium bei der Aufnahme von Dokumenten in das UNESCO-Programm Memory of the World ist. Wie der HNA-Kommentar richtig bemerkt, sind die Handexemplare zur Zeit für niemanden xxxxxxxxxx – für die Öffentlichkeit nicht, und nicht für die Wissenschaft. (Wie erzählt wird, erklärte der Kasseler Kulturdezernent Thomas-Erik Junge im Oktober, eine Einsichtnahme in diese Bücher könne nur in seiner Begleitung erfolgen.)

Eine diskussionswerte Frage ist die Schätzung der Bücher auf 30.000.000 Euro. Dies scheint reichlich unrealistisch. Wer nahm diese Schätzung vor, was sind die Motive?

Der im Artikel der HNA genannte Vorsitzende des deutschen Nominierungskomitees für das UNESCO-Welterbe, Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard, war kürzlich in unserer Arbeitsstelle in Berlin zu Gast. Übrigens nicht im Auftrag des Landes Hessen, sondern zunächst eimal in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Nominierungskomitees, und dann auch im Einvernehmen mit Kassels Oberbürgermeister Bertram Hilgen. Das Ziel Prof. Leonhards war es, Alan Kirkness und mich für das im heutigen HNA-Artikel skizzierte Verfahren zu gewinnen, das man allerdings nicht als „Lösungsvorschlag“ bezeichnen kann. Verlangen es die Richtlinien des „Memory of the World“ doch, daß vor einer Aufnahme von Dokumenten in das Register rechtliche Gegebenheiten wie Eigentum, Besitz und Copyright festgestellt werden müssen. Ein Verfahren, das die Eigentümerfrage als ungeklärt und vorerst nicht klärbar hinstellt, entspricht diesen Richtlinien also nicht. Ohnehin ist die Eigentumsfrage ja bereits seit Monaten geklärt. Aufgrund des Vertrages zwischen Stadt Kassel und Land Hessen über die Gründung der Gesamthochschulbibliothek (1975) befinden die Bücher sich im Eigentum des Landes Hessen und gehören zu den Beständen der heutigen Universitätsbibliothek Kassel.

An einem bestimmten Punkt seines Gespräches mit uns nahm Herr Prof. Leonhard die Büsten der Brüder Grimm in den Blick und stellte die Frage, was die Brüder Grimm wohl zu den Debatten um ihr Erbe sagen würden.

Kaum etwas aus dem „Grimmzirkus“ der letzten zwei Jahre hätte die Brüder Grimm wohl so in Erstaunen versetzt wie die Tatsache, daß die fünf Märchenbücher aus ihrer Bibliothek im Jahr 2007 als 30 % des Eigenkapitals ihrer langjährigen Heimatstadt Kassel gelten.
Dieser Beitrag wurde vom Forumsadministrator im Hinblick auf die 2008 / 2009 stattgefundene juristische Auseinandersetzung um Äußerungen zu Zugangsverhältnissen für die Wissenschaft im Grimm-Museum Kassel teilweise unlesbar gemacht.


Berthold Friemel, 22. November 2007

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