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Grimm-Museum tw. gesperrt – Dauerausstellung geschlossen
(Grimmforum, Juli / August 2006)

Aus dem gerade in den letzten Tagen sehr aussagekräftigen und lesenswerten Forum der „Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen“ zum Thema Grimm / Kassel, http://forum.hna.de/forum/viewtopic.php ?id=800&p=160, übernehme ich folgende Nachricht von Ralph Hallstein, die insbesondere für all jene wichtig ist, die sich auf ihren Sommerreisen selbst einmal ein Bild von der Dauerausstellung des Brüder Grimm-Museums in ihrer jetzigen Form machen wollten:

Ralph Hallstein schrieb: In ihrer heutigen Ausgabe schreibt die FAZ (27.7.06) auf Seite 32 unter „Kurze Meldungen“:
Das Brüder-Grimm-Museum in Kassel ist wegen Statikproblemen teilweise geperrt worden. Das Holztreppenhaus des „Palais Bellevue“ aus dem achtzehnten Jahrhundert ist marode und muß renoviert werden. Dadurch kann die Dauerausstellung in den oberen Etagen nicht besichtigt werden, die Ausstellung über Frau Holle ist weiter geöffnet. F.A.Z.
Bereits vor einigen Monaten ist an dieser Stelle auf den ramponierten Zustand eben dieser Treppe hingewiesen worden – herzlichen Glückwunsch, daß die Bauaufsicht jetzt (nach fast einem halben Jahr!) Konsequenzen gezogen hat! Wir sehen: es bewegt sich in der Tat etwas. Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, daß die zuständigen Stellen den Zeitungstext auch metaphorisch verstehen werden und endlich einsehen, daß noch ganz andere Sachen in diesem Hause marode sind und nach Renovierung verlangen.

siehe mittlerweile auch den Bericht der HNA zum Thema:
http://www.hna.de/kasselstart/00_20060727193813_Alle_muessen_unten_bleiben.html

milatosSO36, 27. Juli 2006
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Sperrung auf unbestimmte Zeit

Wie die Kasseler Zeitung HNA heute berichtet, werden auch längerfristig nur das Erdgeschoss und die erste Etage des Palais Bellevue für das Publikum zugänglich sein (die Dauerausstellung des Grimm-Museums befindet sich bisher in der zweiten und dritten Etage). Bürgermeister T. E. Junge:

„Mir ist siedend heiß bewusst geworden, dass die Treppe große Menschenmassen, wie sie zur Museumsnacht erwartet werden, möglicherweise nicht mehr verkraftet“, sagt Bürgermeister Thomas-Erik Junge. Er ist nicht nur Kultur-, sondern auch Feuerwehrdezernent und hat die Prüfungen kurzfristig angeordnet. Auch wenn die kunstvolle Holztreppe über am Dach verankerte Stahlstangen zunächst gesichert werden soll – zur Museumsnacht am 2. September darf die Stiege laut Junge bis zur ersten Etage wieder betreten werden – mehr als 30 Menschen dürfen sich gleichzeitig nicht mehr auf ihr befinden. … „Die Gefährdung ist groß, es ist Eile geboten. Ich lasse zurzeit den Brandschutz prüfen.“ Da es ab dem zweiten Stockwerk keine Fluchtwege gibt, werden für längere Zeit nur die beiden unteren Etagen für Publikumsverkehr geöffnet.

http://forum.hna.de/forum/viewtopic.php?pid=20912#p20912

milatosSO36, 16. August 2006

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Alter Streit zwischen Grimm-Museum und Kasseler Bibliothek
(Grimmforum, 23. Juni 2006)

Ins HNA-Forum brachte der Disputierer mit Nickname "Froschkönig" einen Zeitungsartikel aus dem Jahr 1995 ein, der den bis heute ungelösten Streit um die alten Kasseler Grimm-Bestände behandelt. Ursprünglich (ab Gründung 1959) war das Grimm-Museum eine Einrichtung in der Bibliothek; seit der Trennung von der Bibliothek hält das Museum Bücher und Autographen aus Bibliotheksbesitz zurück und verbrachte besonders kostbare Teile der Bestände Mitte der neunziger Jahre in das Palais Bellevue, angeblich weil die räumlichen Verhältnisse im Bibliotheksgebäude die weitere Verwahrung der Sammlungen dort nicht gestatteten. Hier das interessante Dokument, O-Ton "Froschkönig" zunächst:

Meine Damen und Herren,
ich habe in meinem Brunnen ein vergilbtes Schriftstück nicht mehr ganz frischen Datums gefunden. Ob sich das damals Vorgefallene in Wohlgefallen aufgelöst hat? Wer kann Kunde geben? Wie ging das Märchen aus?

HNA v. 11.12.95 schrieb:

Wenn das die Brüder Grimm wüssten*

Um 900 Bücher rund um das Werk der Brüder Grimm streiten Hochschulbibliothek und Brüder-Grimm-Museum anscheinend seit Jahren. Jetzt ist das Gerangel erneut eskaliert.

Kassel. Ungeklärte Besitzansprüche, Mahnverfahren, Fristversäumnisse, Ausschlussverfahren und offenen Gebührenrechnungen von einigen tausend Mark sind das derzeitige Ergebnis einer offenen Rechnung zwischen Land Hessen und Stadt Kassel, genauer gesagt, der Hochschul-Bibliothek in Trägerschaft des Landes und des städtischen Grimm-Museums. Das Objekt der beiderseitigen Begierde sind rund 900 Bücher von den Brüdern Grimm, über sie und ihr Werk.

Diese so genannte *Grimmiana" beanspruchen sowohl die Hochschulbibliothek als auch das Brüder-Grimm-Museum im Palais Bellevue für ihre Bestände. Derzeit stehen die teilweise wertvollen Handschriften und Erstausgaben im Archiv des Museums – ausgerechnet im Gebäude der Murhardschen Bibliothek, die zur Hochschulbibliothek gehört. Dort sind sie zwar allgemein zugänglich, aber "unrechtmäßig" untergebracht, sagt Dr. Hans-Jürgen Kahlfuß, Leiter der Hochschulbibliothek. 1975 wurden die Landesbibliothek und die Murhardsche mit der Hochschulbibliotehk zusammengelegt. Damit traten neue Eigentumsverhältnisse in Kraft.

Für die Bestände der Murhardschen, inklusive der jetzt umstrittenen *Grimmiana" bedeutete das: Sie bleiben im Eigentum der Stadt, werden aber in die Verwaltung, der Hochschulbibliothek, also des Landes, übergeben.

Die Stadt habe damals erklärt, die *Grimmiana" dem Brüder-Grimm-Museum zuordnen zu wollen und nicht der Hochschule, meint dagegen Joachim Ebel, Leiter des städtischen Kulturamts. *Absichtserklärungen, die aber nie realisiert wurden", hält Kahlfuß dagegen. Trotz diverser Gespräche auf höherer Ebene scheint bis heute ungeklärt, wer nun den Bücherschatz rechtmäßig verwaltet. Derweil wird hinter den Kulissen kräftig gezerrt und geschoben.

Ein neues Kapitel im Bücherstreit begann 1984.

Die Bestände der Hochschulbibliothek wurden datenmäßig erfasst und katalogisiert. "Auch die Grimmiana", erinnert sich die Museumsangestellte Ursula Roggensack. Um den besonderen Schatz auf einen Blick von allen anderen bereichen unterscheiden zu können, seien den Büchern gelbe Schilder auf den Rücken geklebt worden – auf Anweisung der Bibliotheksleitung. Diese Kennzeichnung hielt der Dauer des Streits nicht stand, viele Aufkleber lösten sich, ließen nur wenige Klebereste auf den Rücken zurück. Jetzt schritt man seitens des Museums zur Tat und drückte den Büchern kurzerhand den eigenen Stempel auf. Solches Treiben empörte wiederum die Bibliotheksleitung.

Großzügig hatte man den ganzen Bestand nach der Erfassung 1984 auf einem Ausweis zur Dauerausleihe dem Grimm-Museum überlassen. Das Museum habe diese großzügige Geste damit beantwortet, dass man Bücher auch dann nicht herausgab, wenn sie per Fernleihe angefordert wurden, beklagt Kahlfuß. Stimmt nicht, kontert man seitens des Museums. "Die Bücher gehen bei Nachfrage in die Ausleihe und sind im übrigen jedem zugänglich" so Roggensack. Seit neuestem allerdings kämen ausgeliehene Grimmiana auf Anweisung der Bibliotheksleitung nicht wieder zurück ins Museum, so sei der Sachverhalt.

Inzwischen sind die Museumsleute von der Benutzung der Hochschulbibliothek ausgeschlossen. Als oberster Bibliothekar verweist Kahlfuß auf die Benutzerordnung: Ausleihfristen überzogen, Mahnverfahren missachtet, mithin ständig gegen die Benutzungsordnung verstoßen, also alle Bedingungen erfüllt, nach § 13 von der Benutzung der Bibliothek ausgeschlossen zu werden. *Nur, damit die Verhältnisse mal grundsätzlich geklärt werden", sei man jetzt so streng vorgegangen, erklärt Kahlfuß.

Jetzt soll ein Gespräch zwischen dem Präsidenten der Hochschule, Prof. Hans Brinckmann, und Oberbürgermeister Georg Lewandowski den Bücherstreit beenden. Ob die jetzt neue Bändchen kleben oder noch einen Stempel anbringen lassen, darf mit Spannung erwartet werden. Die ältesten und wertvollsten Stücke des Bestandes blieben von solcherlei Maßnahmen übrigens bis heute gänzlich verschont, denn sie waren zum Zeitpunkt der Erfassung zur Ausstellung ausgeliehen.

Bonoboche, 23. Juni 2006

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Kritik an Grimm&Kassel un-anonym und auf den Punkt
Grimm / Kassel im HNA-Forum
(Grimmforum, 23. Juni 2006)

In den letzten Tagen wurde im Kasseler „Extra-Tip“ und durch den dortigen Kulturbürgermeister Junge neuerlich behauptet, die an den Kasseler Grimm-Zuständen und an der Person, die sie vor allem zu verantworten hat, geübte Kritik sei nicht nachvollziehbar, nicht nachprüfbar oder disqualifiziere sich durch Anonymität. Indessen werden diese Auseinandersetzungen ja sehr sichtbar zwischen Personen und Personengruppen ausgetragen und werden – aus guten Gründen und nach den Gepflogenheiten dieses neuen Mediums – in zwei Internet-Foren kritisch begleitet. Es scheint mir angemessen, konkrete Kritikpunkte zusammenzutragen, die ganz offen, keineswegs aus einem anonymen Dunkel vorgebracht wurden, um den durchsichtigen Abwehrstrategien den Boden zu entziehen. Zunächst zitiere ich den „Extra-Tip“ (21. 6. 2006):

Was man dem überaus aktiven Museumschef eigentlich genau vorwarf, das konnte nie richtig geklärt werden. Da wurde eher mit Unterstellungen und Vermutungen gearbeitet, konkrete Nachweise fehlten komplett. … Die hartnäckigsten Gegner von Dr. Bernhard Lauer sind ja nie aus dem Schutz der Anonymität hervorgetreten.

Die HNA in einem Internet-Beitrag vom 21. zitiert den Kasseler Kulturbürgermeister Junge:

„Die Arbeit von Dr. Lauer wird anerkannt“, sagt Junge. Die Vorwürfe gegen den Museumsleiter seien nicht nachprüfbar.

Dazu ist festzustellen: Kritik ist seit Monaten detailliert vorgetragen worden, öffentlich und nichtöffentlich. Die Kritikpunkte wurden mit zahlreichen Beispielen und Nachweisen versehen. Die Kasseler Reformgruppe kann Zeugen für Missstände wie Mobbing und das Xxxxxxxxxxxx von Beständen beibringen, sofern die Kasseler Stadtregierung diese Möglichkeit hätte in Anspruch nehmen wollen. Scharfe Kritik wurde vielfach frank und frei vorgetragen. Einige Beispiele:

Frau Prof. Dr. Claudia Brinker-von der Heyde, Professorin für mittelalterliche deutsche Literatur an der Universität Kassel, Mitglied des Wissenschaftlichen Rats der Brüder Grimm-Gesellschaft:

… was Herrn Lauer auszeichnet: dass er immer nur seine Position sieht und immer alles sofort abqualifiziert, was von einer Seite kommt, die nicht mit seiner Arbeit vollständig einverstanden ist. im DeutschlandRadio Kultur, 5. 5. 2006

Herr Prof. Dr. Alan Kirkness, emeritierter Professor für Germanistik und für linguistische Methodik aus Auckland, Neuseeland, u. a. Mitarbeiter am „Deutschen Fremdwörterbuch“ des IDS Mannheim, langjähriges Mitglied der Brüder Grimm-Gesellschaft, Experte für die Geschichte des Grimmschen Wörterbuchs:

Daß die Kasseler Bestände ohne Wenn und Aber allen Grimm-Forschern zugänglich gemacht werden, ist eine Selbstverständlichkeit. Daß dies jedoch in der jüngeren Vergangenheit xxxxx immer xxxx xxx xxxxxx der Fall gewesen zu sein scheint, wie aus Forenbeiträgen hervorgeht, xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx. Hier sind m. E. auf der Mitgliederversammlung dem bisherigen Vorstand harte Fragen zu stellen, die eine Antwort verlangen. Hier tut eine neue, ganz andere Praxis bitter not. in grimmforum.de, 24. 4. 2006

Herr Prof. Dr. Heinz Rölleke, Forscher zu den „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm mit ausgezeichnetem internationalem Ruf, Grimm-Preisträger 1999, Mitglied des Wissenschaftlichen Rats der Brüder Grimm-Gesellschaft

Meine Damen und Herren, auf der schön gestalteten Einladung zu dieser heutigen Veranstaltung … ist ein altes Möbelstück abgebildet, ein Sekretär im Stil des frühen 19. Jahrhunderts. Ich weiss nicht, ob die Gestalter dieser Karte damit ein wenig einem Irrtum aufgesessen sind oder ob sie in sehr subtiler Ironie auf einige Gegebenheiten in und im Umfeld der Kasseler Brüder Grimm-Gesellschaft anspielen wollten. … Denn: Dieses Möbelstück ist seit knapp sechs Jahren weltberühmt. Seine Abbildungen zieren Hunderte Fotoalben, vor allem auch in Japan und den USA, mit Reiseandenken. Unter anderem dieser Sekretär vertrat nämlich auf der Expo in Hannover das Land Hessen und seine Kultur. Er war von der Brüder Grimm-Gesellschaft als Märchenschreibtisch der Brüder Grimm, sozusagen als das kostbarste Möbelstück aus der Grimmschen Märchenwerkstatt, identifiziert, angepriesen und eben auch nach Hannover herumgereicht worden. Nun wissen wir alle, dass sich an das Gedenken an die Märchen-Brüder Grimm mehr erfundene Märchen geheftet haben als sonst schon allenthalben im kulturgeschichtlichen Erinnern üblich. Doch die meisten dieser bestenfalls gut gemeinten, jedenfalls seriöse Interessenten irreführenden Erfindungen gehen aufs Konto der Manager der sogenannten Märchenstraße oder lokaler Kulturstätten, die nicht auf Genauigkeit aus sind, sondern auf Attraktion, und die gern für eine Steigerung der Touristenzahlen ihre Seele verkaufen. Hier aber hat sich die Brüder Grimm-Gesellschaft, die nach dem Wortlaut ihrer Satzung eine internationale wissenschaftliche Gesellschaft ist, die wissenschaftliche Zwecke verfolgt, mit einem zumindest fahrlässigen Irrtum vor aller Welt geoutet. Der in Frage stehende Sekretär wurde nach nicht zu bezweifelnder Familientradition im Jahr 1837 durch Ludwig Hassenpflugs, des vormaligen Schwagers der Brüder Grimm, zweite Gattin, Agnes von Münchhausen aus Rinteln, in die Ehe eingebracht. Vor einiger Zeit ist er dem Kasseler Grimmmuseum durch Frau Dr. Hassmüller aus Freiburg zum Geschenk gemacht worden. Ob dieses harmlose Möbelstück, das auf jeden Fall direkt überhaupt nichts mit den Brüdern Grimm zu tun hat, nun aus Unkenntnis oder in bewusster Irreführung falsch deklariert und zu einer kostbaren Reliquie aus dem Märchenhaus und aus dem Nachlass der Brüder Grimm hochstilisiert und gehandelt wurde, steht dahin. Beides ist in meinen Augen nicht recht entschuldbar. bei einem Vortrag in Kassel, 28. 4. 2006, Mitschnitt vorh. in Uni-Bibliothek Kassel; zu der genannten Einladung und zum Exponat „Märchenschreibtisch“ siehe http://www.grimmnetz.de/wp/2020/12/10/2347/

Herr Prof. Dr. Klaus Siebenhaar, Ausstellungs- und Theaterexperte, gebürtiger Kasseler, Professor für Kulturmanagement in Berlin:

Die Grimms und Kassel sind von außen betrachtet ein drittklassiges Trauerspiel oder ein bitteres Lehrstück kultureller Krähwinkelei. Keine Frage, die Grimms sind und bleiben ein kultureller Exportschlager und ein unvergleichliches Erbe. Wer aber die Weltmarke Grimm für sich reklamiert, muss international Erstklassiges bieten. Beispielsweise – und da beginnt das Elend – eine Ausstellung, eine Präsentation und Visualisierung des Grimmschen Erbes mit dem Zentralbereich Märchen auf höchstem Standard. Und das heißt: konzeptionell-didaktisch, ausstellungsästhetisch und -medial auf internationalem Museumsniveau, wie es einer Weltmarke gebührt. Nichts davon ist in Kassel sicht- und spürbar … Das Weltkulturerbe der Grimms verdient eine andere Pflege und Darstellung, sonst muss man sich nicht wundern, wenn andere dieses Erbe antreten oder längst angetreten haben. im Lion’s Club Kassel, Anfang 2006; Volltext wurde von der HNA veröffentlicht

Die Zusammenstellung lässt sich leicht ergänzen, aber für’s erste dürfte es wohl zur Anregung der Diskussion ausreichen, sich diese vier Zitate noch einmal genau zu überlegen. Ich rufe zur Ergänzung der Sammlung auf. Das in Kassel kursierende Windfuhr-Papier zur Qualität der Ausstellungsarbeit im BGM wäre es auch wert, zumindest in Auszügen noch einem größeren Personenkreis bekannt zu werden (mir liegt es z. Z. nicht vor).

Dieser Beitrag wurde vom Forumsadministrator im Hinblick auf die 2008 / 2009 stattgefundene juristische Auseinandersetzung um Äußerungen zu Zugangsverhältnissen für die Wissenschaft im Grimm-Museum Kassel teilweise unlesbar gemacht.

milatosSO36, 23. Juni 2006
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Im Leserforum der „Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen“, der einzigen ernstzunehmenden eigenständigen Zeitung in Kassel, besteht seit Anfang Februar ein Thread, der sich auf eine witzig-ironische, in den vertretenen Anliegen aber zumeist ernsthafte Weise mit den krisenhaften Entwicklungen der letzten Monate um das Brüder Grimm-Museum und die Brüder Grimm-Gesellschaft Kassel auseinandersetzt (http://forum.hna.de/forum/viewtopic.php?id=800). Der Thread mit fast 1.900 Beiträgen und weit über 46.000 Zugriffen ist wohl das Thema, das in dem Kasseler Forum bisher das größte Interesse gefunden hat und damit Bürgermeisterwahl, Flughafenausbau Calden, Gestaltung von Königsplatz und Bahnhofsvorplatz usw. spielend überholte. Auch in der Geschichte des Grimm-Gedenkens und der Grimm-Forschung wird dieser Thread mehr als eine Fußnote sein, und daher möchte ich vorschlagen, die dortigen Erörterungen hier in konzentrierter Weise zusammenzufassen und als Bezugstexte für die Zukunft verfügbar zu machen. Denn in Wirklichkeit ist der Reformbedarf bei den Kasseler Grimm-Institutionen ja unverändert, und die Wahlentscheidung der BGG vom 6. 5. ist nur ein Aspekt der Sache; auch die Wahlentscheidung ist vielleicht keine so eindeutig „konservative“ wie zunächst gedacht; andere parallel verlaufende Entwicklungen verweisen nach wie vor in ganz andere, durchaus zukunftsträchtige Richtungen. In jedem Fall ist ein Dreivierteljahr nach dem Zutagetreten der Kasseler Probleme eine bereits deutlich veränderte Situation entstanden.

Zu dem Zweck, eine Zusammenfassung des Kasseler Threads hier zu beginnen, habe ich als eine der dort diskutierenden „Personen“ mich nun auch hier im Grimmforum registriert. Es scheint mir lohnend, sich gemeinsam darum zu bemühen, den Verlauf der Diskussionen in dem Kasseler Forum hier so zu rekonstruieren, daß man sich ohne zu großen Zeitaufwand ein Bild machen kann. Der Humor und die Vielfalt der Kasseler Diskussionen sollten dabei erhalten bleiben. Wo es inhaltlich dazugehört, sollten auch Beiträge aus den dortigen Diskussionen zu den Themen „Märchenwunderland“ und „Museumslandschaft“ einbezogen werden. Mein Vorschlag wäre, daß wir der Chronologie folgen und der Zeitbezug der einzelnen Beiträge immer möglichst sichtbar gemacht wird. Es wird nötig sein, dabei etwas zu experimentieren, und vielleicht können die Moderatoren des Forums Unterstützung leisten, wenn es nötig werden sollte, diesen Thread später zu straffen, denn das Ausmaß des Kasseler Originals sollte er nicht annehmen. Diskussionen über die Gestaltung dieses Zusammenfassungs-Threads kann man vielleicht in einem eigenen weiteren Thread führen und sich hier nur auf die möglichst zutreffende Zusammenfassung des Kasseler Hergangs beschränken.

Bonoboche, 4. Juni 2006
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Der Thread im HNA-Forum wurde am 6. Februar von einem Teilnehmer namens „Grimmig“ eröffnet, nachdem zuvor in dem Anzeigenblatt „Extra Tip“ zwei deutlich von B. Lauer inspirierte Beiträge erschienen waren, mit denen die bisherigen Zustände in Grimm-Gesellschaft und Grimm-Museum verteidigt werden sollten. Im ersten dieser Beiträge (vom 1. 1.) hieß es:

Klaus Becker schrieb am 1. 1. 06
Polit-Intrigen in Grimm-Gesellschaft Kampagne gegen den anerkannten Experten und Museumsleiter Dr. Lauer – SPD-Mann soll an die Spitze
Um ihr stolzes Erbe geht es: Jakob (rechts) und Wilhelm Grimm. Foto: privat

Sie ist eine Gesellschaft, die einen der größten Schätze Kassels hütet: die Erinnerung an die legendären Brüder Grimm. Die nicht nur als Märchensammler Weltruhm für ihre nordhessische Heimat sicherten, sondern auch als herausragende Wissenschafter im internationalen Gedächtnis weiterleben. Anerkannt von internationalen Organisationen wie der UNESCO, respektiert praktisch in allen Ländern, in denen sie ihre Kenntnis über Sprachen und deren Herkunft auf sicheres, wissenschaftliches Niveau hoben. Nur die nach ihnen benannte Brüder Grimm-Gesellschaft in Kassel scheint nicht zur Ruhe zu kommen. Dort droht jetzt eine Gefahr, die man lange von der Gesellschaft fernhalten wollte: Sie wird hineingezogen in politische Querelen.
Von KLAUS BECKER
KASSEL – Als neuen Präsidenten der Brüder Grimm-Gesellschaft möchte OB Bertram Hilgen ausgerechnet den Vorsitzenden des Kulturforums der Kasseler SPD durchsetzen, den früheren Uni-Präsidenten Hans Brinkmann. Der außer seiner parteipolitischen Qualifikation in Sachen Grimm bisher nicht in Erscheinung getreten ist.
Das Ganze läuft Hand in Hand mit einer massiven Kampagne gegen den Direktor des Brüder Grimm-Museums in Kassel, Dr. Bernhard Lauer. Der hat sich in den letzten Jahren mit unermüdlichen Fleiß – manche sagen sogar mit ausgesprochener Besessenheit – um das Thema ,Brüder Grimm‘ gekümmert. Fast 100 Publikationen aus seiner Feder sind in dieser Zeit zu den Grimms erschienen. Auch international hat sich Dr. Bernhard Lauer einen Namen gemacht. Zuletzt präsentierte er im spanischen Malaga eine Ausstellung über die Brüder Grimm, die große Anerkennung findet. Neben seiner intensiven Kenntnis über Leben und Werk der Brüder Grimm zeichnet sich Dr. Lauer wie die berühmten Brüder durch eine ausgesprochene Sprachen-Begeisterung aus. Kaum eine der großen Kultursprachen, in denen er nicht über die Brüder Grimm referieren kann. Selbst Japanisch hat er gelernt, um dem großen Interesse an den Brüdern in diesem fernöstlichen Land gerecht zu werden. Doch in Kassel selbst – der Prophet gilt bekanntlich am wenigsten im eigenen Lande – wird er angefeindet. Der Hauptvorwurf: Dr. Lauer „monopolisiere“ die Erinnerung an die Brüder Grimm, lasse andere nicht zum Zuge kommen. Der kann die Vorwürfe leicht zurückweisen: Unter seiner Verantwortung sind fast 100 Publikationen zum Thema Grimm erschienen, an denen zahlreiche Autoren beteiligt waren. Der Direktor des Brüder Grimm-Museums hat immer dafür gesorgt, möglichst viele andere Wissenschaftler mit einzubeziehen. Allerdings, daraus macht er keinen Hehl, verlangt er einen gewissen Einsatz und ein gewisses Niveau. So kann er zum Beispiel die Vorwürfe aus den Reihen von Kasseler Universitäts-Lehrern nicht verstehen, er xxxxxxxxx diese in ihrer Arbeit. Wer auf ihn zukomme, dem helfe er: Eine Erfahrung, die auch viele Journalisten bestätigen können, die von Dr. Lauer immer intensiv und ausgiebig mit Material versorgt wurden. Bedauerlicherweise sei aus den Reihen der Kasseler Universität bislang das Thema ,Brüder Grimm‘ zu selten aufgegriffen wurden. Sonst hätte er natürlich selbstverständlich gern auch diese Arbeiten unterstützt.
Beobachter vermuten, dass hinter der neuesten Kampagne gegen den Grimm-Experten Dr. Lauer ein Gegner aus der Brüder Grimm-Gesellschaft steht. Wolfgang Windfuhr, früherer Landtags-Vizepräsident der CDU und mehrere Jahre Präsident der Brüder Grimm-Gesellschaft. Er hat es bis heute nicht verwunden, dass die Grimm-Gesellschaft ihn nicht bedingungslos unterstützt hat und er deshalb zurücktreten musste. Beobachter sehen inzwischen eine seltsame Koalition. Dort der Mann des konservativen Lagers, auf der anderen Seite OB Bertram Hilgen, der seinen Kandidaten Hans Brinkmann in das Amt des Präsidenten hieven möchte. Was den für diese Aufgabe auszeichnet, können nur wenige sehen. Als Uni-Präsident hat sich Brinkmann nicht für die Grimms ausgezeichnet. Er sich nicht auch nicht mit Ruhm bekleckert in seiner Rolle als einer der Haupt-Initiatoren von Kassels privater Uni ,KIMS‘. Denn die musste bekanntlich mit beträchtlichen Schulden den Betrieb aufgeben. Eine Entwicklung, die Brinkmann offenkundig lange verborgen blieb. Jetzt möchte ihn OB Hilgen gern als Präsidenten der Grimm-Gesellschaft. Der frühere Uni-Präsident hat sich stets durch Sympathie zum früheren abgewählten OB Bremeier bemerkbar gemacht. Und man vermutet, dass er als Vorsitzender des Kulturforums der Kasseler SPD jetzt weitere Qualifikationen braucht, nachdem das Unternehmen ,KIMS‘ so kläglich gescheitert ist.
Hand in Hand mit dem Plan, Brinkmann in der Grimm-Gesellschaft durchzusetzen, läuft der Versuch, den anerkannten und renommierten Wissenschaftler und Museumsleiter Dr. Bernhard Lauer abzusägen. Er soll sich aus allen Gremien der Gesellschaft zurückziehen, so lautet die kategorische Forderung aus dem Rathaus. Eine Forderung, die Grimm-Begeisterte nur mit Fassungslosigkeit zur Kenntnis nehmen. Offenkundig soll die Grimm-Gesellschaft politisiert werden. Und der Sozialdemokrat Brinkmann, mit der ,KIMS‘ gescheitert, soll als Präsident durchgesetzt werden. (Zitat: Extra-Tip Kassel vom 1. 1. 2006, hier nach der Online-Ausgabe)

Am 29. Januar legte das Blatt nach, wiederum mit einem Beitrag von Klaus Becker, der mit B. Lauer seit den Zeiten der Veranstaltungsgesellschaft „200 Jahre Brüder Grimm“ (1985 / 86) zusammenarbeitet:

Klaus Becker schrieb am 29. 1. 06

(Bild- und Textzitat: Extra-Tip Kassel vom 29. 1. 2006)

Das Erscheinen dieses „Extra-Tip“-Beitrags war Anlaß für rege Diskussionen, die zunehmend nicht nur in privaten Kreisen, sondern auch im Internet geführt wurden, zum Beispiel auch im Grimmforum. In Kassel war dies der Zeitpunkt, als nach Meinung des HNA-Lesers „Grimmig“ das Faß übergelaufen war und er am 3. 2. seinen bis heute so sehr besuchten Thread eröffnete (http://forum.hna.de/forum/viewtopic.php?id=800&p=1):

Grimmig schrieb am 3. 2. 06: Der Kasseler Extra-Tip hat nach eigenen Recherchen und in Zusammenarbeit mit dem Direktor des Brüder-Grimm-Museums in Kassel, Bernhard Lauer, herausgefunden: Herr Lauer ist der GröForZ – der größte Forscher aller Zeiten – und Auffinder Büchern, die niemand vorher aufzufinden wusste. Jede Kritik an dem zugegebenermaßen merkwürdigen und leicht überdrehten Forscherverständnis wird als Intrige gekennzeichnet und durch den GröHaz – den größten Herausgeber aller Zeiten – Klaus Becker in die Welt hinausposaunt. Vertreter der Uni Kassel hat man bereits in der Brüder-Grimm-Gesellschaft den Stuhl vor die Tür gestellt und sie öffentlichkeitswirksam als Intriganten und Nichtsnutze (bezüglich der Grimmforschung) gebrandmarkt und im Sinne moderner Anprangerung der Lächerlichkeit preisgegeben.

Mit der Extra-Tip-Meldung vom letzten Sonntag scheint jedoch das Fass übergelaufen zu sein: Zumindest für die bundesdeutschen Grimmforscher, basiert der Artikel doch auf einer Lüge. Dennoch – nicht alle werden wach: Die Stadt Kassel und „Mitinhaber“ und „Chef“ des Brüder-Grimm-Museums / der Brüder-Grimm-Gesellschaft haben einen Burgfrieden verordnet – aus politischen Gründen, stehen doch demnächst Kommunalwahlen auf dem Programm. Und so haben zur Zeit weder OB Hilgen, noch Bürgermeister Junge ein Interesse an öffentlicher Aufruhr. Und die würde sich sofort einstellen, wenn der Dienstherr seinem Angestellten mal die Leviten lesen und Konsequenzen aus derartigem Verhalten ziehen würde. Fazit: Es geht kaum jemandem um das Brüder-Grimm-Museum, sondern lediglich um die eigenen Interessen. OB Hilgen sieht die SPD im Aufwind, verordnet Stillschweigen und sieht zu, wie sein Parteigenosse und designierter Nachfolger im Amt der Brüder-Grimm-Gesellschaft, Brinkmann, öffentlich demontiert wird. Der Bürgermeister und Kulturdezernent Junge hingegen mag sowieso keinen Stress und pflegt die Vorurteile derjenigen, die in dem Theologen eher einen zweiten Pfarrer Fliege als einen Politiker mit Weit- und Durchsicht sehen.

Die Knallhütter Brauerei im Landkreis kocht ihr eigenes Süppchen – hier gibt es keine Parteifreunde mehr, sondern es zählt nur noch das Geschäft – und so distanziert sich der Knallhüttenchef und SPD-Mitglied Bettenhäuser von seiner eigenen Partei und hofft auf weiteren Umsatz unter dem Märchenmann Lauer – das Schneewittchenbier muss schließlich unter das Volk. Übrigens auch der Stahlschrott von Kettensägen-Ricky, dessen Skulpturen sich in Kassel mittlerweile weiter Verbreitung erfreuen – Lauer sei Dank. Und so avanciert Ricky Weber auch schon mal zum lautstarken Sprachrohr Lauers – wie z. B. auf der letzten Versammlung der Brüder-Grimm-Gesellschaft – und bügelt die Lauerkritiker mit unterstem „Fullebrüggen“-Jargon nieder.

Das Brüder-Grimm-Museum und die Brüder-Grimm-Gesellschaft sind zu Versorgungsträgern verkommen. Zu Versorgungsträgern einiger lauerfreundlicher Mitläufer, die sich auf Kosten des kleinen Mannes – dem Steuerzahler mithin – ihre Schäflein ins trockene bringen, sekundiert von einer Zeitung, die ja – wohlgemerkt – kein Geld kostet und sich aus Anzeigen finanziert – ein Schelm, wer Böses dabei denkt …

Anmerkungen: Buch oben im Bild: nicht die Krakauer DWB-Handexemplare, sondern im BGM Kassel befindliches Handexemplar der Märchen;
OB Bertram Hilgen, gewählt 2005 = SPD;
Bürgermeister Thomas-Erik Junge, verantwortlich für Kultur und schon länger amtierend = CDU;
Frank Bettenhäuser = Inhaber von Brauerei und Restaurant Knallhütte bei Kassel (aus der Inhaberfamilie stammte die Grimmsche Märchenbeiträgerin Dorothea Viehmann);
Kettensägen-Ricky = Reinhold Weber, Skulpturenkünstler in Kassel, stellte in Kassel in Zusammenarbeit mit dem BGM und mit der Firma Truss Haustechnik mehrere großformatige Zinkplastiken auf, die von Grimmschen Märchen inspiriert sind;
Fullebrüggen-Jargon: bezieht sich auf die Örtlichkeit „Fuldabrücke“ am Rand der Kasseler Altstadt, von „Grimmig“ am 26. 2. im HNA-Forum, # 317, noch folgendermaßen erklärt: „Fullebrüggenschbroche ist Kasselänisch auf Ephesus und Kupille Niveau. Ach ja – für die ‚Nichtkasseler‘: Fullebrüggenschbroche ist Kasseler Dialekt, der von den einfachen Leuten gesprochen wird / wurde. Für Nicht-Kasseler mag diese derb-deftige Sprache (hör moh Henner, host’se denn nit mähr alle, ahle Schlagge) als sehr beleidigend empfunden werden. Die ‚Neu-Fullebrüggenschbroche‘ weist weniger Dialekt auf, dafür wirkt sie in hochdeutscher Form sehr aggressiv und ist als Soziolekt auf einen bestimmten Gebrauchsraum beschränkt. Bei Missachtung dessen, kann es leicht zu Irritationen kommen, vor allem in Kombination mit erhöhter Lautstärke. So konnte bei vielen Teilnehmern der letzten GG-Versammlung der Eindruck entstehen, dass aus einer bestimmten Ecke eine Art ‚Niederbrüllkommando‘ eingesetzt wurde, wobei der Kasseläner an sich sofort erkannt hätte, dass es sich dabei lediglich um normales Rumpöbeln handelte. Ich hoffe, die Frage einigermaßen beantwortet zu haben.“

Dieser Beitrag wurde vom Forumsadministrator im Hinblick auf die 2008 / 2009 stattgefundene juristische Auseinandersetzung um Äußerungen zu Zugangsverhältnissen für die Wissenschaft im Grimm-Museum Kassel teilweise unlesbar gemacht.

Bonoboche, 4. Juni 2006

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Grimm-Gesellschaft Kassel in der Verantwortung
Dieter Staubach neuer Präsident
(Grimmforum, April-Juni 2006)

Das Forum der „Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen“, http://forum.hna.de/forum/viewtopic.php?pid=12197#p12194, enthält heute einen meines Erachtens sehr klugen Beitrag über die Brüder Grimm-Gesellschaft Kassel. Der Autor, Ralph Hallstein, weist vollkommen richtig darauf hin, dass die Verantwortung für die Zukunft der Grimm-Aktivitäten in Kassel zum großen Teil bei den Mitgliedern dieser Gesellschaft liegt. Aus persönlicher Erfahrung gibt er den Eindruck wieder, dass manche Mitglieder die während der letzten Monate zutagegetretenen Ungereimtheiten und Missstände eher verdrängen, wenn sie sie nicht gar als „Schlitzohrigkeit“ im Interesse der Kasseler Grimm-Interessen beschönigen (dabei wäre dann wohl an die Unterschiebung eines Möbels, das die Grimms bestenfalls ab 1837 vereinzelt und kurz bei Hassenpflugs gesehen haben könnten, als ‚Grimm-Schreibschrank‘ [Expo 2000, jetzt Japan-Tournee] oder die nicht erschienenen, aber als verfügbar bekanntgemachten Veröffentlichungen zu denken usw. usf.; beides wurde im Forum der HNA sehr ausführlich diskutiert).
Den heutigen Beitrag aus dem HNA-Forum zur Stimmungslage in der Grimm-Gesellschaft möchte ich ins Grimmforum übertragen, um Mitglieder der Grimm-Gesellschaft und interessierte Nichtmitglieder auch hier einzuladen, diese Einschätzung zu überprüfen und die unterschiedlichen Entscheidungsmöglichkeiten zu diskutieren. Denn in den nächsten Tagen ist ja damit zu rechnen, dass der amtierende Rumpf-Vorstand die Unterlagen zur Wahlversammlung an die Mitglieder versendet.

Aus dem Beitrag von Ralph Hallstein über die Stimmungslage in der Grimm-Gesellschaft

Um es vorweg zu sagen: ich bin nicht Mitglied der BGG und verfolge als (kultur)interessierter Kasseler Bürger das HNA-Forum seit Wochen mit Interesse und auch Vergnügen.
In meinem Bekanntenkreis befindet sich ein Ehepaar, das seit Jahrzehnten Mitglied der Gesellschaft ist und ich sprach dieses auf die laufenden Vorgänge an. Erstaunlicherweise waren beide eher unberührt von den massiven, aber für Außenstehenden doch plausibel vorgetragenen Vorwürfen gegen Dr.Bernhard Lauer. Mit der fragwürdigen Qualität des Museums wollten sie sich gar nicht auseinandersetzen, sondern zogen sich auf die Position „woanders ist es auch nicht besser“ zurück.Die gravierenden Vorhaltungen hinsichtlich der – vorsichtig ausgedrückt – „inszenierten Gelehrsamkeit“ des Museumsleiters wurden in ihrem Gehalt und ihrer Bedeutung gar nicht verstanden.
Im Gegenteil: Lauers Verhalten erscheint als Ausdruck einer gewissen Schlitzohrigkeit und Cleverness, die insgeheim bewundert wird.
Muß ich befürchten, daß diese Haltung für die Mehrheit der Mitglieder repräsentativ ist? Ich kann nicht die Motivation beurteilen, Mitglied der BGG zu werden. Meiner Beobachtung nach spielen Motive der Heimatverbundenheit (Grimm=Kassel) und das Interesse an Märchen eine zentrale Rolle, wobei die Beschäftigung mit komplexeren Fragen, wie etwas Editionswissenschaft und Philologie eher als marginal, ja lästig angesehen wird.
Daß die BGG als Verein offensichtlich eine ganz spezielle Institution ist, ersehe ich aus dem merkwürdigen Verhalten Dr.Lauers und des Restvorstandes.
Angesichts solch massiver Vorwürfe, wäre es in jedem x-beliebigen Sportverein eine Frage des guten Geschmackes gewesen, die Tätigkeit des Geschäftsführers bis zur Klärung dieser Vorwürfe ruhen zu lassen. Wohl gemerkt: eine Frage des Stils – aber auch als Zeichen, selbst an einem gemeinschaftlich zu findenden Kompromiß mitzuwirken.
Ich schließe aus dem Verhalten Dr.Lauers auf einen ungebremsten Machthunger, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob dieser nur in einer erstarrten Persönlichkeitsstruktur verankert ist, oder auf noch nicht offengelegte Vorgänge verweist, die man gerne vor der Öffentlichkeit verbergen möchte.
Selbst wenn man nur die Psychologie weiter bemühen will, scheint mir bei Dr.Lauer noch ein ganz anderes Motiv wirksam zu sein: Angst.
Die Erfahrung lehrt, daß Charaktere wie er neben sich keine ebenbürtigen oder überlegeneren Persönlichkeiten dulden. Daraus wird verständlich, wie wenig er etwa die Hochschullehrer aus Kassel akzeptieren konnte, bzw. nach kurzer Zeit schmerzlich hätte erfahren müssen, auf welch sandigem Grund seine Lebenslüge des „Wissenschaftlers von internationalem Rang“ aufgebaut war.
Die Kritik an der zögerlichen Haltung der relevanten Politiker ist meiner Meinung gerechtfertigt. Aber ich warne vor einem allgemeinen „Politiker-Bashing“. Man sollte an die Mitglieder der BGG appellieren, sich ihrer Verantwortung auch für Kassel bewußt zu werden und nicht durch eine weitere Unterstützung Dr.Lauers die Peinlichkeiten in die Zukunft zu verlängern. Immerhin verwundert es, daß die überregionale Presse noch nicht von dieser Mischung aus Provinzposse, wissenschaftlicher Großmannssucht und kulturpolitischer Ignoranz Kenntnis genommen hat.
Was wenn?
Nicht nur die BGG, sondern ganz Kassel wäre wieder einmal der Blamage ausgesetzt.

Es ist sehr zu hoffen, dass die Mitglieder der Grimm-Gesellschaft ihre Verantwortung ernstnehmen. Sollten sie es mehrheitlich für gut halten, vor dem im Verlauf von mehr als einem Jahrzehnt entstandenen Desaster die Augen zu verschließen, müsste man andererseits fragen, ob die zentrale Stellung der Gesellschaft für die Kasseler Grimm-Aktivitäten so fortbestehen kann oder ob einzelne Bereiche besser dort abgelöst und in andere Organisationsformen überführt werden sollten. Die Mitglieder mögen letztlich nach ihrem Gutdünken und Belieben entscheiden; bei ihren Entscheidungen sollten sie sich des Interesses der kritischen interessierten Öffentlichkeit am Ergebnis der bevorstehenden Mitgliederversammlung – und der zu erwartenden Reaktionen – aber bitte bewusst sein! Öffnung oder Einmauern, Ausweitung auf weitere Themen und Arbeitsgebiete oder Einengung auf das Spektrum, das vom verbliebenen Rest abgedeckt werden kann, Erlangung überregionaler Qualitäten oder unaufhaltsamer Abstieg auf Provinzniveau, das sind Alternativen, über die auf der Mitgliederversammlung Anfang Mai zu entscheiden ist.

milatosSO36, 3. April 2006
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Nach dem 26. März – ein Zwischenruf
Auswärtige Freunde fragten die letzten Tage telephonisch nach dem weiteren Fortgang des „Kasseler Reformprozeßes“ an. Dabei wurde mir bewußt, daß ohne die Kenntnis der politischen Lage nach den Kommunalwahlen vom 26.3. eine realistische Einschätzung des möglichen weiteren Verlaufs nicht möglich ist. Ich will hier meine Bewertung zur Diskussion stellen und für den Fortgang der Ereignisse über den 6.Mai hinaus eine Voraussage wagen.
Am 26.3. erreichte die SPD in Kassel gegen den Landestrend bei einer Wahlbeteiligung von ca. 37 % (!) das beste Ergebnis in einer hessischen Großstadt. Die Verluste der CDU waren mit ca. 28 % nicht so dramatisch wie erwartet, während die Grünen mit ca. 16 % ihre Position behaupten konnten. Anfang der Woche nun erklärte OB Hilgen, mit dem bisherigen Magistrat weiterarbeiten und seine Politik mit einer parteiübergreifenden Konstellation fortsetzen zu wollen. Ein Vorhaben, das in der Bevölkerung auf Sympathie stößt und sich als sehr geschickt erweist, da es verdeckt, daß sich mittlerweile der berühmt-berüchtigte „rote Filz“ früherer Jahre auf der Verwaltungsebene wieder rekonstruiert. Für die Kulturpolitik interessant: so wechselte der bisherige Leiter des Kulturamtes – ein für das Grimmdesaster mitverantwortlicher xxxxxxxxxxxxx Xxxxxxxxxxxx – in die höhergewichtige Postion der Leitung des Hauptamtes, also in die unmittelbare Nähe des OB.
Zur Zeit steht auch die Neubesetzung der Leitung des zweiten städtischen Hauses, des Stadtmuseums, an. Der bisherige Leiter, Karl – Hermann Wegner, ein altes bewährtes Schlachtroß der Kasseler Geschichte und oft unbequemer Mahner, geht in Pension. Der dieses Haus flankierende Verein, die „Freunde des Stadtmuseums“ (ca. 1600 Mitglieder), wird seit einiger Zeit von der Gattin des ehemaligen OBs, Ministerpräsidenten, Bundesfinanzministers und gegenwärtigen MdB Hans Eichel geleitet, wobei es ihr mit diskreter Beharrlichkeit gelingt, vortrefflich die politische Linie ihres Anvertrauten in Position zu bringen.
Also ein kulturpolitischer Sieg der SPD auf ganzer Linie?
Da scheinen die Verhältnisse um das BGM und die BGG doch etwas komplexer.
Zwar ist Professor Brinckmann – ein klug und nicht parteipolitisch operierender ehemaliger Präsident der hiesigen Universität – SPD-Mitglied, doch kann er sich im Falle des BGG seiner Genossen nicht ganz sicher sein.
Neben Kassel hat die SPD auch in den nordhessischen Landkreisen gute Ergebnisse eingefahren und vor allem die Position des langjährigen Landrates Dr.Udo Schlitzberger gestärkt. Dieser ist – neben dem Grimmschankwirt und Viehmannabkömmling Bettenhäuser (SPD) – ein glühender Verehrer Dr. Lauers, der diesem – ein gerne als passionierter Kulturkenner kokettierender Machtmensch – häppchenweise die Grimmsche Märchenwelt schmackhaft macht, die einst in einem gigantischen Märchenparkprojekt enden soll.
Viele Bürger halten die Kulturdiskussion im Allgemeinen und die Grimmdebatte im Besonderen für ein eher marginales Problem. Dem ist nicht so.
Kassel erlebte seit 40 Jahren eine dramatische Deindustrialisierung, der Anteil an Dienstleistungen wuchs nicht in dem Maße, wie es sich die Politiker insgeheim erhofft hatten. Nur Schönfärber rechnen mit einer Stabilität der Arbeitsplätze im noch wichtigsten Industriebetrieb der Region, dem VW-Werk in Baunatal.
Unter diesen Umständen erscheint das Wort „Kultur“ wie ein Simsalabim, das den Weg aus der allgemeinen Beschäftigungskrise weisen kann. Bestärkt durch modische Marketingintellektuelle wie den mit einer durchaus realistischen Beurteilung des BGM jüngst hervorgetretenen Professor Klaus Siebenhaar, ergeht sich eine Schar von Provinzpolitikern in Blütenträumen von einer expandierenden Kulturlandschaft in und um Kassel herum. Man schätze den Einfluß derartiger Berater nicht zu gering ein: würde eine Expertise aus dem Hause Siebenhaar nachweisen, daß das kommunale Steueraufkommen bei gleichzeitiger Realpräsenz Grmmscher Märchenfiguren wachsen würde, würden aberdutzende von Ein-Euro-Jobber als Froschkönige durch den Bergpark Wilhelmshöhe hüpfen.
Satire?- Gewiß : aber halten wir fest: die Tendenz, die Grimms primär als Reservoir merkantiler Interessen zu nutzen wird eher zu – als abnehmen.
Für das Thema Grimm und die Philologie wird es in Kassel eng bleiben. Angesichts der fatal-verfestigten Verhältnisse in der Stadt, die en miniature dem Staatsbürger die ambivalenten Folgen einer de-facto-Allparteienkoalition vor Augen führt, vermute ich, daß sich die Position Dr. Lauers noch verfestigen wird. Zumal er mit dem OB Hilgen einen Vorgesetzen gefunden hat, der um des lieben Friedens willen selbst die eigene Autorität und Würde beschädigen läßt.
Sollte Dr. Lauer gegen Prof. Brinckmann mit einer Hiwi-Mehrheit als Präsident der BGG das Rennen machen, werden OB und die Rathausmehrheit dies als Zeichen einer demokratischen Willensbildung respektieren und damit einen Zero als Nero weiterherrschen lassen.
Sollte er unterliegen, wird man ihn als bewährten städtischen Mitarbeiter weiter streicheln und die Gelegenheit geben, seine Hauptbeschäftigung nicht in der Verbesserung des Museums, sondern in Intrigen gegen den „Brinckmann-Vorstand“ zu suchen.
Die engagierten Kritiker werden erst einmal resignieren und beim nächsten Lauer-Skandal vielleicht den einen oder anderen Leserbrief schreiben, wohl wissend gegen eine Wand anzureden.
Vor einigen Tagen sah ich einen Fernsehbericht über Walter Jens, der auf die Frage nach den wirkenden Gestalten der deutschen Kultur wie ganz selbstverständlich neben Goethe und Schiller die Grimms nannte. Wäre es allzu vermessen, eine Unterstützung von jener Reihe von „old great man (and women !)“ zu erhalten, die noch Sinn und Bedeutung des Grimmschen Werkes einschätzen können?
Kurz: Ohne kompetenten Druck von außen ist für mich die Abwendung eines langanhaltenden Desasters nicht mehr vorstellbar.

Dieser Beitrag wurde vom Forumsadministrator im Hinblick auf die 2008 / 2009 stattgefundene juristische Auseinandersetzung um Äußerungen zu Zugangsverhältnissen für die Wissenschaft im Grimm-Museum Kassel teilweise unlesbar gemacht.

Rudolf Theisen, 6. April 2006
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Neuer Kandidat für den Vorsitz der BGG
In die Diskussion um den Vorsitz der BGG ist Bewegung gekommen, da mit dem Zusenden der Einladung zur Mitgliederversammlung am 6.5.2006 eine weitere Persönlichkeit ihre Kandidatur angemeldet hat. Das betreffende Schreiben sollte hier zur Kenntnis gebracht werden.

Kassel, 23.03.2006

Sehr geehrte Herren,
für die Mitgliederversammlung am 06.05.2006 schlage ich Herrn Dieter Staubach, Berlin, für die Wahl zum Vorsitzenden der Brüder Grimm-Gesellschaft vor.
Herr Staubach ist ein international erfahrender Unternehmer mit ausgeprägten kulturellen Interessen. Er wirkte u.a. lange Jahre als Geschäftsführer der Fa. Herzlitz GmbH und war über veschiedene weitere Firmen an zahlrecihen internationalen Projekten beteiligt. Auch an der Entwicklung eines Weinbauhofes zu einer großen Fereinanlage hat er maßgeblich und verantwortlich gearbeitet.
Herr Staubach hat über seine wirtschaftlichen Aktivitäten ausgeprägte Kontakte zu Behörden in Deutschland sowie in der Europäischen Gemeinschaft aufgebaut und wird seine ganze berufliche Erfahrung vor allem für die Beschaffung von Zweit – und Drittmitteln nutzen können. Er wird seine Reputation in den Dienst der Brüder Grimm-Gesellschaft stellen, um die Arbeit der Gesellschaft auf allen Ebenen zu intensivieren, auf eine größere Basis zu stellen und vor allem das Engagement der politisch unabhängigen Bürger für dieses wichtige kulturpolitische Ziel stärken.
Seine wirtschaftlichen Aktivitäten hat Herr Staubach stets mit großem kulturellem Engagement verbunden, es ging ihm nie um den geschäftlichem Erfolg allein, sondern immer auch um die Vermittlung kultureller Werte und künstlerischer Ideen.
Nach meiner Einschätzung ist Herr Staubach für das Amt in besonderer Weise qualifiziert, da er über reiche Erfahrungen und wichtige Kontakte verfügt und frei ist von jeglicher Einflußnahme durch Gruppierungen und Parteien.
Mit freundlicher Empfehlung

Ingo Günther

Der Brief ist handgeschrieben und teilt gedruckt neben dem Namen des Verfassers die Adresse mit:
Franzgraben 6-8, 34125 Kassel
Ruf: 0561.87906 10

Anzumerken wäre folgendes:
die Adresse ist identisch mit der der Firma
August Truss GmbH&Co.KG
Franzgraben 6 – 8
34125 Kassel
Tel. 0561/87908 – 0
Die Firma ist im Zusammenhang mit Aktivitäten des BGM im Internetthread der HNA schon in Erscheinung gebracht worden.

Während der 70erJahre zur Oppositionszeit der CDU/CSU pflegte Franz-Josef Strauß auf Ambitionen auf die Kanzlerschaft zu sagen : „Es ist egal wer unter mir Kanzler wird!“ Dr. Lauer hat offensichtlich beschlossen, das Repertoire des Grimm-Museums noch durch Marionettentheater zu erweitern und man muß leider sagen, daß ihm dies wahrscheinlich gelingen könnte. Liebhaber Lauerscher Hermeneutik mögen sich in den Text vertiefen, das Geschick bei der Positionierung der geeigneten Versatzstücke ist immer wieder beeindruckend. Es bleibt dabei: der Fall Lauer droht zum Fall Hilgen zu werden. Ich empfehle dem auswärtigen Publikum, diese peinlichen Notizen aus der Provinz weiter zu verfolgen.
Eine zweite Voraussage :
die seriöse Grimmforschung wird nicht mehr in Kassel stattfinden.

Rudolf Theisen, 7. April 2006
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Zur Staubach-Kandidatur: Ein Zwischenruf
Um dem Vorwurf des Pessimismus entgegenzutreten, hier noch eine kurze Einschätzung zu dem gestern von mir mitgeteiltem Sachverhalt:
Dieter Staubach ist wohl als Kandidat der „Grimm-Kommerz-Fraktion“ einzuschätzen und somit – trotz der beteuerten Parteiferne und Unabhängigkeit – für die SPD des Landkreis Kassel ein mehrheitsfähiger Kandidat. Das längere Zeit grassierende Gerücht, der Schankwirt Bettenhäuser (SPD) wäre ein möglicher Kandidat für die Präsidentschaft hat sich damit nicht bestätigt, obwohl es interessant gewesen wäre zu erleben, wie OB Hilgen et.al. eine solche Peinlichkeit geschluckt hätten. Aber : was für den Landkreis gut ist, kann für die Stadt nicht schlecht sein.
Es zeichnet sich ab, daß nicht Herr Brinckmann, sondern Her Staubach der Kompromißkandidat ist. Ich bitte, die Devise des OB ernstzunehmen, so weiter zu machen wie bisher. Auch für den Lauerfreund T.E.Junge, Bürgermeister, Müllbeauftragter und Kulturdezernent (CDU) ist diese Lösung voll akzeptabel.
OB Hilgen wird einer Wahl Lauers zum Präsidenten mit Hilfe der Strohpuppe Staubach – eine Kunstfigur, die ab sofort als „Laubach“ eingeführt ist – keinen Widerstand entgegensetzen. Er wird und kann nicht anders entscheiden, als zuzustimmen. Zumal er in seiner bürokratischen Korrektheit nichts mehr fürchtet, als zu einer Streitfrage Farbe bekennen zu müssen.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob Herr Brinckmann die Vorgänge kennt, bzw. überhaupt wahrnimmt. Zu seinen Gunsten will ich annehmen, daß er kein zweideutiges Spiel betreibt. Wer die SPD von innen her kennt weiß, wie stark affektiv diese Partei auch als „politische Heimat“ verstanden wird, und somit die Frage nach der Loyalität nicht irrelevant ist:
Loyalität zur Partei oder zur Sache?
Ich betone nochmals: es ist schade, daß die Vorgänge nur in einem kleinen Rahmen verhandelt werden, da hier auch kulturpolitisch weitergehende Probleme aufgeworfen worden sind:
einmal läßt sich das Mißverhältnis zwischen überspanntem kulturellen Qualitätsanspruch und den fortgesetzten mageren Ergebnissen hier konkret studieren,
dann muß gefragt werden, wie weit der Einfluß von Poltikern auf kulturpolitische Entscheidungen definiert werden soll.
Abgewartet werden muß auf die kommenden Ausgaben des Lauerschen Referenzorgans „Extra – Tip“, der den neu gefundenen Wunderkandidaten sicher mit dem bekannten Getöse der Kasseler Öffentlichkeit präsentieren wird.

Rudolf Theisen, 8. April 2006
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Grimm-Beruhigung als Aufgabe der Stadt
In der HNA von heute findet sich ein Kommentar von Dirk Schwarze, der online nicht verfügbar ist, jedoch allen Grimm-Forschern bekannt werden sollte:

Noch keine Beruhigung
Dirk Schwarze über die Grimm-Gesellschaft

Die Hoffnung trog, mit der Beauftragung von Hans Brinkmann als Moderator sei der Konflikt in der Grimm-Gesellschaft halbwegs überwunden. Der Restvorstand und die ihn tragenden Mitglieder geben nicht auf.
Man könnte die Auseinandersetzung leicht als vereinsinternen Streit abtun, wenn der Personen- nicht zugleich ein Richtungsstreit wäre. Der Ruf und die wissenschaftliche Zukunft der Grimm-Gesellschaft stehen auf dem Spiel. Insofern ist der Konflikt ein öffentlicher. Pikant wird die sich für den 6. Mail abzeichnende Konfrontation dadurch, dass Lauer mit seinem Beharren auf der Doppelfunktion als Museumsleiter und Geschäftsführer seine Vorgesetzten, den Oberbürgermeister und Kulturdezernenten, herausfordert. Die hatten es anders gewollt. Sie müssen nun in dem Konflikt Farbe bekennen.

Alexandra Marheineke, 10. April 2006
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Kandidat Staubach
Im Antrag von Ingo Günther, Franzgraben 6-8, 34125 Kassel*, an die Mitgliederversammlung der Grimm-Gesellschaft heisst es:

schlage ich Herrn Dieter Staubach, Berlin, für die Wahl zum Vorsitzenden der Brüder Grimm-Gesellschaft vor.
Herr Staubach ist ein international erfahrener Unternehmer mit ausgeprägten kulturellen Interessen. Er wirkte u. a. lange Jahre als Geschäftsführer der Fa. Herzlitz und war über verschiedene weitere Firmen an zahlreichen internationalen Projekten beteiligt. Auch an der Entwicklung eines Weinbauhofes zu einer großen Ferienanlage hat er maßgeblich und verantwortlich gearbeitet.

Erhänzend zu den im Forum der HNA, , bereits eingebrachten Internetrecherchen habe ich folgendes festgestellt:
1. In den maßgeblichen Berliner Web-Angeboten Berlin.de und Berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/ (Archiv der „Berliner Zeitung“ seit 1994) ist Herr Staubach nicht auffindbar. Das heisst, dass er mit seinen internationalen Aktivitäten, insbesondere auch solchen auf kulturellem Gebiet, in Berlin nicht mit Spuren präsent ist. Vielleicht legt er Wert auf Diskretion. Will er aber gewählt werden, sollte er deutlicher machen, durch welche Fähigkeiten und Erfahrungen er geeignet ist, in der jetzigen sehr schwierigen Situation das Amt des Grimm-Präsidenten zu übernehmen.
2. Die Aussagen zu Ferienanlage / Weinbauhof Staubachs lassen sich im Internet ebenfalls nicht verifizieren. Es ist allerdings auch unklar, was die Ferienanlage mit dem angestrebten Amt zu tun hat. Nächste Mitgliederversammlung dann dort, wenn er die Wahl gewinnt?

*Wie oben von Theisen angemerkt wurde, handelt es sich um die Firmenadresse der Installateure Truss in Kassel; das Unternehmen wurde, wie im HNA-Forum steht, durch eine Kunst-ABM des Grimm-Museums vor einem finanziellen Einbruch und vor Kurzarbeit bewahrt und ist seitdem an der Grimm-Gesellschaft besonders interessiert. Teilnehmer der letzten Mitgliederversammlung berichten, dass Mitglieder aus dieser Klientel sich dort mit lautstarken Pöbeleien hervorgetan hätten.

milatosSO36, 11. April 2006
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Internet-Recherche
Herr Staubach ist z.B. Mitglied im Vorstand der „Freunde und Förderer des Hauses am Waldsee e.V.“ in Berlin.
siehe: http://www.hausamwaldsee.de/mitglieder.php

Was Tun, 3. Mai 2006
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Dieter Staubach neuer Präsident der BGG
In der mit Spannung erwarteten Mitgliederversammlung der BGG am gestrigen Samstag hat eine deutliche Mehrheit die Frage nach der Notwendigkeit von Reformen verneint. Wie in den letzten Tagen im HNA-Forum vermutet, hat Dr. Lauer mit großer Entschlossenheit seine Position nicht nur behauptet, sondern auch noch ausgebaut. Der von ihm favorisierte Berliner Unternehmer Dieter Staubach konnte sich mit 116 Stimmen gegen den früheren Kasseler Universitätspräsidenten Brinckmann (81 Stimmen) bei 12 Enthaltungen deutlich durchsetzen. In den folgenden Wahlen zogen die Kandidaten des „Reformlagers“ ihre Kandidatur zurück, so daß nun ein rein Lauer-dominierter Vorstand installiert wurde. Lauer selbst erhielt als Geschäftsführer 132 Stimmen (53 Nein, 29 Enthaltungen).
Aus der Fülle der Details hier einige Impressionen:
Der Vorstellung der Kandidaten folgte die Mehrheit eher lustlos, die Stimmung ließ frühzeitig eine bereits festgelegte Majorität erkennen. Brinckmann wiederholte seine in den Anlagen formulierten Positionen und stellte eine „Zukunftskonferenz“ in Aussicht. Staubach, dessen sprachlicher Duktus sich verblüffend an die Versatzstückrhetorik des Museumsleiters anlehnte, begründete seine Nähe zu den Grimms mit Nekrophilem. Neben dem Blick auf die Grimm-Gräber aus seinem Zimmer in Berlin nutzte er in der Dankesrede das Bild von den „im Grabe rotierenden Brüdern“ angesichts der gegenwärtigen Zustände, ein Bild, das der Verfasser dieser Zeilen sich hinsichtlich dieses Präsidenten auch gern zu Eigen machen möchte.
Die Einlassungen Dr.Lauers strotzten vor selbstbewußtem Stolz hinsichtlich des Geleisteten der letzten 16(!) Jahre und – natürlich – voller Abscheu über Pressekampagnen gegen seine Person. Professor em. Bleek, der sich mehr und mehr zum Psychopompos des waidwunden Museumsleiters entwickelt, nahm seinen Schützling mit der von ihm bekannten intellektualisierenden Weitschweifigkeit in Schutz. Lauer räumte in zerknirschter Pose abschließend ein, daß auch er ein Mensch sei, ergo Fehler mache, sich zur Zeit aber vermutlich in einer „Mitleidscrisis“ befände, um damit auch noch einen Beitrag zum Sigmund Freud-Jahr zu leisten.
Ein TV-Team mußte den Saal während der Aussprache verlassen, nachdem es mit wachsender Begeisterung den schreinartig drapierten Tisch mit Publikationen aus dem Verlagshause Lauer gefilmt hatte.
Mitglieder der Reformfraktion mühten sich vergeblich, einem argumentativem Diskurs Bahn zu brechen.
Höhe – wie zugleich Tiefpunkte waren die Auftritte der Herren Hilgen (OB) und Junge (Kulturdezernent), die fälschlicherweise annahmen, ihre Argumente würden in die Entscheidungfindung der Mitgliederschaft einfließen. Halten wir fest: es ist das zweite Mal, daß von einem egomanischen Mitarbeiter die Autorität des OB in aller Öffentlichkeit in Frage gestellt worden ist. Kann ein Politiker von einigem Anstand und Format auf die Dauer solche Demütigungen über sich ergehen lassen?
Der Ablauf der „Krisenbewältigung“ seit dem November provoziert doch folgende Alternative:
Entweder ist Brinckmann bewußt als Kandidat verheizt worden, dann muß dieser es mit seinen zynischen Parteigenossen ausmachen,
oder wir sind Zeuge eines Regierungsstils, der nurmehr als dilettantisch, blauäugig oder fahrlässig zu bezeichnen ist. Letzteres müßte jeden Kasseler Bürger interessieren. Die BGG mag ein kleines Problem sein, ihre jetzt eingeschlagene Entwicklung in einen marginalen Heimatverein mit flankierenden Emeriti, mäßig begabten Provinzkünstlern und Kneipenbetreibern ist für das Schicksal der arg gebeutelten Kommune Kassel eher zweitrangig. Mir scheint aber, daß hier ein Moment von politischem Nicht-Handeln deutlich wird, das man beim Auftreten gravierender politischer Probleme einmal bitter bezahlen wird.
Die voll Abscheu inkriminierten Internetforen haben vorausgesagt, was eingetreten ist. Und der letzte Satz des voller Ekel zitierten“Speigel“-Artikels trifft es : „Die Posse geht weiter“ – wenn sie nicht noch zur Tragikomödie mutiert.
P.S.
Für den kleinen, feinen und ständig wachsenden Kreis der Lauer-Bibliophilen hier zwei Hinweise:
Das neue Jahrbuch ist erschienen und zirkulierte am Rande der Veranstaltung – ich weise schon jetzt auf eine Innovation hin: statt Leinenbindung praktisch biegbarer Karton, wieder ein Zweijahresband von 160 Seiten.
Für die Liebhaber der ELFE ein kleiner Leckerbissen:
Dr. Lauer erwähnte, daß die Weisgerber-Habilitation jetzt „in Vorbereitung“ sei, was prompt den anwesenden Prof.em.Weisgerber jr. zu einer heftigen Attacke auf die gemeinen Heckenschützen gegen Dr. Lauer veranlaßte.
Mit Speck fängt man Mäuse…

Rudolf Theisen, 7. Mai 2006

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Reformpozess am Ende?

Die Kasseler Postille „Extra-Tip“ des Chefredakteurs Klaus Becker, eines langjährigen Wegbegleiters von Museumsleiter Dr. Bernhard Lauer, trat am heutigen Mittwoch mit einer Bilanz der bisherigen Reformbemühungen hervor. Zwar sendete das Fernsehen des HR gestern einen kritisch-ironischen Beitrag über die Kasseler Grimm-Miseren, aber vor Ort scheint jene Sicht weit verbreitet, die der neue Artikel des Anzeigenblatts vermittelt. Die Argumentation desjenigen Lagers in der Grimm-Gesellschaft, das die bisherigen Zustände und Dr. Lauer als Geschäftsführer beibehalten wollte, ging und geht in eine ähnliche Richtung. Der Wunsch, es ‚der Politik zu zeigen‘, ‚die ohnehin zu wenig tut und über den mündigen Bürger hinwegregiert‘, scheint (neben persönlicher Solidarität dem bedrängten Lauer gegenüber und der Mentalität einer Burgbesatzung im Belagerungszustand) ein wesentlicher Faktor dabei gewesen zu sein, dass die Entscheidungen der Grimm-Gesellschaft so gefallen sind, wie R. Theisen in seinem Beitrag bereits berichtet hat.
Das Anzeigenblatt „Extra-Tip“ war mit einer ganzen Kette von Artikeln an der Entwicklung der letzten Monate beteiligt und hielt konsequent die Linie Lauers. Es spricht auch vieles dafür, dass Redakteur Becker seine Artikel mit Lauer vorbespricht. Der heutige Artikel, womöglich ein Schlusspunkt unter die Reformbemühungen der letzten Monate – und ein stilechter! – sei auch hier dokumentiert. Ich übernehme ihn aus dem Forum der „Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen“, http://forum.hna.de/forum/viewtopic.php?pid=14619#p14619. Auf der Website des „Extra-Tip“, http://www.extratip.de, ist der Artikel (noch) nicht verfügbar.

Zwischenruf – Von Gestern

Von Klaus Becker

Hätten sich Kassels Bürger- und Medien häufiger so intensiv um die Brüder Grimm gekümmert wie in den letzten Wochen, dann wäre die Ausstrahlung des berühmten Brüderpaares sicherlich noch viel wirkungsvoller als bisher. Doch da überschatteten erstmal Streitigkeiten und Querelen das Gedenken an Kassels große Geisteshelden aus dem 19. Jahrhundert. Irgendwie waren auch diese Streitigkeiten märchenhaft. Denn hinter den Konflikten von heute verbargen sich Konflikte, die eigentlich vor mehreren Jahrzehnten schon ausgetragen wurden. Betrachtet man die Ursachen für das Scheitern jener Gruppe, die zum Kampf gegen den Grimm-Museumsleiter Dr. Bernhard Lauer aufrief, dann finden sich dort auch Gründe für ihr Scheitern in den frühen 90er Jahren. Hochmut und völliger Unkenntnis dessen, was die Menschen tatsächlich denken und bewegt. Man konnte sich ja nur erstaunt die Augen reiben: Da machte sich jene Fehleinschätzung breit, und wieder spielte dabei der frühere OB Bremeier mit seinem „Kulturnetzwerk“ eine entscheidende Rolle bei dieser falschen Analyse und den auf sie folgenden Schritten. Lauer-Gegner wähnten sich eine Zeitlang sicher. Sie wurden dabei von Medien massiv unterstützt, die damit ihre Niederlage vorbereiteten. Auf lokaler Ebene oder noch krasser in den Berichten der überregionalen Medien wie in jenem dümmlich-arroganten Artikel des „Spiegel“, der Lauer-Anhänger allesamt zu „Klofrauen und Vitrinenwächtern“ einstufen wollte.
Jetzt muss ein Neuanfang gemacht werden. Die Tatsache, dass mit Dieter Staubach nun ausgeprägter Techniker an der Spitze der Grimm-Gesellschaft steht, ist für diese Geschäft eine Chance. Damit könnte sie herauskommen aus jenem grotesken Intrigenspiel, das die Geisteswissenschaften nur allzuoft prägt.
Auf die Nase fielen auch jene Vertreter des Kasseler „Bürgertums“, die sich auf geradezu peinlich-unterwürfige Weise dem Anti-Lauer-Lager andienten. Aufgeblasenen Wichtigtuer und billige Intriganten, die offenkundig überhaupt keine Resonanz finden.
Wie es weitergeht? Gewinnen wird der, der das größte Maß an Lernfähigkeit entwickelt. Sich den Blick nicht verstellen lässt. Kassels OB hatte sich auf der falschen Seite eingeordnet. Nicht weil es ihm an klarem Blick fehlte, sondern weil er auf die falschen Ratgeber hörte. Immer noch gibt es Leute, die sich nicht mit dem Willen mündiger Bürger abfinden können. Und wenn die nicht lernen wollen, müssen sie wohl noch einige Niederlagen einstecken.

(Zitat: „Extra-Tip“ Kassel, Ausgabe vom 10. Mai 2006.)

milatosSO36, 10. Mai 2006

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Ein Dokument zur Geistesgeschichte Kassels

Milatos hat den Kommentar Klaus Beckers aus dessen Extra Tip dankenswerterweise einem auswärtigem Publikum zugänglich gemacht. Die besondere Qualität dieses Textes liegt darin, daß er geradezu exemplarisch das Reflexionsniveau vermittelt, mit dem in dieser Stadt permanent zu rechnen ist. Herr Becker begann in jungen Jahren als Pressesprecher des OB Karl Branner seine Karriere. Dessen Nachfolger Hans Eichel trennte sich von ihm aus Gründen, die bis heute undurchsichtig geblieben sind, aber bei Becker offensichtlich eine bis heute anhaltende Verletzung ausgelöst haben. Als Trostpflaster durfte er für die SPD, der er bis heute angehören soll, eine Mitgliederzeitung für den Bezirk Nordhessen gestalten. Nachdem diese von der Partei eingestellt worden war, gelang ihm mit dem – kostenlos verteilten – Extra Tip eine erfolgreiche Unternehmung, die als Alternative zur HNA sofort große Beliebtheit erlangte. Becker wiederholt in manischer Weise Themata wie: tatsächliche und vermutete Verfehlungen im öffentlichen Dienst (vor allem finanzielle Verschwendung), Faulheit und Inkompetenz von Lehrern und Professoren, verbunden mit einem abstrakten Lamentieren über den Zusammenbruch von Werten und guten Sitten im Zusammenhang mit dem Einfluß der „Alt-68er“ in Kultur und Erziehung.im Allgemeinen und seiner Genossen im Besonderen. Diese – zum Teil durchaus berechtigte – Kritik erfolgt nun nicht im Kontext eines reflektierten liberal-konservativen Weltbildes, sondern im Rahmen eines ad-hoc-Populismus, der modische Versatzstücke beliebig kombiniert und zur Erzeugung publikumswirksamer Empörung auch Ausflüge in offene Vulgarität nicht scheut. Damit ist umrissen, in welchen intellektuellen Umfeld die Lauergruppe angekommen ist und mit welchem Geschick sich Dr. Lauer im Geflecht politischer und persönlicher Neurosen eingerichtet hat. Für den auswärtigen Betrachter macht die Auseinandersetzung zumindestens plausibel, warum mit einer seriösen Grmmforschung aus Kassel in absehbarer Zeit nicht mehr zu rechnen sein wird. Dr. Lauer ist Jahrgang 1954. Unter Zugrundelegung der gegenwärtigen Pensionsregelungen erfolgt das Ende seiner Dienstzeit im Jahre 2019. Realisten können dann mit einer Wiederaufnahme der Reformdiskussion rechnen.Wir sehen uns wieder.

Rudolf Theisen, 11. Mai 2006

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Grimmforschung geht weiter

Jetzt da Sie verloren haben, sollten sie zur Kenntnis nehmen dass in Kassel unbeirrt weitergemacht wird. Hier können Sie auch lesen dass Herr Dr. Lauer perfekt russisch spricht und intensiv die Myten und Sagen der slavischen Länder kennt.

Extra-Tip v. 17.05.2006

Kassel als Vorbild für fernen Ural

Beeindruckte die Gäste aus dem fernen Osten Russlands nicht nur mit seinen perfekten russischen Sprachkenntnissen, sondern auch durch seine intensiven Kenntnisse der Mythen und Sagen der slawischen Länder: Museumschef Dr. Bernhard Lauer mit seinen Gästen aus der russischen Republik Baschkortostan im Grimm-Museum. Links: Ewald Griesel.

Bild

Der Name der russischen Republik Baschkortostan dürfte bisher den meisten Nordhessen fremd geblieben sein. Mit reichen Bodenschätzen gesegnet, dazu eine herrliche Gebirgslandschaft. Wie man all das touristisch besser vermarktet, wollen die Dozenten und Studentinnen wissen, die als Gäste der Akademie für Absatzwirtschaft Kassel (AfAK) einen intensiven Besuch in Nordhessen absolvierten.

Die russischen Gäste zeigten sich beeindruckt, als ihnen Thermen-Geschäftsführer Hendrik Schellinger vom Erfolg der Kurhessen-Therme berichtete – gibt es doch im Ural jede Menge von Heilquellen, die man touristisch nutzen will. Karl Görnhardt führte die Gäste aus dem fernen Land bei einem Rundgang durch den Tierpark Sababurg, bei dem besonders die Greifvogel-Vorführung einen tiefen Eindruck machte. In Niederzwehren und auf der Knallhütte orientierte man sich über Dorothea Viehmann. Beeindruck seien die Gäste gewesen, so Ewald Griesel, Vorsitzender des AfAK-Trägervereins, durch den im perfekten Russisch gehaltenen Vortrag von Grimm-Museumschef Dr. Bernhard Lauer, und zudem dessen große Kenntnis über Mythen und Sagen der slawischen Länder.

Grimmfreund, 18. Mai 2006

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Es gibt nun doch etwas Bewegung. In der Kasseler Lokalzeitung HNA vom 21.6.2006:

„Habe einen Ruf in der Welt“
Grimm-Museumsleiter Bernhard Lauer will Geschäftsführerposten abgeben

Von Christina Hein

KASSEL. Dr. Bernhard Lauer wird bis Ende des Jahres von seinem Posten als Geschäftsführer der Brüder-Grimm-Gesellschaft zurücktreten. So lautet eine Abmachung zwischen dem Literaturwissenschaftler und der Rathausspitze. Und das seit längerem.

In der Doppelrolle Lauers als Leiter des städtischen Brüder-Grimm-Museums und gleichzeitig Geschäftsführer der Grimm-Gesellschaft sieht Bürgermeister Thomas-Erik Junge ein „großes Problem“. „Wir wollen das entflechten“, sagt Junge gegenüber der HNA, „auch im Namen von Oberbürgermeister Bertram Hilgen“, der außerdem Kuratoriumsvorsitzender ist.

Stefan Lange, 22. Juni 2006

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In einem Brief an die Kasseler Lokalzeitung dementierte Museumsleiter Dr. Lauer, von seiner ehrenamtlichen Funktion als Geschäftsführer der Brüder Grimm-Gesellschaft zurücktreten zu wollen, wie es die HNA nach einem Gespräch u. a. mit ihm und Kulturbürgermeister Junge gemeldet hatte. Ob er zurücktreten werde, hänge von Entscheidungen in Sachfragen ab. Junge kündigte daraufhin eine Sitzung des für das Grimm-Museum zuständigen Kuratoriums an. Der Bericht der HNA über den Brief Lauers im Wortlaut:

Lauer auf Konfliktkurs
Chef des Grimm-Museums: Gebe Posten in Grimm-Gesellschaft erst mal nicht auf
Von Tibor Pézsa
KASSEL. Der Leiter des Brüder-Grimm-Museums, Dr. Bernhard Lauer, hat gestern bestritten, dass er bis Jahresende als Geschäftsführer der Brüder-Grimm-Gesellschaft zurücktreten wolle. So hatte es unsere Zeitung am Donnerstag nach einem gemeinsamen persönlichen Gespräch mit Lauer, Kulturdezernent Thomas-Erik Junge und Stadtsprecherin Petra Bohnenkamp gemeldet. Entgegen Lauers Darstellung bestätigten aber Junge und Bohnenkamp gestern die Richtigkeit der HNA-Berichterstattung.
Wie berichtet, wollen Oberbürgermeister Bertram Hilgen und Junge die Doppelfunktion von Bernhard Lauer auflösen. Das geht nur, indem Lauer entweder seinen Posten als Museumschef aufgibt oder seine Funktion in der Grimm-Gesellschaft.
Die Debatten um seine Person hatte Lauer selbst ausgelöst, als er versucht hatte, zusätzlich zu seinem Geschäftsführer-Posten auch noch Präsident der Grimm-Gesellschaft zu werden. Damit wäre er sein eigener Chef geworden, denn der Präsident der Grimm-Gesellschaft bildet neben dem Oberbürgermeister und dem Kulturdezernenten das Kuratorium des Brüder-Grimm-Museums. Nach heftigen Querelen um seine Person war Lauer unlängst auf einer Mitgliederversammlung wieder zum Geschäftsführer der Grimm-Gesellschaft gewählt worden.
Lauer machte gestern in einem Schreiben an die HNA deutlich, dass er „als Person der Sache der Brüder Grimm nicht im Wege stehen werde“. Das heißt für ihn aber offenbar nicht das, was Junge und Hilgen von ihm erwarten.
Lauer schreibt: „Ob und wann ich meine ehrenamtliche Funktion als Geschäftsführer der Brüder-Grimm-Gesellschaft zur Verfügung stellen werde, wird davon abhängen, wie die anstehenden Sachfragen entschieden werden.“
Als „Sachfragen“ nennt Lauer beispielsweise den „Ausbau des Grimm-Standortes Kassel, die Verwaltung der Sammlungen, wissenschaftliche und publizistische Konzepte“. Damit setzt sich der Museumschef einmal mehr in einen scharfen Gegensatz zu der Forderung des Kulturdezernenten und des Oberbürgermeisters. Bertram Hilgen und Thomas-Erik Junge mochten gestern auf Anfrage der HNA keine Stellung zu dem Vorgang nehmen. Es werde aber „umgehend“ eine Sitzung des Kuratoriums der Brüder-Grimm-Gesellschaft einberufen, „in der die Folgerungen aus der derzeitigen Situation erörtert werden.“
23.06.2006

http://www.hna.de/kasselstart/00_20060623201459_Lauer_auf_Konfliktkurs.html

Bonoboche, 24. Juni 2006

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Alles wird gut …

http://www.grimmnetz.de/grf/grimmskoch.jpg

(Ausschnitt und Bild: Extratip Kassel)

Jeanne d’Arc, 5. Juli 2006

Kategorien
Allgemein

„Brüder-Grimm-Stadt Hanau“
„Grimm-Hauptstadt“ Kassel
(Grimmforum, Anfang 2006)

Richard Schaffer-Hartmann von den Hanauer Museen sandte zugleich mit seiner (heute eingetroffenen) Unterschrift zum Grimmforum-Grußwort einen Zeitungsbericht aus dem „Hanauer Anzeiger“ (16. 1.), der von neuen Grimm-Ambitionen auch in der Grimmschen Geburtsstadt berichtet. Da die Informationen in dies Forum passen, teile ich sie auszugsweise mit (ohne sie zu kommentieren, weil ich mit der hessischen Situation nicht genug vertraut bin, um es näher einschätzen zu können).
Zitiert wird der Landtagsabgeordnete Aloys Lenz, CDU, mit Auskünften zu einer aktuellen Diskussion in der CDU-Fraktion des hessischen Landtags:

Der Landtagsabgeordnete unterstrich … die besondere Bedeutung, welche die Brüder Grimm zukünftig für die Darstellung der hessischen Kulturszene haben werden. Man sei innerhalb der Fraktion in Wiesbaden seiner Anregung gefolgt, einen besonderen Schwerpunkt auf die Brüder Grimm zu setzen. Ziel sei es, das Brüder-Grimm-Land Hessen weltweit zu etablieren. … „Dabei möchte ich erreichen, dass Hanau das Zugpferd dieser Entwicklungen wird“, bekräftigt Lenz.

Eine vom Land unterstützte und koordinierte Gesamtdarstellung der Grimms sei eine „riesige Chance, die Stadt touristisch besser zu vermarkten und für Touristen deutlich attraktiver zu machen“. Mögliche Projekte seien zum Beispiel die Einrichtung einer Brüder-Grimm-Route durch Hessen, die einen abgestimmten touristischen Auftritt der einzelnen Orte ermöglicht, wovon auch Hanau letztendlich profitieren würde. „Mit der Verwirklichung eines Grimm-Zentrums in Hanau sollte es gelingen, dass sich Hanau an die Spitze der Entwicklung setzt. Ziel muss es sein, die Grimm-Stadt Nr. 1 in Deutschland zu werden“, so Lenz.

Möglicherweise bekommt Hessen also einen zweiten Grimm-Schwerpunkt neben Kassel – das freilich wohl, wie ich mich zu erinnern meine, selbst manchmal den Anspruch erhebt, DAS Grimm-Zentrum zu sein oder zu werden, nicht nur in Hessen, sondern weltweit?

Berthold Friemel, 26. Januar 2006
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Hanau und Kassel

Hanau und Steinau dürfen und werden sich nun also wirklich „Brüder-Grimm-Stadt“ nennen, nicht aber Kassel. Der für kulturelle Angelegenheiten zuständige Angehörige der Kasseler Stadtverwaltung, Thomas-Erik Junge, will über diesen schlichten Titel aber ohnehin hinaus und sagt über Kassel: „Wir sind und bleiben die Grimm-Hauptstadt, und als solche werden wir die Stadt mit dem Ausbau des Grimm-Standorts bewerben.“ Man darf gespannt sein, was das bedeutet.

(Siehe http://www.hna.de/kasselstart/00Hanau_und_Steinau_nicht_Kassel.html)

milatosSO36, 16. März 2006

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Brüder Grimm-Gesellschaft Kassel
Grimm-Städte und Grimm-Stätten
(Grimmforum, April 2006)

Zu den mir zugesandten Unterlagen für die Mitgliederversammlung der Brüder Grimm-Gesellschaft am 6. Mai möchte ich hier im Forum Stellung nehmen, zumal ich an der Versammlung in Kassel nicht teilnehmen kann. Meine Stellungnahme wird relativ lang sein, und ich bitte dafür um Verständnis: der Sachverhalt ist vielschichtig und nach meiner Überzeugung für die Zukunft der Grimmforschung und die Pflege des Grimmerbes entscheidend, und zwar nicht nur in Kassel, sondern darüber hinaus. Ich hoffe, daß Andere, ob nun Mitglieder der Grimm-Gesellschaft oder nicht, auch diese Möglichkeit des Forums (weiterhin) nutzen werden, um sich zu informieren und auszutauschen.
Zunächst aber kurz zur Person: als neuseeländischer Germanist beschäftige ich mich seit 30 Jahren mit den Brüdern Grimm, insbesondere mit ihrer Arbeit am Deutschen Wörterbuch. Ich bin seit mehr als 20 Jahren Mitglied der Brüder Grimm-Gesellschaft Kassel. Zur Zeit arbeite ich an einem umfangreichen Grimm-Briefwechsel für die „Berliner“ Briefausgabe. Daß ich in „Berlin“ mitarbeite, hat drei hauptsächliche Gründe: 1. das Herausgeberkollegium hat mich dazu eingeladen; 2. in Berlin habe ich Zugang zu großen historischen Bibliotheken mit den für meine Arbeit wichtigsten Dokumenten und Archivalien einschl. des Grimm-Nachlasses und der Grimm-Bibliothek; 3. in der Arbeitsstelle Grimm-Briefwechsel an der Humboldt-Universität wird meine Arbeit selbstlos und sachkundig mit Rat und Tat unterstützt – eine bessere Forschungsstätte könnte ich mir als Grimmforscher nicht wünschen, weder menschlich noch wissenschaftlich.
Sodann zu „Kassel“. Über die Entwicklungen des letzten Halbjahrs bin ich sehr enttäuscht, ja entsetzt. Ich kann sie aus eigener Erfahrung nicht so richtig beurteilen, sondern bin auf Zusendungen des Gesellschaftsvorstands, Presseberichte, Informationen aus zweiter Hand, und Foren wie dieses und das HNA-Forum angewiesen. In letzterem ist dieses Thema offensichtlich auf wohl einmaliges Interesse gestoßen. Ich möchte dreierlei unterscheiden, und d.h. zugleich, daß ich der Überzeugung bin, daß diese drei Bereiche auf jeden Fall von der Sache her differenziert und auch strukturell getrennt zu betrachten und zu behandeln sind:
1. Die Bemühungen in Hessen, die Brüder Grimm stärker zur Geltung zu bringen, ja – wie mir scheint – sie touristisch einzusetzen und zu vermarkten. Dazu möchte ich nichts sagen.
2. Das Brüder Grimm-Museum in Kassel: Dies ist für mich DAS Grimm-Museum – oder müßte es sein. Dabei übersehe ich keineswegs andere Grimmstätten wie Haldensleben, Hanau oder Steinau oder andere Museen mit Grimmexponaten wie in Nürnberg. Auf das Museum als Forschungsstätte komme ich an anderer Stelle zurück. Über das Museum bin ich nur aus zweiter Hand informiert, aber es scheint erstens zu klein zu sein, sind doch z. B. viele Bücher und Nachlaßmaterialien ausgelagert und schwer zugänglich; zweitens nur außen an der Fassade und oben am Dach saniert zu sein, nicht jedoch innen, wo die ganzen Leitungen liegen (muß ich an die Anna Amalia erinnern?); und drittens scheint die Ausstellungspraxis, z. B. falsche oder irreführende Schilder, stark ins Kreuzfeuer der Kritik geraten zu sein. Es ist ein städtisches Museum, die Stadt Kassel ist also als Instanz gefordert, wohl durch das Kulturamt vertreten? In der Presse stand vieles über eine Neugestaltung der Kasseler Museumslandschaft; das BGM gehört doch wohl in diesen Kontext? Aber, wie gesagt, m.W. ist das eine städtische Einrichtung und deshalb in erster Linie eine städtische Angelegenheit, während die Brüder Grimm-Gesellschaft ein privater Verein und deshalb ganz etwas anderes ist. Damit bin ich beim eigentlichen Thema.
3. Die Brüder Grimm-Gesellschaft: hier fühle ich mich als langjähriges Mitglied direkt angesprochen. Da liegt mir sehr viel am Herzen. Ich bin jetzt vor allem auf Grund der Versammlungsunterlagen zum Schluß gekommen, daß es so nicht weitergehen kann und darf, sondern daß ein Neuanfang unbedingt erforderlich ist. Die Fortführung des Beitrags, die auf Details der vom Vorstand der Grimm-Gesellschaft übersandten Unterlagen zur Mitgliederversammlung einging, wurde vom Administrator nicht mit in die 2020 wiederhergestellte Version des Forums übertragen.

Alan Kirkness, 18. April 2006

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Grimm-Städte und Grimm-Stätten

In diesem zweiten Forumbeitrag als Mitglied der Brüder Grimm-Gesellschaft Kassel geht es mir um die Gesellschaft als „internationale wissenschaftliche Gesellschaft“ und um Aspekte ihrer durch die gegenwärtige Satzung vorgegebenen wissenschaftlich-inhaltlichen Tätigkeit. Meiner Meinung nach ist diese Satzung revisionsbedürftig, aber sie ist für die bevorstehende Mitgliederversammlung gültig und verbindlich. Zunächst einige Anmerkungen zu Grimm-Städten und -Stätten.
Die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm haben bekanntlich in verschiedenen deutschen Städten gelebt und gearbeitet, von Hanau, Steinau, Marburg und Kassel bis Göttingen und Berlin. Diese Städte bewahren ihnen in verschiedener Weise ein ehrendes Andenken, und es lohnt sich kurz darauf einzugehen. Hanau und Steinau dürfen sich seit kurzem offiziell als „Brüder Grimm-Stadt“ bezeichnen; Grimm-Interessierte können in Hanau das Historische Museum im Schloß Philippsruhe und in Steinau die Ausstellungen im Schloß und im Amtshaus besuchen; die Stadt Hanau verleiht auch einen Brüder-Grimm-Preis. In Marburg sind zu finden das Haus der Romantik und das Hessische Staatsarchiv mit seinem umfangreichen Nachlaßbestand, der durch das Verzeichnis von Werner Moritz erschlossen wird. Die Universität Marburg verleiht seit langem einen Brüder-Grimm-Preis und will jetzt eine Grimm-Professur etablieren. Kassel zeichnet sich z. B. durch das Brüder Grimm-Museum, die 1897 erstmals gegründete Brüder Grimm-Gesellschaft und die Murhardsche Bibliothek aus, in denen viele bedeutende Grimm-Autographen, Archivalien und Exponate aufbewahrt sind. Kassel ist ebenfalls Sitz der Brüder Grimm-Stiftung, und an der Universität Kassel ist eine Grimm-Professur bereits fest etabliert. Das Land Hessen will jetzt sein Konzept „Hessen – Land der Brüder Grimm“ in die Tat umsetzen. In der Akademie der Wissenschaften in Göttingen wird an der Neubearbeitung des Grimmschen Deutschen Wörterbuchs gearbeitet, und die Universitätsbibliothek besitzt u.a. wertvolle Grimm-Manuskripte. In Berlin sind zu finden erstens die durch das Annotierte Verzeichnis von Ludwig Denecke und Irmgard Teitge erschlossene Bibliothek der Grimms in der Bibliothek der Humboldt-Universität, die künftig in einen Neubau umziehen soll, das „Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum“; zweitens der sehr umfangreiche Nachlaß der Brüder Grimm in der Staatsbibliothek, dessen Bestand von Ralf Breslau katalogisiert wurde; drittens die Arbeitsstelle des Deutschen Wörterbuchs in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften mit ihrer hervorragenden Spezialbibliothek für historische Lexikologie und Lexikographie; viertens die Arbeitsstelle Grimm-Briefwechsel an der Humboldt-Universität, die u.a. ein grundlegendes Verzeichnis der Briefe von und an die Brüder Grimm ins Netz gestellt hat. Die Stadt ist außerdem Sitz einer 1991 gegründeten Grimm-Sozietät zu Berlin, und das Land Berlin verleiht auch einen Brüder-Grimm-Preis. Hinzu kommen nicht zuletzt Bücher, Bilder und andere Gegenstände aus dem Besitz der Familie Grimm in Bad Homburg, Haldensleben, Nürnberg und Schlüchtern, wobei ich von Märchenstraßen und Märchenburgen ganz absehe.
Vielfalt, Reichweite und Bedeutung dieser Einrichtungen, Aktivitäten und Bestände etc. sind erstaunlich. Ein Netzwerk von Grimm-Städten und -Stätten erstreckt sich über das nördliche Deutschland, es ist ein aus vielen verschiedenen Komponenten zusammengesetztes Grimm-Mosaik. Es ist zugleich der Kontext, in den m. E. die Programmdiskussion und insbesondere die Personalwahlen auf der Mitgliederversammlung der Gesellschaft am 6. Mai 2006 gehören und der meine Stimmabgabe als Mitglied begründen würde, könnte ich an der Versammlung teilnehmen. Folgende Gesichtspunkte sind mir mit Blick auf die Diskussion und die Wahlen wichtig:
Erstens, die Gesellschaft in Kassel sollte sich nach meiner Überzeugung als eine Komponente des Grimm-Mosaiks verstehen, und zwar als eine bedeutende. Keinesfalls aber als die führende, dies steht m. E. der Gesellschaft in Anbetracht der vielen anderen bedeutenden Komponenten nicht zu. Ich bin dafür, daß die Gesellschaft laut Satzung der Pflege und Förderung deutscher Kultur dient u. a. „durch Förderung des Ausbaues des Brüder Grimm-Museums“ (§2.3). Ich bin dagegen, daß „die Brüder Grimm-Gesellschaft … ihre Hauptaufgabe darin sehen [muß], das Brüder Grimm-Museum Kassel zu einer zentralen Sammlungs-, Dokumentations- und Forschungsstätte auszubauen und von hier aus die nationalen und internationalen Aktivitäten zu koordinieren und zu vernetzen“ (Anlage 1). Erstens kann dies gemäß der Satzung nicht die Hauptaufgabe der Gesellschaft sein, und zweitens wäre sie nach bisheriger Erfahrung hierdurch überfordert. Ich bin entschieden dagegen, daß das Museum „zur zentralen Sammlungs-, Dokumentations- und Forschungsstätte“ (Anlage 1. 1) ausgebaut werden soll, d.h. im Klartext: zu DER Stätte (jetzt mit bestimmtem Artikel, vgl. den früheren unbestimmten Artikel!). Dagegen spricht vieles, zumal wenn man sich einerseits an die immer wiederkehrenden Klagen über die mangelnde Personal- und Sachaustattung von Seiten der Museumsleitung und andererseits an die vielen bereits vorhandenen Grimm-Stätten erinnert. Dagegen spricht aber hauptsächlich und grundsätzlich, daß dies eine m.E. völlig unzulässige und inakzeptable Verquickung von (städtischem) Museum und (privater) Gesellschaft bedeutet, wie ich in meinem früheren Forumbeitrag ausgeführt habe. Unter diesem Gesichtspunkt scheinen mir die Vorstellungen der „Initiativgruppe“ (Anlage 2) viel realistischer und zukunftsträchtiger zu sein als die Forderungen etwa in Anlage 1, die diese Verquickung nur noch fester zementieren wollen. Ich halte diese Forderungen für unrealistisch und unrealisierbar. Wenn ich sie an dem messe, was in den letzten 10 bis 12 Jahren tatsächlich geleistet worden ist, erscheinen sie mir völlig illusorisch. Was die in §2.3. der Satzung erwähnten Gedenkstätten in Hanau, Schlüchtern und Steinau anbelangt, so wäre es m.E. vor allem Sache dieser Einrichtungen, über ihr Verhältnis zur Brüder Grimm-Gesellschaft Kassel zu entscheiden. Hier wäre ich auch für eine Satzungsänderung, die andere, nicht nur hessische Grimm-Stätten kooperativ miteinbeziehen würde. Somit komme ich zum zweiten Punkt.
Zweitens, die Gesellschaft sollte im Interesse der Pflege und Förderung deutscher Kultur im Geiste der Brüder Grimm mit den vielen anderen Grimm-Städten und -Stätten kooperieren wollen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß in jüngerer Zeit die Gesellschaft, wie sie durch den Vorstand vertreten wird, andere Grimmstätten eher als Konkurrenz betrachtet und behandelt hat. Dies gilt auf jeden Fall für die Grimm-Sozietät zu Berlin, gegen die sogar ein m.E. völlig unbegründeter und überflüssiger Gerichtsprozeß geführt wurde. Ich kann mich auch des Eindrucks nicht erwehren, daß in jüngerer Zeit die Gesellschaft, vertreten durch den Vorstand, einen Monopolanspruch auf die Grimm-Forschung zu erheben versucht hat. Dies gilt auf jeden Fall für die gescheiterten Verhandlungen zwischen den Sprechern des Herausgeberkollegiums, das die „Berliner“ Briefausgabe betreut, und dem Vorstand der Gesellschaft, die für die Kasseler Werk- und Briefausgabe verantwortlich ist. Doppelte Mitgliedschaften in Kassel und Berlin sind in Kassel unerwünscht (Beschluß des Vorstands? der Geschäftsführung? einer Mitgliederversammlung?) – warum eigentlich? Früher war dies anders, was m.E. der Gesellschaft gut anstand und der Grimm-Forschung förderlich war. Wie dem auch sei, Konkurrenzdenken und Monopolanspruch lehne ich ab. Ich unterstütze jede Kooperation zwischen Grimm-Stätten als gleichwertigen Partnerinstitutionen. Wiederum unterstütze ich deshalb die „Initiativgruppe“, die diesen Punkt als den ersten der wichtigsten Punkte der zukünftigen Arbeit anführt (Anlage 2). Auf Grund bisheriger Erfahrungen bin ich in diesem Punkt gegenüber Anlagen 1 und 4.2. äußerst skeptisch.
Drittens, die Gesellschaft sollte, entsprechend §2.2. der Satzung, der Pflege und Förderung deutscher Kultur „durch Veröffentlichungen – insbesondere durch eine kritische Gesamtausgabe des Werkes der Brüder Grimm … – dienen. Dieser Punkt ist ganz zentral. Auf die Veröffentlichungen des Brüder Grimm-Museums gehe ich nicht ein, denn sie gehören nicht hierher.
An erster Stelle steht die „Kasseler“ Ausgabe. Bis jetzt sind drei Bände erschienen. Einer konnte sich auf bedeutende, schon publizierte Vorarbeiten stützen; zwei wurden aus den handschriftlichen Quellen neu erarbeitet. Diese beiden sind in jeder Hinsicht vorzüglich. Kritische Ausgaben sind schwierige und langwierige Unternehmen, bei denen immer mit unvorhergesehenen Verzögerungen gerechnet werden muß. Dies dürfte unbestritten sein, und es gilt für die „Berliner“ wie für die „Kasseler“ Ausgabe. Dies aber vorausgesetzt, sind m.E. drei erschienene Bände wenig, zu wenig. Weitere Bände sind angekündigt, weitere wohl geplant. Die „Ankündigungspraxis“ der Gesellschaft wird in diesem und im HNA Forum mit Recht heftig kritisiert. In der Fachöffentlichkeit schadet sie dem Ansehen der Gesellschaft als wissenschaftlicher Institution enorm. Ich hoffe, daß auf der Mitgliederversammlung dem Vorstand und/oder den Bandbearbeitern folgende Fragen gestellt werden: Was ist der genaue Bearbeitungsstand der angekündigten Ausgaben, die jetzt schon mit ISBN-Nummern und Seitenzahlenangaben versehen, aber nicht erhältlich sind? Was ist der genaue Termin, der für ihre Veröffentlichung vorgesehen ist? Welche Bände sind gegenwärtig in Vorbereitung und wann ist mit ihrem Fertigstellen und Erscheinen zu rechnen? Welche Bände sind in der Planung? Ich hoffe, daß die Fragenden sich nicht mit vagen Angaben oder gar Andeutungen abspeisen lassen, sondern auf ganz konkreten, verbindlichen Antworten bestehen werden. Eine weitere Frage, die an Kandidaten aus beiden Wahlisten zu stellen ist, lautet: Wie soll es zukünftig weitergehen, und wie soll aus Ihrer Sicht das künftige Verhältnis zwischen der „Kasseler“ und der „Berliner“ Ausgabe aussehen bzw. gestaltet werden?
Die zweite hauptsächliche Veröffentlichung der Gesellschaft ist das Jahrbuch. Es erschien früher regelmäßig und zeichnete sich m. E. durch wertvolle wissenschaftliche Beiträge zum Leben und Werk der Brüder Grimm und eine sehr willkommene Grimmbibliographie aus. Es hat m.E. diesen Standard nicht halten können und erscheint inzwischen sehr verspätet. War das Jahrbuch X 2000 (2005 erschienen) noch ein stattlicher Band, faßt der letzterschienene Band XI-XII zwei Jahre 2001-2002 zusammen. Im Umfang und vor allem inhaltlich ist er aber alles andere als eine Doppelnummer. Ich bedauere diese Entwicklung sehr, und sie kann oder darf so nicht weitergehen. Ich teile nicht die diesbezügliche Meinung des Wissenschaftlichen Rats und lehne deshalb Punkt 3. seiner Resolution vom 4. März 2006 ab (Anlage 4). Ich unterstütze dagegen den folgenden Punkt im Schreiben der „Initiativgruppe“ (Anlage 2): „Die BGG soll die seit 2001/02 abgebrochene Tradition der Jahrbücher neu beleben und ihre Publikationstätigkeit in allen Medien auf die heutigen Anforderungen ausrichten“. Wobei ich anwesende Mitglieder bitte, wie bereits gesagt, Vertreter der „Initiativgruppe“ zu fragen, wie sie die „Kasseler“ Ausgabe und deren Zukunft sehen. Anlage 2 enthält leider keine konkreten Informationen hierzu, obwohl die „Kasseler“ Ausgabe für das wissenschaftliche Profil und Ansehen der Gesellschaft ganz maßgeblich ist.
Viertens, die Gesellschaft sollte sich als erstes darum bemühen, daß die unterschiedlichen Grimm-Bestände in Kassel möglichst bald inventarisiert, erschlossen und öffentlich zugänglich gemacht werden. Ich habe keine Informationen darüber, was genau zum Bestand der (Murhardschen) Bibliothek, der Gesellschaft oder des Museums gehört, oder über den Verbleib der alten Kasseler Grimm-Sammlung . Dies müßte m. E. geklärt werden. Unbedingt erforderlich ist auf jeden Fall, daß die Bestände – wo auch immer sie im einzelnen hingehören mögen – erschlossen werden. Als Forschungsstätte fällt Kassel im Vergleich zu Marburg (Moritz) oder Berlin (Breslau, Denecke/Teitge) sehr negativ auf, indem m.W. kein Verzeichnis oder Katalog öffentlich verfügbar ist. Dies ist eine unerlässliche Voraussetzung für sinnvolle wissenschaftliche Arbeit. Vielleicht könnte das Land Hessen, wenn es die Umsetzung seines Strategie-Konzepts „Hessen – Land der Brüder Grimm“ ernst nimmt, hierfür die notwendigen Mittel bereitstellen, so daß die Bestände in Kassel, ebenfalls in Bad Homburg, vielleicht auch Schlüchtern und anderswo, endlich erschlossen und verzeichnet werden. Am besten wäre dies als Online-Datenbank zu gestalten, die dann mit den zu digitalisierenden Katalogen und Verzeichnissen anderer Grimm-Stätten verlinkt werden könnte. Eine solche vernetzte Datenbank als virtuelle Zentralstelle für die Grimm-Forschung wäre ein anstrebenswertes und technisch realisierbares Ziel. Daß die Kasseler Bestände ohne Wenn und Aber allen Grimm-Forschern zugänglich gemacht werden, ist eine Selbstverständlichkeit. Daß dies jedoch in der jüngeren Vergangenheit xxxxx immer xxxx xxx xxxxxxx der Fall gewesen zu sein scheint, wie aus Forenbeiträgen hervorgeht, xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx. Hier sind m. E. auf der Mitgliederversammlung dem bisherigen Vorstand harte Fragen zu stellen, die eine Antwort verlangen. Hier tut eine neue, ganz andere Praxis bitter not.
Ich lasse es bei diesen vier Punkten bewenden. Von solchen wissenschaftlichen Gesichtspunkten würde ich meine Stimmabgabe bei den Personalwahlen am 6. Mai herleiten. Es dürfte mehr als deutlich sein, daß meiner Überzeugung nach nur ein Bruch mit der bisherigen Praxis und ein kooperativer Neuanfang die Brüder Grimm-Gesellschaft aus der jetzigen Misere und aus dem Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik führen wird, so daß sie sich auf ihre wissenschaftlichen Aufgaben konzentrieren kann. Hierfür bietet aus meiner Sicht die Information und der Wahlvorschlag der „Initiativgruppe“ viel überzeugender Gewähr, als die Beschlußanträge, Resolutionen und Wahlvorschläge des bisherigen Vorstands und des Wissenschaftlichen Rats. Ich unterstütze deshalb das skizzierte Programm und die Wahlvorschläge der „Initiativgruppe“. Auf die zur Wahl stehenden Einzelpersonen gehe ich mit einer Ausnahme nicht ein, denn dies gehört m. E. nicht hierher, sondern auf die Mitgliederversammlung. Die Ausnahme ist Herr Dieter Staubach, Berlin, der als Präsident vorgeschlagen worden ist (Anlage 3). Über Herrn Staubach, Berlin, habe ich trotz ernsthaften Bemühens überhaupt nichts ermitteln können? Offen gestanden, ist mir alles an diesem Wahlvorschlag rätselhaft, ja suspekt. Hoffentlich bringt die Mitgliederversammlung auch hier, wie sonst, die erforderliche Klärung, denn eine ähnlich mißglückte Versammlung wie die letzte im November 2005 kann sich die Gesellschaft m. E. auf keinen Fall leisten.
Dieser Beitrag wurde vom Forumsadministrator im Hinblick auf die 2008 / 2009 stattgefundene juristische Auseinandersetzung um Äußerungen zu Zugangsverhältnissen für die Wissenschaft im Grimm-Museum Kassel teilweise unlesbar gemacht.


Alan Kirkness, 24. April 2006

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Berliner Arbeitsstelle zu Kasseler Reformbemühungen
Benutzbarkeit der Kasseler Sammlungen
(Grimmforum, März 2006)

Mitglieder der Arbeitsstelle Grimm-Briefwechsel an der Humboldt-Universität zu Berlin haben sich kürzlich zu den Bemühungen um eine Reform der Brüder Grimm-Gesellschaft und des Brüder Grimm-Museums in Kassel geäußert:

Die Bemühungen um Reformen und eine Neuorganisation der Kasseler Grimm-Verhältnisse finden wir unbedingt unterstützenswert. Kassel ist eines der Zentren der Grimm-Überlieferung und der Grimm-Forschung. Es liegt im Interesse aller Interessierten, daß die große Kasseler Tradition auf einem hohen Niveau weitergeführt wird. Wir würden es sehr begrüßen, wenn die neuen Kasseler Grimm-Strukturen und ihre Vertreter ihre wichtige Rolle bei der gleichberechtigten und fairen Zusammenarbeit der mit den Brüdern Grimm befaßten Institutionen und Personen spielen würden. Eine der unseres Erachtens dafür nötigen Voraussetzungen ist es, daß die von der Brüder Grimm-Gesellschaft betreuten Buch- und Archivbestände so zugänglich gemacht werden, wie es bei anderen Sammlungen dieser Art selbstverständlich ist.✍

Grimm-Briefwechsel Berlin, 3. März 2006
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Zur Benutzbarkeit der Kasseler Grimm-Sammlungen während der letzten Jahre
Kassel besitzt mittlerweile zum zweiten Mal bedeutende Grimm-Sammlungen. Ein überwiegender und unersetzlicher Teil der alten Kasseler Grimm-Sammlung aber ist nach wie vor kriegsbedingt verschollen. Dies wiegt umso schwerer, als aus diesem verschollenen Teil der Sammlung nur ein verhältnismäßig geringer Anteil veröffentlicht wurde, das Gesammelte also nicht im historischen Gedächtnis verblieb, sondern sich zunächst an einem verborgenen Ort konzentrierte und dann mit diesem gelöscht wurde. Das Schicksal der ersten Kasseler Grimm-Sammlung läßt sich sinnbildhaft auf die in Kassel nach 1945 neu entstandenen Sammlungen beziehen. Der Besitz solcher Bestände verpflichtet dazu, alle Sorgfalt bei der sachgemäßen Verwahrung walten zu lassen, die Bestände der Erschließung und Publizierung zu öffnen und sich in erster Linie als treuhänderischer Sachwalter in der Überlieferungskette dieser Unika zu betrachten.

Unter den genannten Aspekten sind zu denjenigen Kasseler Grimm-Beständen, für die die Brüder Grimm-Gesellschaft Verantwortung trägt, kritische Anmerkungen angebracht. Klagen, daß der Zugang zu diesem Teil der Kasseler Sammlungen sich während der letzten 10 bis 15 Jahre sehr erschwert hat, kann man allenthalben hören, und es ist höchste Zeit, daß Abhilfe geschaffen wird. Bis in die erste Hälfte der 90er Jahre erfolgte der Zugang zu den im „Archiv“ des Brüder Grimm-Museums untergebrachten Beständen auf Grundlage eines Merkblatts, das sich sinnvoll an dem in Bibliotheken und Archiven üblichen Standard orientierte. Auf dieser Grundlage habe auch ich Anfang der 90er Jahre einige sehr ergebnisreiche Arbeitstage in den Räumen im Hochparterre der Murhard-Bibliothek verbracht, an die ich gern zurückdenke. Ab ca. 1993 / 94 wurde anreisenden Benutzern dann eine neue Benutzungsordnung vorgelegt, gemäß der pro Tag und Person nur noch 10 einzelne Stücke der Autographensammlung eingesehen werden konnten. Da die Autographen aus den Räumen der Murhard-Bibliothek an einen anderen Ort verbracht worden waren, sahen sich Benutzer zusätzlich mit logistischen, versicherungstechnischen und personellen Begründungen konfrontiert, die eine Benutzung der Bestände über die besagte Mengenbeschränkung hinaus komplizierten. Es kam auch zu Andeutungen, der Zugang könne noch weiter eingeschränkt oder untersagt werden, wenn wissenschaftliche Projekte unabhängig von denen der Kasseler Grimm-Gesellschaft weiterbetrieben und nicht nach deren Wünschen dort integriert würden. Meines Wissens ist es glücklicherweise allerdings nicht dahin gekommen, daß diese Andeutungen in die Praxis umgesetzt wurden.

Zu einer offiziellen Nachfrage wegen der eingetretenen Benutzungsbeschränkungen bei der Sadt Kassel, die wir nach dem Rat und Wunsch des Museumsleiters stellten, erhielten wir von diesem selbst am 15. September 1994 die briefliche Auskunft, daß wegen der schwierigen räumlichen und personellen Situation des Brüder Grimm-Museums verschiedene Sammlungsbestände hätten ausgelagert werden müssen, da keine Perspektive einer räumlichen Ausdehnung in der Murhard-Bibliothek bestehe. Dies bedeute, daß einige Sammlungsgruppen (Skulpturen, Gemälde, Autographen, Nachlässe, Sammlung Hausrat, Trivialzeugnisse, Teile der graphischen Sammlung u. a.) nur noch eingeschränkt benutzbar seien. „Von meinen (wenigen) Mitarbeitern, unter denen nur eine einzige Ganztagskraft ist, kann ich jedoch nicht erwarten, ständig Transporte zwischen nunmehr bereits drei verschiedenen Standorten zu organisieren.“

Diese Argumentation wirft Fragen auf. Ebenso — und zwar in sehr grundsätzlicher Weise — bereits die damalige Entscheidung zur Auslagerung der Sammlungsbestände, wobei zudem zu beachten wäre, daß ein erheblicher und besonders kostbarer Anteil davon ursprünglich von Bibliotheksseite zur Verfügung gestellt wurde und der Abtransport aus dem Bibliotheksgebäude auch aus diesem Grund fragwürdig war. Welche Priorität räumten die seinerzeit Verantwortlichen der sachgemäßen Unterbringung und der Zugänglichkeit der von ihnen betreuten Sammlungen ein? Wenn die getroffenen Entscheidungen sich rückschauend als der Benutzbarkeit abträglich herausstellen, was sind dann die Motive gewesen, gleichwohl so zu entscheiden? Ist es eine abwegige Vermutung, die Sammlungsbestände seien zum Spielball taktischer Interessen gemacht worden? Welche Strategie stand im einzelnen dahinter? Lassen diese und jene sich mit den Grundsätzen eines verantwortlichen Umgangs mit solchen Beständen, wie sie Standard in Bibliotheken, Museen, Archiven usw. sind, vereinbaren? Ist es nicht so, daß die Ausstrahlung Kassels als Grimm-Stadt sich erstens nach den Ausstellungen des Grimm-Museums und zweitens nach den einzigartigen Grimm-Beständen bemißt (die Reihe läßt sich fortsetzen)? Sind die Grimm-Bestände derzeit ihrem Potential entsprechend wirksam, oder werden sie trotz (und dann gewissermaßen auch wegen) der in den letzten Jahren durch neue Erwerbungen vorgenommenen Ausdehnung allmählich zum bloßen Mythos, weil es nicht — oder zumindest einem Teil der daran interessierten Wissenschaftler nicht — möglich ist zu ermitteln, welche Quellen zu einzelnen Forschungsgebieten sich tatsächlich in den Beständen befinden? Sind die Sammlungen überhaupt zur Zeit so verwahrt, daß sich der Zustand und die Vollständigkeit jederzeit überprüfen lassen? Welche Schritte müßten gegangen werden, damit ein normaler, den üblichen Standards entsprechender Archivbetrieb gewährleistet werden kann? Ist das Museum fachlich und personell der richtige Ort dafür? Sollte ein anderer Ort gewählt werden, der über die erforderlichen Kompetenzen und Kapazitäten der archivischen und bibliothekarischen Arbeit bereits verfügt, nachdem mehr als zehn Jahre in mehreren Etappen eine Verschlechterung vorgegangen ist? Oder sind die Grimm-Bestände es der Stadt Kassel und der Brüder Grimm-Gesellschaft wert, für sie eine eigenständige, funktionierende Institution zu schaffen? Wie kann dann gleichwohl das Verhältnis zur Bibliothek gestaltet werden, aus deren Beständen sich so immens vieles in den fraglichen Sammlungen befindet, und wie das zum Museum? Wann kann die Grimm-Forschung damit rechnen, daß die im Verantwortungsbereich der Brüder Grimm-Gesellschaft befindlichen Bestände zu regelmäßigen Öffnungszeiten zuverlässig und in ihrer Gesamtheit so zugänglich gemacht werden, wie es andere ähnliche Institutionen (auch in Kassel) selbstverständlich leisten?

Berthold Friemel, 7. März 2006

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Initiativgruppe zur Reform der Grimm-Gesellschaft Kassel,
Zwischenbilanz zu Kassel
(Grimmforum, Februar 2006)

Zwischenbilanz zu Kassel

Das Wochenende bietet etwas Zeit, um Eindrücke zu sammeln, was sich bei dem interessanten Grimm-Kassel-Thema im Lauf von acht bis zehn Tagen entwickelt hat. Am wichtigsten scheint mir, dass es jetzt überregional diskutiert wird, was seiner nationalen und auch internationalen Relevanz entspricht. Über kurz oder lang zeigt sich das natürlicherweise auch in den Massenmedien. Denn es geht um das Brüder Grimm-Museum überhaupt, dem Ruf und den in Kassel vorhandenen Beständen nach. Dass es beidem zur Zeit nicht gerecht wird, ist Teil des Problems, das jetzt diskutiert wird.

In Museums- wie Wissenschaftskreisen steht das Kasseler Grimm-Museum ohnehin im Zwielicht, vorsichtig gesagt. Museumsleute schütteln die Köpfe über das Ausstellungsgebaren, beispielsweise weil Reproduktionen aus fremden Beständen einfach Schildchen mit Grimm-Museums-Signaturen bekommen, als handele es sich um eigenen Besitz; und dies in einem Haus, das so weitgehend zu xxxxxxxxxx sucht, dass andere die dort vorhandenen Bestände auch nutzen können (striktes Fotoverbot im Museum/ Ablehnung, Autografen und ähnliches als Kopien oder Fotos für fremde Projekte herauszugeben). Von Wissenschaftlern werden mehr oder weniger offen mafiaartige Verhältnisse um das Grimm-Museum kritisiert (wie erzählt wird, gehörte zum Kasseler Repertoire beispielsweise, Forscher/Innen, die wegen eines Grimmprojekts mit den Kasseler Grimm-Beständen arbeiteten, in das Direktorzimmer zu bitten und ihnen mitzuteilen, entweder müssten sie das Projekt bei dem Kasseler Museumsdirektor zu dessen Bedingungen ansiedeln, oder er würde ein analoges Projekt in Kassel selbst installieren).

Im Grimmforum entstand die stolze Liste von mittlerweile sieben meist sehr umfangreichen Scheinveröffentlichungen, die garnicht erschienen sind, vom Kasseler Grimm-Museum bzw. dessen Direktor aber (meist mit Angaben über Bestellmöglichkeiten, Anzahl der Seiten und Abbildungen) bibliografisch bekanntgemacht wurden, siehe den entsprechenden Beitrag.

Auch die lokale Debatte in Kassel geht weiter, wie sich am Leserforum der „Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen“ ablesen lässt, http://forum.hna.de/forum/viewtopic.php?id=800&p=4. Dabei werden vor allem die örtlichen Verhältnisse in Kassel diskutiert, etwa eine fragwürdige Besuchsstatistik, die während der Woche in dem als Grimm-Fachblatt schon bekannten „Extra-Tip“ erschien, oder lokalpolitische Sichtweisen, da in Kassel eine Kommunalwahl bevorsteht und den verantwortlichen Politikern der beiden großen Parteien nachgesagt wird, sie versuchten, das Grimm-Thema nicht als den Skandal erscheinen zu lassen, der es eigentlich ist, weil beide Parteien für die Missstände Verantwortung tragen und eine zu engagierte Diskussion wohl beiden schaden dürfte.

Derjenige, an dem sich die Kritik während der letzten Wochen vor allem festmacht (seit es in der Kasseler Grimm-Gesellschaft durch einen zum Scheitern gebrachten Kompromiss zu einer Spaltung des bisherigen Vorstands kam), zieht es vor, die Debatten auszusitzen und sich möglichst wenig zu äussern. Die „Frankfurter Rundschau“ zitierte am Mittwoch eine Pressemitteilung von und ein Gespräch mit Dr. Lauer, noch? Geschäftsführer der Grimm-Gesellschaft und Leiter des Grimm-Museums Kassel. Immerhin dementiert er hier, nach anderthalb Wochen, seine angebliche Entdeckerrolle bezüglich aufgefundener Grimm-Handexemplare: „Ich beanspruche nicht für mich, die Bücher entdeckt zu haben“. Der Frage, wie die Veröffentlichung im Kasseler „Extra-Tip“ mit der Entdeckungsbehauptung zustandekam, wie allen anderen kritischen Fragen weicht der Museumschef nach wie vor mittels vornehmer Zurückhaltung aus (von den noch gar nicht öffentlich aufgeworfenen weiteren Themen und den dazu zu stellenden Fragen ganz abgesehen). Von einem „Streit, den Dr. Bernhard Lauer, Geschäftsführer der Brüder-Grimm-Gesellschaft und Direktor des Grimm-Museums in Kassel als eine Schmutzkampagne einstuft, die er nicht kommentieren will“, schrieb am 3. 2. die „Hessisch-Niedersächsische Allgemeine“; die „Provokationen“, die gegen ihn im Umlauf seien, wolle er nicht kommentieren, gab den Museumsdirektor am 8. 2. die „Frankfurter Rundschau“ wieder, mit dem wörtlichen Zitat: „Absurdes Theater gehört auf die Bühne. In der Wissenschaft ist kein Platz dafür“. Die zum FR-Artikel gehörende Abbildung zeigt Lauers Portrait in einem Arrangement von Grimm-Büsten, dreimal Wilhelm und zweimal Jacob sind zu sehen, wobei Lauers Kopf in der Bildhöhe ungefähr da anfängt, wo die oberen Haarlocken der Brüder Grimm sich befinden, Lauer durch seine große Brille also souverän über die Brüder hinwegblickt – während nochmals beide Brüder im Profil seitwärts von einem Poster auf Augenhöhe zu Lauer hinüberschauen. Das Zitat Lauers über „absurdes Theater“, mit dem der Artikel schließt, und die Inszenierung auf dem Bild sind in der Zusammenschau in höchstem Maß kennzeichnend für das Auftreten Lauers im bisherigen Verlauf dieser Auseinandersetzung.

Es wäre zu wünschen, dass in der (wohl noch am Anfang befindlichen) Diskussion über Kasseler Grimm-Angelegenheiten auch Alternativen entwickelt werden, wobei die Liste der aufzuarbeitenden Missstände offenbar noch nicht zu Ende ist.

Dieser Beitrag wurde vom Forumsadministrator im Hinblick auf die 2008 / 2009 stattgefundene juristische Auseinandersetzung um Äußerungen zu Zugangsverhältnissen für die Wissenschaft im Grimm-Museum Kassel teilweise unlesbar gemacht.

milatosSO36, 11. Februar 2006
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„MilatosSO36“ ist für die präzise und faire Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse zu danken. Ich fühle mich in meiner ursprünglichen Kritik an dem Grimm-Museum („Ein weiteres Gräberfeld in Kassel“) bestätigt und freue mich, wenigstens aus Berlin ein zustimmendes Signal zu erhalten. Leider halten sich die zuständigen Kasseler Kulturpolitiker nach wie vor bedeckt ! Wer das Forum der HNA konsultiert, wird feststellen, daß die durchsichtige Taktik des Stillschweigens vor der Kommunalwahl beim Bürger nicht mehr verfängt. Ein Blick auf die pathologischen politischen Verhältnisse erscheint mehr als notwendig. Die Partei des OB Hilgen (SPD) hofft „im Schlafwagen“ wieder die seit Jahren verlorengegangene Mehrheit wiederzuerlangen und hat Stillschweigen in allen strittigen Politikfeldern verordnet. Im konkreten Fall des Grimm-Museums kommt noch hinzu, daß sich der kundige Bürger fragt, warum eine windige Figur wie Dr.Lauer Jahre lang den Verantwortlichen eine Nase drehen konnte. Zur politischen Verantwortlichkeit der Berufung Lauers ist zu bemerken, daß er seine Postion dem damaligen OB Hans Eichel verdankt, der z.Zt. noch MdB des Wahlkreises ist. Lauer hat mit Geschick seinen Einfluß ausgebaut : in der Saufszene des Landkreises Kassels z.B. mit Hilfe des Landrates Schlitzberger und des Betreibers einer bekannten Brauerei, dessen Grimmkompetenz in der Verwandtschaft mit der Dorothea Viehmann begründet ist. Ein solcher Einfluß hat Folgen : Im Kulturamt sind seit Jahren die Eskapaden des Dr.Lauer bekannt – ohne daß es Abmahnungen oder auch nur vorsichtige Kritik gegeben hätte ! Zudem darf man nicht unterschätzen, welche Rolle die „Marke Grimm“ während der Kulturhauptstadtbewerbung gespielt hat. Zwei Jahre nach diesem Ereignis lesen sich die Bewerbungsunterlagen wie ein feinsinniges Zeugnis von Realsatire – Tenor : Posemuckel will Metropole spielen. Und unser Dr.Felix Krull durfte mundhurig mitspielen -nicht zuletzt hat der Expastor und jetzige Kulturdezernent Junge (CDU) davon politisch profitiert. Aber im Ernst : man stelle sich vor, Kassel wäre Kulturhauptstadt geworden und Dr. Lauer Zugriff auf Millionen von öffentlichen Mitteln eröffnet worden – die Quantität wäre wohl kaum in Qualität umgeschlagen. Ich stimme „milatos“ zu, daß der Fall mittlerweile eine Sache für die überregionale Presse ist. In ihm sind fatale Tendenzen unseres Kulturlebens aufweisbar, die über eine „Provinzposse Kassel“ weit hinausgehen. Außerdem haben Kasseler Politik und Presse nicht den Willen und die Kraft , die Probleme aus eigener Anstrengung heraus zu lösen. Was „milatos“ über das Verhalten Dr.Lauers gegenüber auswärtigen Forschern mitteilt ist ebenso skandalös wie es ins Psychogramm des Museumsdirektors paßt. Zu dem von Dr.Lauer bemühten „Absurden Theater“ ist zu sagen, daß Kassel seit der Entdeckung des sporadischen Aufenthalts Samuel Becketts sich als „Beckett – Stadt“ (sic !) sieht – ob Dr.Lauer schon ahnt, daß er sich im „Endspiel“ befindet ?


Rudolf Theisen, 12. Februar 2006

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„Initiativgruppe will Erneuerung“
Wie die „Hessisch-Niedersächsische Allgemeine“ in ihrer Online-Ausgabe unter http://www.hna.de/hessen_kassel/00Initiativgruppe_will_Erneuerung.html berichtet, hat sich in der Brüder Grimm-Gesellschaft Kassel eine Initiativgruppe gebildet, die auf einen neuen Vorstand und eine Reform der Gesellschaft hinarbeitet. In dem Artikel von Dirk Schwarze heisst es:

Mit der Wahl eines neuen Vorstandes soll am 6. Mai die seit November schwelende Krise der Brüder-Grimm-Gesellschaft beendet werden. Als neuer Vorsitzender wird, wie berichtet, Prof. Hans Brinckmann, der frühere Präsident der Universität Kassel, vorgeschlagen. Er hat sich auf Bitten von Oberbürgermeister Bertram Hilgen zur Kandidatur bereit erklärt und hat mit einer Initiativgruppe die Bemühungen zur Erneuerung der Gesellschaft eingeleitet.

In einem Brief an die Mitglieder der Gesellschaft werden die Konflikte, die zum Rücktritt mehrerer Vorstands- und Beiratsmitglieder führten, beschrieben. Der Initiativgruppe gehören unter anderem die Germanisten Prof. Claudia Brinker-von der Heyde, Holger Ehrhardt, Prof. Andreas Gardt (Kassel) und Prof. Hartmut Kugler an, die in verschiedenen Funktionen innerhalb der Grimm-Gesellschaft tätig waren.

Als eine der Hauptursachen für die Krise wird die „seit Jahren zunehmend schwierige Kooperation mit Dr. Bernhard Lauer“ genannt. Lauer habe, so lautet der Vorwurf, „seine Stellung als Geschäftsführer der Brüder-Grimm-Gesellschaft und als Leiter des Brüder-Grimm-Museums genutzt, den Zugang zu den Kasseler Grimm-Beständen von seiner individuellen und willkürlich erteilten Zustimmung“ abhängig zu machen. Die zum Teil heftigen Spannungen hätten die „inhaltliche Arbeit massiv“ xxxxxxxxx. So seien mehrere Kooperationen abgebrochen worden und neue Initiativen zum Thema Grimm außerhalb Kassels entstanden. …

Daher wird vorgeschlagen, die Leitung des Grimm-Museums und die Geschäftsführung der Brüder-Grimm-Gesellschaft zu trennen. … Die langfristigen Ziele sind: Zusammenarbeit der Brüder-Grimm-Gesellschaft mit anderen Grimm-Stätten und -Vereinigungen, intensivere Identifizierung mit der Region, Förderung des Museums, Profilierung als Grimm-Forschungsstelle und Gründung einer Akademie sowie Umstrukturierung aufgrund einer Satzungsänderung.

Zum offenen Konflikt war es im vorigen Jahr gekommen, nachdem Lauer als Museumsdirektor und Geschäftsführer der Gesellschaft angekündigt hatte, zusätzlich für das Amt des Vorsitzenden zu kandidieren und somit den bis dahin amtierenden Präsidenten Wolfgang Windfuhr abzulösen. Nachdem der Versuch gescheitert war, auf der Grundlage eines Kompromisses die Satzung zu ändern und den Vorstand unter der Führung von Windfuhr zu erweitern, waren Windfuhr und andere zurückgetreten. So bilden jetzt Dr. Lauer als Geschäftsführer und Schatzmeister Tampe den Restvorstand, den die beiden um Dr. Grothe aus dem Wissenschaftlichen Rat ergänzten.

(Zitat: Dirk Schwarze, Hessisch-Niedersächsische Allgemeine vom 16. 2. 2006)

Dieser Beitrag wurde vom Forumsadministrator im Hinblick auf die 2008 / 2009 stattgefundene juristische Auseinandersetzung um Äußerungen zu Zugangsverhältnissen für die Wissenschaft im Grimm-Museum Kassel teilweise unlesbar gemacht.


milatosSO36, 17. Februar 2006

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Allgemein

Gräberfeld Brüder Grimm-Museum Kassel
(Grimmforum, Anfang 2006)

Ein weiteres Gräberfeld: das Brüder Grimm-Museum Kassel

Für die Eröffnung des Grimmforums bin ich als Bewohner des Nordhessischen Raumes besonders dankbar, da es die Möglichkeit bietet, in freier und unverstellter Weise auch die Defizite der offiziellen Kasseler Grimm-Aktivitäten zu problematisieren. Leider dominieren in Kassel zwei Publikationsorgane die kulturelle Meinungsbildung : eine scheinbar unabhängige Provinzzeitung mittlerer Qualität (die „Hessisch Niedersächsische Allgemeine“), sowie ein halbpornographisches Anzeigenblättchen (der „Extra Tip“), der trotz seines fragwürdigen Niveaus in letzter Zeit von dem Direktor des Brüder Grimm-Museums Dr. Lauer gerne als Referenzorgan genutzt wird. Kritische Äußerungen über den Zustand und die Qualität seines Hauses werden zwar in kleinem Kreis häufig geäußert, eine offene Debatte findet jedoch weder in der Kasseler Publizistik noch in der Öffentlichkeit statt. Holger Erhardt hat auf diesen Seiten in einem etwas morbiden Beitrag über die Gräber!! der Familie Grimm eindringlich berichtet. Als Mitarbeiter des Grimm-Museums gelang ihm unbewußt und unfreiwillig komisch damit auch eine analoge Beschreibung seines Hauses.

Vor einigen Wochen hatte ich zum wiederholten Mal das zweifelhafte Vergnügen, Freunde von außerhalb durch das Museum begleiten zu dürfen. Diese – von Hause aus Literaturwissenschaftler und Linguisten und Kenner von Literaturmuseen nicht nur im deutschsprachigen Raum – waren verblüfft bis verärgert, ein Haus anzutreffen, das selbst bescheidenen Ansprüchen nur in Ansätzen genügt.

Nur einige wenige Stichworte :

Auf den ersten Blick erscheint das Haus wie eine von Laien eilig zusammengesuchte Sammlung disparater und nur selten singulärer Ausstellungsstücke. Gegen eine von Liebhabern unternommene Veranstaltung spricht hingegen die Lieblosigkeit, mit der im wesentlichen Flachware mit häufig wenig erhellenden Kommentarschildchen in Vitrinen drapiert wurde. Weite Teile des Grimmschen Werkes werden nur kurz angedeutet. Die Chance zum Beispiel, einen spröden Gegenstand wie die Indogermanistik in origineller Form im Kontext historischer wie gegenwärtiger Forschung zu präsentieren wird verschenkt. Der politische und gesellschaftliche Bezugsrahmen und die Beziehung zur Kasseler Zeitgeschichte verbleibt im Rahmen lexikonartigen Allerweltswissens. Einen gewissen skurrilen Wert kann die Präsentation der Grimm-Büsten beanspruchen, die in einer Arno-Brekerhaften Wucht eine Großmannssucht symbolisiert, die den Brüdern Grimm fremd war.

Insgesamt zielt das Haus auf eine Darstellung des Märchenwerks. Dies ist an sich nicht kritisierenswert, wäre dabei ein wenig mehr geistiger Anspruch und historisch-kritischer Sinn erkennbar. Das oberste Stockwerk soll in Ansätzen der Auseinandersetzung mit einer expliziten Märchentheorie gewidmet sein, leider ist dies wegen fehlender Information nicht leicht nachvollziehbar. Ein Versuch, Märchen und Märcheninterpretationen und die diesen zugrunde liegenden theoretischen Ansätzen für ein breiteres Publikum systematisch zu problematisieren erfolgt nicht. So vagiert das Zentrum der Ausstellung zwischen begriffsloser Banalität und einem schlecht getroffenen Touch Walt Disney. Insgesamt ist das Museum weniger ein Brüder Grimm-Museum, sondern ein Brüder Grimm-Märchenmuseum mit angehängten biographischen Versatzstücken.

Während unseres Aufenthalts wurden wir Zeuge des Besuchs einer japanischen Reisegruppe. Das Haus wird – nach städtischen Informationen – von ostasiatischen und amerikanischen Besuchern frequentiert, im Zeichen fortschreitender Merkantilisierung sicher ein Plus für die Stadt Kassel. Zu den papageienhaft nachgeplapperten Topoi – die auch von der Kasseler Provinzpresse kritiklos weitergereicht werden – gehören die Rede von der „Marke Grimm“ und dem „Mitspielen in der ersten Reihe der Literaturmuseen der Welt“. Wägt man diesen selbstgestellten Anspruch mit der traurigen Realität ab, so drängt sich im Blick auf die auswärtigen Besucher nur das Wort „Touristennepp“ auf.

Nach dem Ende der DDR wurden die dortigen Museen einer Evaluation unterzogen. Ich sehe die Problematik eines solchen Verfahrens und plädiere zunächst einmal für eine ehrliche und selbstkritische Bilanzierung des gegenwärtigen Zustandes in der kompetenten Öffentlichkeit. Diese Debatte kann aber nur von den an der Sache Interessierten ausgehen und muß endlich den von Kommunal- und Kulturpolitikern angeschlagenen Marketingjargon und das zunehmend nervtötende Kuturdummdeutsch hinter sich lassen.

Rudolf Theisen, 23. Januar 2006
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Sehr geehrter Herr Theisen,
zu Ihrem Beitrag möchte ich eine sachliche Korrektur anbringen. Ich bin nicht Mitarbeiter des Grimm-Museums.
Mit freundlichen Grüßen
Holger Ehrhardt

Holger Ehrhardt, 24. Januar 2006

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Beispiele für besser Gemachtes?

Die Beschreibung von Herrn Theisen ist anschaulich, allerdings auch ziemlich drastisch. Bis zu einem gewissen Grad ging es mir ähnlich, als ich das Museum vor knapp zwei Jahren das letzte Mal besucht habe.
Nur: ist das Grimm-Museum in Kassel nicht in einer schwierigen, allerdings auch chancenreichen Lage dadurch, daß es, soviel ich weiß, gerade erst seit recht kurzer Zeit das ganze Palais Bellevue gestalten kann? Ich nehme an, es hat sich in den letzten zwei Jahren doch sicher noch eine Menge getan?

Die Gestaltung musealer Ausstellungen zu literarischen Themen ist ja ohnehin komplizierter als etwa eine Ausstellung von Statuen oder Gemälden, weil das Geschriebene eigentlich meist zum Lesen am Tisch bestimmt ist, nicht zum Gebrauch in einer Ausstellung. Geschriebenes ist zunächst auch immer „Flachware“. Und kleingedruckt oder kleingeschrieben, nicht zum Betrachten auf Distanz gemacht.

Durch eigene Ausstellungserfahrungen weiß ich, daß es sehr gut ankommt, wenn dreidimensionale Alltagszeugnisse wie Schreibmaterialien, Möbelstücke, Textilien, Porzellan, Tafelsilber und ähnliches zur Verfügung stehen, weil sich mit ihrer Hilfe die literarischen und wissenschaftlichen Werke in ein Lebensganzes einbetten lassen und die aus dem Lebenszusammenhang der jeweiligen Persönlichkeiten erhaltengebliebenen Gegenstände zum Reden über die Entstehungsumstände des Werks gebracht werden können. Damit kann man fast jeden irgendwie ansprechen, und dieser Weg über den am konkreten Beispiel wiederbelebten Alltag ist wohl die bewährteste Auflösung des angedeuteten Dilemmas. Im Idealfall, den ich mehrfach erlebt habe, war über die Einführung in die Alltagsumgebung, aus der das Werk entstand, ein Interesse für wissenschaftliche Aspekte der Aussstellung geweckt, von denen der Besucher oder die Besucherin vorher nie gehört hatte.
Das Grimm-Museum in Kassel verfügt ja über mancherlei dergleichen; ob es schon ideal „ins Licht“ gesetzt ist?

Gibt es denn ein Literaturmuseum oder eine literarische Ausstellung, deren Konzepte vorbildlich für ein Projekt wie das des Grimm-Museums in Kassel sein würden? Es wäre gut gewesen, wenn Herr Theisen hierzu Beispiele genannt hätte. Denn neben alle verständliche und berechtigte Kritik sollten doch auch Vorschläge treten, wie es besser gemacht werden könnte. Das würde auch uns an der HU Berlin im Blick auf unsere bisherigen Ausstellungserfahrungen sehr interessieren!

Berthold Friemel, 24. Januar 2006

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Herr Friemel spricht zu Recht die besondere Problematik von Museen an, die mit „Flachware“, das heißt mit einer Fülle verschriftlicher Materialien zu arbeiten haben. Sein Hinweis, daß Alltagserzeugnisse es ermöglichen, den Lebenskontext zu repräsentieren und abstraktere Zusammenhänge zu stiften vermögen, korrespondiert mit einer von mir gepflegten Methode, als philologisch-literaturwissenschaftlicher Laie bei Museumsbesuchen triviale Fragen zu stellen und nach einer Antwort in der Ausstellung zu suchen. Im Falle des Brüder Grimm-Museums drängen sich etwa angesichts der Fülle des Briefmaterials Fragen nach den Kommunikationswegen der Zeit auf, nach den Kosten einer solchen Korrespondenz, den Preisen von Papier, Tinte etc. Nach der Organisation des Arbeitstages eines Gelehrten des 19.Jahrhunderts – die schlußendlich zur Frage führt, wie die Gelehrtenexistenz der Grimms für uns überhaupt noch nachvollziehbar ist. Ich erinnere mich an eine (Teil)Rekonstruktion des Berliner Arbeitszimmers in der Ausstellung zur Geschichte der Disziplinen der HU vor einigen Jahren – solch ein „historischer Raum“ wäre auch in Kassel realisierbar. Eine andere Erfahrung : Warum vertraut man nicht auf die Aussagekraft der Handschrift ? Zum Schubertjahr 1997 gelang es in Wien nur mit der Dokumentation der handschriftlichen Entwicklung ein Leben erfahrbar zu machen. Zugegebenermaßen befindet sich das Haus in einer gewissen Sonderposition zwischen literatur – und wissenschaftsgeschichtlicher Sammlung. Wenn es den Anspruch erhebt, Leben und Werk der Brüder zu dokumentieren muß die Proportionalität zwischen Märchen (Literatur) und Wissenschaft (Philologie, Lexikon) gewahrt bleiben. Dies geschieht hier leider nicht. Auch das Gebiet der Sprachforschung wäre weitaus eindringlicher gestaltbar. Es liegen über – ich habe die Zahl nicht genau im Kopf – 140 Übersetzungen der Märchen vor. Warum z.B. nicht Sprechproben einer bekannten Märchenanfangs in verschiedenen Sprachen dem Besucher zum Vergleich anbieten. So wäre zudem eine Brücke zur Indogermanistik zu schlagen und das vorhandene Interesse für die Verschiedenheiten und Verwandtschaften der Sprache in vertiefter Form zu wecken. (Warum auch nicht eine Kuriosität, die es in Form eines rekonstruierten „indogermanischen Märchens“ von – Frage an den Fachmann : August Schleicher ? – geben soll, dokumentieren, wie überhaupt noch lebendigeTraditionen des Märchenerzählens (Orient!) einbeziehen ?)
Dies nur wenige assoziativen Überlegungen – ein systematisches Weiterdenken, das ausgewiesene Kenner mitbeteiligen müßte!, dürfte bis in sprachpolitische und anthroploogische Gebiete führen, die mitnichten für eine breiteres Publikum uninteressant sind – vorausgesetzt, man betreibt das Unternehmen nicht als ein Einmannunternehmen, wie die Selbstdarstellung des Hauses dies nahe legt.
Was die angesprochenen Möglichkeiten durch die fast vollständige Gesamtnutzung des Schloß Bellevue betrifft, so fällt bei einem häufigeren Besuch des Museums auf, daß ein regelmäßigerer Wechsel durch bislang nicht gezeigtes Material aus dem Fundus nicht erfolgt. Zugenommen hat die Tendenz, weitere Bücher in Vitrinen zu präsentieren. Es stellt sich die Frage, wieviel aussagefähiges Ausstellungsgut eigentlich noch vorhanden ist. Die Frage sollte bitte nicht polemisch verstanden werden. Im Zuge der Planungen eines Neubaus wird von Seiten der Leitung des Hauses in der Öffentlichkeit laufend ein größerer Flächenbedarf geltend gemacht.
Ein Blick in den mittlerweile historisch gewordenen kleinen Katalog der frühen (Deneke) Jehre verweist auf eine zweite Proportionsverschiebung. Man konnte die kleine Sammlung als Gedenkstätte verstehen, die eine wesentlichere Aufgabe flankieren sollte : die Arbeit am Wort, d.h. an den Werken der Brüderpaares. Eine Arbeit, die seinerzeit als die vornehmste Aufgabe der Brüder Grimmgesellschaft definiert wurde. Vielleicht sollte man eine Kritik am Museum auch im Blick auf ein verschollengegangene Selbstverständnis der Grimmgesellschaft würdigen.
Der Versuchung, Lob und Tadel über vergleichbare Museen zu verteilen möchte ich mich entziehen – ich habe Häuser gesehen, die materiell noch schlechter ausgestattet waren, in manchen dieser Museen hätte man am professionellen Standard beckmessern können : was die Defizite vergessen ließ, war das erkennbare Herzblut und eine sachbezogene Leidenschaft für die Sache. Nennen Sie mich weiter polemisch : genau das letztere vermisse ich im Falle des Brüder Grimm-Museums.

Rudolf Theisen, 25. Januar 2006

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Rudolf Theisen schrieb: sowie ein halbpornographisches Anzeigenblättchen (der „Extra Tip“), der trotz seines fragwürdigen Niveaus in letzter Zeit von dem Direktor des Brüder Grimm-Museums Dr. Lauer gerne als Referenzorgan genutzt wird.

Sehr geehrter Herr Theisen,

das „halbpornographische Anzeigenblättchen“ unterschätzen Sie in seiner Wirkung aber gewaltig. Der Extra-Tip hat einen derartigen Verbreitungsgrad und ist dermaßen meinungsbildend, dass niemand sich erlauben kann, sich mit dessen Chef(redakteur) Klaus Becker zu überwerfen. Klaus Becker entscheidet Wahlausgänge – und die nächste Kommunalwahl steht vor der Tür. Herrn Brinkmann als designierten Nachfolger von Herrn Windfuhr hat er schon beschädigt, die Wissenschaftler der Uni Kassel auch. Und was passiert von anderer Seite – ein überaus leicht zu durchschauendes, politisch gewolltes Stillhalteabkommen. So bekommt man das BGM und die BGG bestimmt nicht auf neuen Kurs. Nicht zaudern – zupacken. Herr L. macht es vor.

http://194.25.86.242/extratip/FMPro?-DB=et-artikel.fp5&-format=artikelhoch.html&artikel.nummer=2677&-script=aktiv&-lay=www&-find

Jeanne d’Arc, 25. Januar 2006

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Wahrnehmungsstörungen
Jeanne d’Arc ist für den Link zur neuen Ausgabe des „Extra-Tip“ um so mehr zu danken, als der dort neu erschienene Beitrag über Dr. Lauer, den Direktor des Grimmuseums Kassel, auch einen höchst wunderlichen Bezug zu den in einem anderen Forumbeitrag ausführlich vorgestellten DWB-Handexemplaren in Krakau enthält. In der von Jeanne d’Arc verlinkten Onlinefassung des „Extra-Tip“-Artikels mit der Überschrift Intrigen gegen Dr. Lauer / Aktiver Chef des Grimm-Museums sollte in einer „konzertierten Aktion“ diffamiert werden heißt es zur, wie Klaus Becker formuliert, Entdeckung von Arbeitsheften der Brüder Grimm, für ihr epochales Werk „Das deutsche Wörterbuch“:

So ist wohl auch die Entdeckung der Arbeitshefte der Brüder Grimm, vor allem die Berichterstattung darüber, Teil jener Kampagne, die zur Zeit in gewissen Kreisen gegen den Museumsleiter Dr. Bernhard Lauer gefahren wird. In der sich besonders Wissenschaftler hervortun, die bisher noch nicht zum Thema Brüder Grimm publiziert haben.

Zu einem mit dem Beitrag publizierten Bild heißt es ferner (und, wenn man genau hinschaut, in kuriosem Widerspruch zur eben zitierten Behauptung):

Dr. Bernhard Lauer, Direktor des Brüder-Grimm-Museums in Kassel, hatte die Arbeitshefte der Brüder Grimm entdeckt.

Den Hergang der Sache kann man in dem Forumbeitrag von Professor Alan Kirkness (Auckland, Neuseeland) nachlesen, in dem er über die Krakauer Exemplare informiert hat (Grimm-Handexemplare des „Deutschen Wörterbuchs“, 16. Januar 2006).
Die Exemplare hat, wie durch diesen Beitrag von Kirkness und die darauf folgenden Medienberichte allgemein bekannt ist, die Jagiellonen-Bibliothek Krakau entdeckt, in nahem zeitlichem Bezug zu einer Rundfrage von Alan Kirkness bei verschiedenen polnischen Einrichtungen, in der er die Exemplare beschrieb und ihre Wichtigkeit hervorhob. Die Jagiellonen-Bibliothek hat Kirkness die Existenz der Exemplare auf seine Rundfrage hin Ende September mitgeteilt. Die Entdeckung erfolgte in der Tat damals, erst dann wurden die Exemplare zur Aufnahme in das Handschriftenmagazin vorgesehen und desinfiziert, bis sie der wissenschaftlichen Benutzung zugänglich gemacht werden konnten.

Die Reklamation in der Kasseler Zeitung „Extra-Tip“, Dr. Lauer in Kassel habe die Exemplare entdeckt, ist kaum begreiflich und zeugt zum mindesten von Wahrnehmungsstörungen, bei denen man sich fragen könnte, welche Gefahren eigentlich von ihnen ausgehen für alle wissenschaftlichen und musealen Bemühungen um die Brüder Grimm, für die seriöse Tradition des Brüder Grimm-Gedenkens in Kassel und insbesondere für die kostbaren Kasseler Grimm-Sammlungen.

Berthold Friemel, 29. Januar 2006

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Seltsames Verhalten
Liebe Forum-Teilnehmer,
ich weiß nicht, ob mein Beitrag zum obigen Thema paßt, nach diesen unglaublichen Vorgängen muß ich aber eine Begebenheit mitteilen, die mir eine Kasseler Kollegin kürzlich erzählte, als im „Extra Tip“ schon ein Artikel Dr. Lauer als großen Wissenschaftler und als Opfer der Politik darstellte.
(Vielleicht sollte den Artikel auch einmal jemand hier veröffentlichen).

Und zwar fand im Herbst des letzten Jahres in einer Kasseler Bank ein Unterhaltungsabend statt, den Dr. Lauer organisiert hatte. Dabei wurde ein von ihm verfaßtes Gespräch zwischen den Brüdern Grimm von Schauspielern vorgelesen. Das Gespräch endete damit, daß Jakob und Wilhelm Grimm nach Kassel reisten und den Teilnehmern dieses Abends mitteilten, daß sie ja eigentlich schon tot wären und daß es in Kassel aber einen gäbe, nämlich Dr. Lauer, der dafür sorgte, daß sie weiterlebten. Dieser Schluß hat viele Anwesende peinlich berührt, da klar war, wer der Autor dieses Stücks war.

Der jetzige Vorgang paßt sehr gut dazu. Wieder stellt Herr Dr. Lauer sich als Grimm-Forscher in den Vordergrund und es nimmt peinliche Formen an. Von seinen Forscherkollegen muß sein Verhalten als ein Schlag ins Gesicht empfunden werden.

Alexandra Marheineke, 29. Januar 2006
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Tabubruch
Die letzten Tage bin ich häufig auf die Diskussion über das Brüder Grimm – Museum angesprochen worden, die – nach der Infomation von Herrn Trautmann – nun auch in einem Forum der HNA eine Fortsetzung erfahren hat.
Die Resonanz war sehr groß, wobei der Tenor vorherrschte, daß es notwendig gewesen war, dies Thema endlich in die Öffentlichkeit zu tragen. Ja, es wurde sogar von einem „Tabubruch“ gesprochen. Ein pathetisches Wort, daß jedoch melancholisch stimmt, da offensichtlich eine jahrelang betriebene einseitig-positive Berichterstattung über das Haus jeden kritischen Einspruch schon im Ansatz ersticken ließ.
Mancherlei Zorn wurde auch geäußert, der sich – man muß es fairerweise sagen – nicht allein an Dr.Lauer entzündete, sondern auch an einer desolaten Kulturpolitik, die sich gerne in großmäuligen Absichten ergeht, aber zu feige ist, die aufgetretenen Probleme auch mit unangenehmen Maßnahmen zu lösen.
Daneben wurde allerdings an der bisherigen Auseinandersetzung kritisiert, daß zu sehr über Dr.Lauer und nicht mit ihm gesprochen wird.
In einem Bericht in der heutigen HNA (4.2.06) über das Berliner Grimmforum wird mitgeteilt, daß Herr Lauer das Niveau nicht als ihm adäquat betrachtet.
Auch wenn ich mich wiederholen sollte ist festzuhalten :
Sein publizistischer Büchsenspanner Becker vom Extra Tip verteidigt ihn mit absurden Verschwörungstheorien und glaubt, durch üble Nachrede (Fall Professor Brinkmann) und byzantinistische Heldenverehrung Herrn Dr.Lauer erfolgreich die Stange halten zu können.
Ist das ein adäquates Niveau ?
Warum ist der Leiter des Brüder Grimm-Museums nicht bereit, mit Grimminteressierten über neue Konzepte und Ziele einen Dialog zu führen ?
Warum nimmt Herr Dr.Lauer nicht die Gelegenheit wahr, in einer einem Wissenschaftler angemessenen Weise seine methodischen Konzepte und sein wissenschaftliches Selbstverständnis darzustellen ? Er hätte die Chance, mancherlei Dinge, die aus seiner Sicht wahrscheinlich nicht zutreffend sind, zu korrigieren und zu erläutern. Niemand wird sich dann einem sachlichen Dialog verweigern.
So ist zu befürchten, daß er sich weiter in die Position der verfolgenden Unschuld zurückzieht und das Geschäft durch einen geifernden Citizen Kane der nordhessischen Anzeigenbranche besorgen läßt.

P.S.
Morgen ist wieder Extra Tip Tag

Rudolf Theisen, Samstag, 4. Februar 2006

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Niveau

Aus einiger Distanz betrachtet, ergibt sich von diesen grimmigen Verwicklungen eigentlich ein recht deutliches Bild:

Wenn jemand ein Medium wie das Kasseler Anzeigenblättchen „Extra-Tip“ für seine Agitation in Dienst nimmt, dabei auch ganz getrost gelogen wird, Wissenschaftler angepöbelt werden und schlußendlich dann, wenn es zu öffentlichen Diskussionen und Nachfragen kommt, alles mit der Reaktion des Haupthelden unter den Teppich gekehrt wird, die Diskussionen und ihre Kreise und Foren seien „eine Schmutzkampagne“ und „unter seinem Niveau“, dann ist das auch eine eindeutige Antwort auf all die Kritik und die Nachfragen, und es braucht kaum eine andere mehr. Der Fall scheint jetzt ziemlich klar und, was das Niveau der Hauptperson betrifft, erledigt.
(Alte Gaunertricks, „Haltet den Dieb“ rufen und so.)


milatosSO36, 5. Februar 2006

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Allgemein

Grimm-Handexemplare des „Deutschen Wörterbuchs“,
fälschliche Entdeckungs-Behauptung in Kassel
(Grimmforum, 2006)

Pressemitteilung

Arbeitsexemplare der Brüder Grimm in Krakau
Fälschliche Entdeckungs-Behauptung in Kassel

In der Kasseler Lokalpresse erschien am Wochenende eine Veröffentlichung, in der behauptet wird, die kürzlich durch zahlreiche Presseberichte bekanntgewordenen Handexemplare der Brüder Grimm von ihrem „Deutschen Wörterbuch“ seien vom Direktor des Kasseler Grimmuseums in der Jagiellonen-Bibliothek Krakau entdeckt worden. Dies ist ebenso falsch wie die im selben Bericht enthaltene Behauptung, die Entdeckung und Bekanntmachung der neun Bände seien wohl Teil einer Kampagne, die zur Zeit gegen den Museumsleiter „gefahren“ werde. Letztere Behauptung steht zudem im Widerspruch zur ersteren, der Museumsdirektor selbst habe die Exemplare entdeckt.

Die verschollengeglaubten Bände wurden selbstverständlich von der Jagiellonen-Bibliothek in Krakau entdeckt, in der sich ehemals ins schlesische Grüssau ausgelagerte, aus der Preußischen Staatsbibliothek stammende Rara-Sammlungen befinden. Zu diesen gehören die Exemplare.

Die Entdeckung der Exemplare, unsere seitdem begonnenen Forschungen über sie und die Veröffentlichungen im Januar hatten weder mit der Stadt Kassel noch gar mit einer Kasseler Persönlichkeit etwas zu tun. Die Information gelangte vielmehr (wie berichtet) zunächst nach Berlin, als der neuseeländische Germanist Alan Kirkness während eines Forschungsaufenthalts an der Arbeitsstelle Grimm-Briefwechsel (Humboldt-Universität zu Berlin) die Quellenüberlieferung zum „Deutschen Wörterbuch“ im Zusammenhang mit einer Briefwechsel-Edition neu recherchierte. Die Nachricht aus Krakau traf Ende September ein. Mit einer öffentlichen Bekanntmachung haben wir gewartet, bis mit der Jagiellonen-Bibliothek Einigkeit über das weitere Vorgehen erzielt war. Diese informierte im November die Staatsbibliothek Berlin und im Dezember auch weitere sachlich zuständige Stellen. Darunter war die Brüder Grimm-Gesellschaft, die vor Weihnachten die Mitteilung aus Krakau ins Netz stellte. Im Januar schließlich berichteten deutsche und internationale Medien.

Inzwischen ist eine Partie der Exemplare genauer untersucht worden. Erste Ergebnisse werden in der nächsten Zeit im Internet unter www.grimmforum.de zugänglich gemacht.

Alan Kirkness (Auckland, Neuseeland)
Berthold Friemel (Berlin)
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Links zum Thema
Bericht von Klaus Becker, „Extra-Tip“ Kassel: http://194.25.86.242/extratip/FMPro?-DB=et-artikel.fp5&-format=artikelhoch.htm l&artikel.nummer=2677&-script=aktiv&-lay=www&-find

Beschreibungen der Krakauer Exemplare und weitere Hintergrund-Debatten sowie Kontaktmöglichkeiten zur Forschung: http.//www.grimmforum.de

📷
Bilder zur publizistischen Verwendung (Downloadmöglichkeit aus dem Grimmnetz)
1

2

1: Zwei Seiten aus einem der in Krakau aufgefundenen Grimm-Bände mit Notizen Jacob Grimms. Der Verleger Salomon Hirzel in Leipzig ließ für die Brüder Grimm Exemplare mit besonders breitem Rand auf besserem Papier drucken, so daß sie die Möglichkeit hatten, ihre neuen Erkenntnisse mit Tinte und Gänsefeder nachzutragen.
(Bild: Biblioteka Jagiellonska, Kraków)
2: Titelseite und Porträt der Brüder Grimm aus dem ersten Band des “Deutschen Wörterbuchs” (1854). Das Wörterbuch war ihr letztes und umfangreichstes gemeinsames Werk. Mit dem Porträt, einem Stich aufgrund eines Photos, war Jacob Grimm unzufrieden. Er meinte, sein Bruder Wilhelm sehe aus wie ein Kranker und er selbst wie ein herbeigerufener Hausverwalter.
(Bild: B. Friemel)

Alan Kirkness, 31. Januar 2006
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Ein gewisses Niveau

Im „Extra Tip“ vom 1.1.2006 schreibt Klaus Becker den Artikel „Polit-Intrigen in Grimm-Gesellschaft“. Hier sind noch der Kasseler OB Bertram Hilgen und der frühere Uni-Präsident Hans Brinkmann die Intriganten.
Sie intrigieren gegen Dr. Bernhard Lauer, obwohl der sehr fleißig ist: „Fast 100 Publikationen aus seiner Feder sind in dieser Zeit (den letzten Jahren) zu den Grimms erschienen.“
Eine Kolumne später liest man etwas verwirrt:
„Unter seiner Verantwortung sind fast 100 Publikationen zum Thema Grimm erschienen, an denen zahlreiche Autoren beteiligt waren. Der Direktor des Brüder Grimm-Museums hat immer dafür gesorgt, möglichst viele andere Wissenschaftler mit einzubeziehen. Allerdings, daraus macht er keinen Hehl, verlangt er einen gewissen Einsatz und ein gewisses Niveau.“

Was haben Sie alle gegen den Dr. Lauer? Sicher keine 100 Publikationen.

Carl Bernstein, 31. Januar 2006

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Aus Hessen erhielt ich Nachricht über folgende von der Universität Kassel veröffentlichte Erklärung (auch erreichbar über die Website der Universität Kassel, http://php.uni-kassel.de/hrz/db4/extern/dbexpert/pressemitteilung/showPM.php?id=293).

Die Presseerklärung von Germanisten der Universität Kassel bezieht sich auf die hier im Forum veröffentlichte andere Erklärung (von Alan Kirkness und mir) zum Thema Fälschliche Entdeckungs-Behauptung in Kassel, und diese ihrerseits ja wiederum auf den Bericht eines Kasseler Periodikums, der am vorigen Wochenende überraschende Ansprüche und eine Verschwörungstheorie hinsichtlich der in Krakau befindlichen Handexemplare der Brüder Grimm von ihrem „Deutschen Wörterbuch“ unter das Kasseler Volk brachte.

Kasseler Germanisten schließen sich Presseerklärung gegen unwahre Behauptungen an

Kassel. Für die „Grimm-Sozietät zu Berlin“ war die Entdeckung von neun als verschollen geltenden Handexemplaren des „Deutschen Wörterbuchs“ von Jacob und Wilhelm Grimm in der Krakauer Jagiellonen-Bibliothek ein „sensationeller Fund“, wie u.a. der Deutschlandfunk am 18. Januar meldete. Entdecker der Texte ist die Krakauer Bibliothek, in engem zeitlichen Zusammenhang mit einer Forschungsinitiative des neuseeländischen Germanisten Alan Kirkness. Der Leiter des Kasseler Brüder-Grimm-Museums, Dr. Bernhard Lauer, hat nun für sich in Anspruch genommen, der eigentliche Entdecker der Texte zu sein. Alan Kirkness und Berthold Friemel von der Berliner Grimm-Sozietät haben dies in einer Presseerklärung mit Nachdruck zurückgewiesen.

Ihrer Stellungnahme schließen sich die Germanisten der Universität Kassel Prof. Dr. Claudia Brinker-von der Heyde, Holger Ehrhardt, Prof. Dr. Andreas Gardt sowie Prof. Dr. Hartmut Kugler (Universität Erlangen-Nürnberg) an. Die Universität Kassel ist als Institution Mitglied der Brüder-Grimm-Gesellschaft. Die Germanisten betonen, dass die erwähnte Behauptung unwahr ist und in unerhörter Weise die Verdienste derjenigen leugnet, die die Entdeckung tatsächlich gemacht haben. Mit einer solchen Aneignung fremder Leistungen bringe man Kassel als Ort wissenschaftlicher Arbeit in Verruf.

Auch erweist sich die Annahme, bei der Berichterstattung über den Fund handele es sich vermutlich um eine Kampagne gegen Herrn Dr. Lauer, als unsinnig, da sie bedeuten würde, dass sich alle, die über den Fund berichteten – die Krakauer Bibliothek, der neuseeländische Germanist, die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Süddeutsche Zeitung, die zahlreichen sonstigen deutschen und ausländischen Zeitungen und Sendeanstalten -, in einer internationalen Aktion zusammengefunden hätten, um der Person Dr. Lauers zu schaden.

Die Pressemitteilung von Alan Kirkness und Berthold Friemel ist abrufbar unter www.grimmforum.de sowie unter http://www.uni-kassel.de/.


Berthold Friemel, 3. Februar 2006

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Wie Till es sieht
Unter den zahlreichen Zeitungen, die im Januar über die schönen Funde in Krakau berichteten, war auch die FAZ, mit einem mehrspaltigen Bild aus Jacob Grimms Exemplar (am 19. Januar).
Der damals in dieser Zeitung berichtete, „Till“ (ein auf sympathische Weise eifriger und engagierter Reporter, er war es auch, der bei seiner Recherche-Anfrage aus Krakau die genauere Information erhielt, die Exemplare seien in einem anderen Bestand gefunden worden), dieser Till meldete sich dieser Tage wieder:

Er hat recht: Das Kasseler Blatt, in dem der seltsame und konfuse Artikel zu den Krakauer Grimm-Exemplaren vor einer Woche erschien, ist an sich keine besondere Aufmerksamkeit wert. Derlei kommt aus meinem Berliner Briefkasten meist ungelesen ins Altpapier. Ginge es nicht darum, die friedliche Weiterarbeit an den Büchern sicherzustellen, und ginge es nicht um einen höchst unfriedlichen Kasseler Kontext, der sich über das letzte halbe Jahr hinweg entsponnen hat und der alle Grimm-Interessierten etwas angeht — man hätte es auf sich beruhen lassen können. Beides zusammengenommen, war es aber doch besser, noch einmal ganz klar auszusprechen, wie es sich mit dieser Entdeckung verhält. So ist es geschehen, in Ruhe und wohl bedacht, gar nicht so zornig, eifrig und erbost wie Till meint — und schon gar nicht nach dem Motto „Berlin vs. Kassel“.

Die Reaktion auf die verwunderlichen Entdeckungs-Behauptungen, die Till in seinem neuen Beitrag zitiert, steht in den Forumtexten zu diesem Thema, da kann es jede/r selbst sehen. In das dank jahrelangem Moderdasein schon vom Schimmel befallene Schema eines Forschungskampfes zwischen Berlin und Kassel gehört dieses Thema mit seinen beiden Hauptaspekten nicht. Also weder die Entdeckung in Krakau noch der aktuelle Streit pro und contra Grimm-Reformen in Kassel, in den diese Entdeckung geschmackloserweise hineingezogen worden ist, lassen sich dem existierenden Klischee zweier verfeindeter Grimm-Bastionen in Kassel und Berlin sinnvoll zuordnen. „Kassel“ und „Berlin“ haben überhaupt nie als jeweils geschlossene Lager in der Grimm-Forschung existiert. Wer solch ein Lagerverständnis konstruiert und aufbauscht (und damit ist nicht Till gemeint), schadet der gemeinsamen Arbeit. Und schadet den Brüdern Grimm, um die es gehen sollte. Da hat Till auch wieder vollkommen recht.
(Die Pointe, die Till in diesem Zusammenhang bringt, hat er sich etwas leichtgemacht. Hätten wir geschrieben, die Krakauer Recherchen hätten mit keiner Kasseler Persönlichkeit außer den Brüdern Grimm etwas zu tun gehabt, dann hätten Reporter, wie wir sie kennen, dies doch wohl etwas pathetisch gefunden — etwa in der Art, wie jemand in einem anderen Beitrag zu diesem Forum vor einigen Tagen ‚im Namen der Brüder Grimm‘ auftrat. Und hätten wir geschrieben, das Krakauer Thema habe mit keiner lebenden Kasseler Person zu tun, so wäre dies bei der Presse doch wohl als sehr spitzfindig und noch pathetischer angekommen. Wie erst, wenn wir gesagt hätten, die Krakauer Handexemplare hätten mit den Brüdern Grimm nur in ihrer Eigenschaft als Berliner zu tun? 😉 Doch selbst das träfe zu.)

Lassen wir uns einfach von Tills Gelassenheit anstecken, und glauben wir für einen Moment daran, daß wir in diesen Angelegenheiten uns nicht mehr mühen müssen, weil der Herkules von seiner Pyramide steigt, die Wilhelmshöher Allee herabstampft und seinen antiken Großtaten eine moderne hinzufügt, indem er den ganzen „Mist“ im Turboverfahren aufräumt.

(Bildzitat / Faksimile: FAZ von Donnerstag, dem 2. Februar)


Berthold Friemel, 6. Februar 2006