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Rücktritt des Vorsitzenden der Brüder Grimm-Gesellschaft Kassel
(Grimmforum, April-Juni 2008)

Rücktritt des Vorsitzenden der Brüder Grimm-Gesellschaft Kassel?

Die Kasseler Zeitung HNA veröffentlichte am gestrigen Mittwoch einen Artikel, laut dem der 2006 gewählte neue Vorsitzende der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V., der Berliner Unternehmer Klaus Dieter Staubach, einen Rücktritt erwäge und der stellvertretende Regierungspräsident Dr. Werner Neusel bereit sei, den Vorsitz der Gesellschaft zu übernehmen. Nachfolgend dokumentiere ich die HNA-Berichterstattung:

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Um etwaigen rechtlichen Streitigkeiten um diese HNA-Berichterstattung aus dem Weg zu gehen, distanziere ich mich ausdrücklich von Inhalt und Form des zitierten Textes. (Siehe hierzu auch die entsprechenden Bemerkungen im Impressum).

Berthold Friemel, 17. April 2008
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Rücktritt des Vorsitzenden der Brüder Grimm-Gesellschaft!


(Quelle für Text- und Bildzitat: HNA)

Jeanne d’Arc, 19. April 2008
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„An einem Strang“

Unter den Überschriften „An einem Strang“ und „Auf einen guten Weg“ veröffentlichte das Kasseler Anzeigenblatt „Extratip“ am Sonntag ein Interview mit dem stellvertretenden Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Werner Neusel (SPD) als einem Kandidaten für den Vorsitz der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V.

Neusel bezieht sich in dem Interview auf seine Tätigkeit als ehrenamtlicher Geschäftsführer der Veranstaltungsgesellschaft „200 Jahre Brüder Grimm“ in den 80er Jahren. Neusel: „Es war eine spannende Zeit damals. Und ich finde es furchtbar schade, dass es heute, im Zusammenhang mit dem Thema Grimm, vor allem diese gegenseitigen Vorwürfe sind, auf denen ständig herumgeritten wird – das ist der Sache der Grimms sicher nicht dienlich. Deshalb bin ich nun bereit, meinen Beitrag zu leisten, damit diese widerstreitenden Interessen nach Möglichkeit wieder zusammengeführt werden – und wieder alle an einem Strang ziehen. Denn nur so kann die Marke Grimm, zum Wohle der Kassels und der Region, noch populärer gemacht werden.“
Neusel schätzt ein, er werde als möglicher Vorsitzender der Brüder Grimm-Gesellschaft nicht polarisieren. Er sei „sicher auch bereit, jedem, der guten WilIens ist, die Hand zu reichen“.

Das vollständige Interview: http://www.extratip.de/index.php?&task=artikel2&artikel_id=15785

Berthold Friemel, 22. April 2008
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Belauscht
Meine sehr verehrten Damen und Herren,

vielleicht haben Sie sich nach meiner letzten Indiskretion über den bevorstehenden Führungswechsel in der Brüder Grimm-Gesellschaft gewundert, weshalb sich der Noch-Regierungsvizepräsident als Kandidat schon ins Spiel brachte (siehe oben), als ihn eigentlich noch gar keiner gefragt hatte? – Nun, ich will es Ihnen verraten.

Ursprünglich war alles ganz anders geplant. Der Kasseler Oberbürgermeister Hilgen und der Bürgermeister Junge hatten wieder einmal vor, ihrem weltbesten Kenner der Brüder Grimm einen starken Präsidenten vor die Nase zu setzen, wie sie es vor zwei Jahren schon mit einem sozialdemokratisch bewährten ehemaligen Universitätspräsidenten versucht hatten. Kaum hatten sie den starken Mann damals öffentlich verkündet, glaubten sie den bösen Geist in die Flasche gebannt. Erst nach der Wahl merkten sie, dass ihre Rechnung nicht aufgegangen war.

2008: Wieder hat ein Präsident der Brüder Grimm-Gesellschaft genug von diesem Amt. Im Sommer will er gehen. Anders als vor zwei Jahren weiß kaum jemand davon. Aber die Stadtoberen Kassels gehören zum engen Zirkel der Eingeweihten. Wieder sehen sie die Chance, die Grimm-Gesellschaft nach ihrem unbewährten politischen Rezept zu gestalten. Nur diesmal ganz abseits der Öffentlichkeit. Weder die Mitglieder der Grimm-Gesellschaft noch Medienvertreter wissen, was sich bei belegten Brötchen und Rotwein in den Büros der beiden Bürgermeister zusammenbraut.

Da gibt es Prof. Dr. phil. Leonhard, Staatssekretär a. D. (SPD-nah), nicht überall in gutem Angedenken in Wiesbaden, Vorsitzender des nationalen Nominierungskomitees für das UNESCO-Programm „Memory of the World“. Jener, über den die Nominierung der Kasseler Grimm-Handexemplare für das Weltdokumentenerbe erfolgte, der die dafür geltenden Regeln offenbar nicht so wichtig fand und im Interesse der Grimm-Gesellschaft geklitterte Angaben passieren ließ, – und der jetzt, man höre und staune – bei den Dienstherrn des Grimm-Museums, das diese Bestände verwahrte und von wo sie beinah wundersam zum Eigentum einer privaten Gesellschaft geworden wären, zum Wunschkandidaten für das Amt des Vorsitzenden der Grimm-Gesellschaft wird.

Doch damit nicht genug. Die Rechnung ist ohne den Zeremonienmeister der Märchenwelt gemacht. Er hat da noch einen langjährigen Mitstreiter (SPD) an einer Schaltstelle sitzen, der ihm lieber wäre als ein UNESCO-Mann. Dieser hat vielleicht doch noch eine Rechnung mit ihm offen wegen unwahrer Angaben im geheiligten Dokument. Also handelt der Meister, startet den Wechsel sofort, und den anderen bleibt wieder einmal das Nachsehen und Staunen.

Die Fortsetzung kennen Sie. Von dem UNESCO-Mann hätten Sie eigentlich nichts erfahren sollen …

Nosferatu, 21. Mai 2008
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Windfuhr: Grimm-Gesellschaft ins Abseits manövriert

Die Kasseler HNA berichtet in ihrer heutigen Ausgabe über die Wahl Dr. Werner Neusels zum Vorsitzenden der Brüder Grimm-Gesellschaft e. V. und über den Umgang der Wahlversammlung mit zwei aus den Mitgliederkreisen gestellten Anträgen zur künftigen musealen Nutzung des Wohnhauses der Brüder Grimm am Brüder-Grimm-Platz in Kassel, über die kürzlich in einem Gespräch zwischen Landesregierung, Stadt Kassel und IHK Kassel in Wiesbaden eine Grundsatzentscheidung getroffen wurde. Die Mitgliederversammlung habe beschlossen, so die HNA, zum jetzigen Zeitpunkt keine Stellungnahme hierzu abzugeben. Der langjährige Vorsitzende der Brüder Grimm-Gesellschaft, Wolfgang Windfuhr, kommentierte diese Entscheidung der Mitgliederversammlung laut HNA mit den Worten: „Ich bin entsetzt, die Grimm-Gesellschaft hat sich mit dieser Abstimmung ins Abseits manövriert.“

Einziger Beschluß der Mitgliederversammlung war die Wahl des Kasseler Regierungsvizepräsidenten Dr. Neusel (SPD) zum neuen Vorsitzenden. Der zurückgetretene Vorsitzende Dieter Staubach zog laut HNA folgende Bilanz seiner Amtszeit: „Die Wogen im Verein seien geglättet, der Kurs werde gehalten, bilanzierte er. Damit aber das Schiff dem Ruder gehorche, müsse der Kapitän ständig an Bord sein, und das könne er von Berlin aus nicht leisten.“

Im persönlichen Vergleich mit seinem Nachfolger habe Staubach festgestellt: „Ich kann weder Kassel noch Grimm – ob das eine Eignung dafür ist, das Schiff in Fahrt zu bringen?“ Seinen Nachfolger habe er mit dem Motto empfohlen: „Er kann Partei, er kann Kassel, er kann Grimm.“

http://www.hna.de//kasselstart/00_20080608215420_Es_gibt_nicht_genug_Grimm.html

Bonoboche, 9. Juni 2008

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Virtuelle Grimm-Akademie Kassel eröffnet
(Grimmforum, 19. September 2007)

Virtuelle Grimm-Akademie eröffnet

(Text- und Bildzitat: HNA Kassel)

Leser Grimmig schrieb dazu im HNA-Forum:

Was ist denn eine „virtuelle Akademie“? Die gibt es ja mittlerweile zuhauf. Eine virtuelle Akademie ist eine internetbasierte Lerninstitution, an der man qualifizierte Abschlüsse erlangen oder zumindest Kurse belegen kann, zu denen Lern- und Lehrmaterial bereitgestellt wird. Dem Ganzen liegt ein methodisch-didaktisches Konzept zugrunde, das die Lerninhalte und -ziele eindeutig bestimmt. Begleitet werden die virtuellen Teilnehmer von entsprechenden Tutoren, die bei Fragen zu Verfügung stehen und die jene Lernziele überprüfen. Von alldem kann ich auf der lauerschen Virtual Academy of Imaginated Sciences nichts entdecken – vielmehr ist es lediglich das, was sowieso schon existierte und nun im Internet sichtbar gemacht wurde: die sogenannten und zweifelhaften Akademie-Gespräche, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit mittlerweile jährlich im stillen Kämmerlein des Grimm-Museums stattfinden. Also, was soll das Ganze? Es ist ja unübersehbar, dass es sich bei diesem neuen „Projekt“ um Augenwischerei erster Güte handelt. Zumindest kann man jetzt dem Eingangsportal der „Grimm-Akademie“ entnehmen, dass bereits ein Viertel der Wissenschaftler das Weite gesucht haben. Kein Wunder.

Weitere Infos finden Sie unter: http://www.grimms.de/contenido/cms/front_content.php?idcat=136

Jeanne d’Arc, 19. September 2007

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Grimm-Gesellschaft Kassel in der Verantwortung
Dieter Staubach neuer Präsident
(Grimmforum, April-Juni 2006)

Das Forum der „Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen“, http://forum.hna.de/forum/viewtopic.php?pid=12197#p12194, enthält heute einen meines Erachtens sehr klugen Beitrag über die Brüder Grimm-Gesellschaft Kassel. Der Autor, Ralph Hallstein, weist vollkommen richtig darauf hin, dass die Verantwortung für die Zukunft der Grimm-Aktivitäten in Kassel zum großen Teil bei den Mitgliedern dieser Gesellschaft liegt. Aus persönlicher Erfahrung gibt er den Eindruck wieder, dass manche Mitglieder die während der letzten Monate zutagegetretenen Ungereimtheiten und Missstände eher verdrängen, wenn sie sie nicht gar als „Schlitzohrigkeit“ im Interesse der Kasseler Grimm-Interessen beschönigen (dabei wäre dann wohl an die Unterschiebung eines Möbels, das die Grimms bestenfalls ab 1837 vereinzelt und kurz bei Hassenpflugs gesehen haben könnten, als ‚Grimm-Schreibschrank‘ [Expo 2000, jetzt Japan-Tournee] oder die nicht erschienenen, aber als verfügbar bekanntgemachten Veröffentlichungen zu denken usw. usf.; beides wurde im Forum der HNA sehr ausführlich diskutiert).
Den heutigen Beitrag aus dem HNA-Forum zur Stimmungslage in der Grimm-Gesellschaft möchte ich ins Grimmforum übertragen, um Mitglieder der Grimm-Gesellschaft und interessierte Nichtmitglieder auch hier einzuladen, diese Einschätzung zu überprüfen und die unterschiedlichen Entscheidungsmöglichkeiten zu diskutieren. Denn in den nächsten Tagen ist ja damit zu rechnen, dass der amtierende Rumpf-Vorstand die Unterlagen zur Wahlversammlung an die Mitglieder versendet.

Aus dem Beitrag von Ralph Hallstein über die Stimmungslage in der Grimm-Gesellschaft

Um es vorweg zu sagen: ich bin nicht Mitglied der BGG und verfolge als (kultur)interessierter Kasseler Bürger das HNA-Forum seit Wochen mit Interesse und auch Vergnügen.
In meinem Bekanntenkreis befindet sich ein Ehepaar, das seit Jahrzehnten Mitglied der Gesellschaft ist und ich sprach dieses auf die laufenden Vorgänge an. Erstaunlicherweise waren beide eher unberührt von den massiven, aber für Außenstehenden doch plausibel vorgetragenen Vorwürfen gegen Dr.Bernhard Lauer. Mit der fragwürdigen Qualität des Museums wollten sie sich gar nicht auseinandersetzen, sondern zogen sich auf die Position „woanders ist es auch nicht besser“ zurück.Die gravierenden Vorhaltungen hinsichtlich der – vorsichtig ausgedrückt – „inszenierten Gelehrsamkeit“ des Museumsleiters wurden in ihrem Gehalt und ihrer Bedeutung gar nicht verstanden.
Im Gegenteil: Lauers Verhalten erscheint als Ausdruck einer gewissen Schlitzohrigkeit und Cleverness, die insgeheim bewundert wird.
Muß ich befürchten, daß diese Haltung für die Mehrheit der Mitglieder repräsentativ ist? Ich kann nicht die Motivation beurteilen, Mitglied der BGG zu werden. Meiner Beobachtung nach spielen Motive der Heimatverbundenheit (Grimm=Kassel) und das Interesse an Märchen eine zentrale Rolle, wobei die Beschäftigung mit komplexeren Fragen, wie etwas Editionswissenschaft und Philologie eher als marginal, ja lästig angesehen wird.
Daß die BGG als Verein offensichtlich eine ganz spezielle Institution ist, ersehe ich aus dem merkwürdigen Verhalten Dr.Lauers und des Restvorstandes.
Angesichts solch massiver Vorwürfe, wäre es in jedem x-beliebigen Sportverein eine Frage des guten Geschmackes gewesen, die Tätigkeit des Geschäftsführers bis zur Klärung dieser Vorwürfe ruhen zu lassen. Wohl gemerkt: eine Frage des Stils – aber auch als Zeichen, selbst an einem gemeinschaftlich zu findenden Kompromiß mitzuwirken.
Ich schließe aus dem Verhalten Dr.Lauers auf einen ungebremsten Machthunger, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob dieser nur in einer erstarrten Persönlichkeitsstruktur verankert ist, oder auf noch nicht offengelegte Vorgänge verweist, die man gerne vor der Öffentlichkeit verbergen möchte.
Selbst wenn man nur die Psychologie weiter bemühen will, scheint mir bei Dr.Lauer noch ein ganz anderes Motiv wirksam zu sein: Angst.
Die Erfahrung lehrt, daß Charaktere wie er neben sich keine ebenbürtigen oder überlegeneren Persönlichkeiten dulden. Daraus wird verständlich, wie wenig er etwa die Hochschullehrer aus Kassel akzeptieren konnte, bzw. nach kurzer Zeit schmerzlich hätte erfahren müssen, auf welch sandigem Grund seine Lebenslüge des „Wissenschaftlers von internationalem Rang“ aufgebaut war.
Die Kritik an der zögerlichen Haltung der relevanten Politiker ist meiner Meinung gerechtfertigt. Aber ich warne vor einem allgemeinen „Politiker-Bashing“. Man sollte an die Mitglieder der BGG appellieren, sich ihrer Verantwortung auch für Kassel bewußt zu werden und nicht durch eine weitere Unterstützung Dr.Lauers die Peinlichkeiten in die Zukunft zu verlängern. Immerhin verwundert es, daß die überregionale Presse noch nicht von dieser Mischung aus Provinzposse, wissenschaftlicher Großmannssucht und kulturpolitischer Ignoranz Kenntnis genommen hat.
Was wenn?
Nicht nur die BGG, sondern ganz Kassel wäre wieder einmal der Blamage ausgesetzt.

Es ist sehr zu hoffen, dass die Mitglieder der Grimm-Gesellschaft ihre Verantwortung ernstnehmen. Sollten sie es mehrheitlich für gut halten, vor dem im Verlauf von mehr als einem Jahrzehnt entstandenen Desaster die Augen zu verschließen, müsste man andererseits fragen, ob die zentrale Stellung der Gesellschaft für die Kasseler Grimm-Aktivitäten so fortbestehen kann oder ob einzelne Bereiche besser dort abgelöst und in andere Organisationsformen überführt werden sollten. Die Mitglieder mögen letztlich nach ihrem Gutdünken und Belieben entscheiden; bei ihren Entscheidungen sollten sie sich des Interesses der kritischen interessierten Öffentlichkeit am Ergebnis der bevorstehenden Mitgliederversammlung – und der zu erwartenden Reaktionen – aber bitte bewusst sein! Öffnung oder Einmauern, Ausweitung auf weitere Themen und Arbeitsgebiete oder Einengung auf das Spektrum, das vom verbliebenen Rest abgedeckt werden kann, Erlangung überregionaler Qualitäten oder unaufhaltsamer Abstieg auf Provinzniveau, das sind Alternativen, über die auf der Mitgliederversammlung Anfang Mai zu entscheiden ist.

milatosSO36, 3. April 2006
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Nach dem 26. März – ein Zwischenruf
Auswärtige Freunde fragten die letzten Tage telephonisch nach dem weiteren Fortgang des „Kasseler Reformprozeßes“ an. Dabei wurde mir bewußt, daß ohne die Kenntnis der politischen Lage nach den Kommunalwahlen vom 26.3. eine realistische Einschätzung des möglichen weiteren Verlaufs nicht möglich ist. Ich will hier meine Bewertung zur Diskussion stellen und für den Fortgang der Ereignisse über den 6.Mai hinaus eine Voraussage wagen.
Am 26.3. erreichte die SPD in Kassel gegen den Landestrend bei einer Wahlbeteiligung von ca. 37 % (!) das beste Ergebnis in einer hessischen Großstadt. Die Verluste der CDU waren mit ca. 28 % nicht so dramatisch wie erwartet, während die Grünen mit ca. 16 % ihre Position behaupten konnten. Anfang der Woche nun erklärte OB Hilgen, mit dem bisherigen Magistrat weiterarbeiten und seine Politik mit einer parteiübergreifenden Konstellation fortsetzen zu wollen. Ein Vorhaben, das in der Bevölkerung auf Sympathie stößt und sich als sehr geschickt erweist, da es verdeckt, daß sich mittlerweile der berühmt-berüchtigte „rote Filz“ früherer Jahre auf der Verwaltungsebene wieder rekonstruiert. Für die Kulturpolitik interessant: so wechselte der bisherige Leiter des Kulturamtes – ein für das Grimmdesaster mitverantwortlicher xxxxxxxxxxxxx Xxxxxxxxxxxx – in die höhergewichtige Postion der Leitung des Hauptamtes, also in die unmittelbare Nähe des OB.
Zur Zeit steht auch die Neubesetzung der Leitung des zweiten städtischen Hauses, des Stadtmuseums, an. Der bisherige Leiter, Karl – Hermann Wegner, ein altes bewährtes Schlachtroß der Kasseler Geschichte und oft unbequemer Mahner, geht in Pension. Der dieses Haus flankierende Verein, die „Freunde des Stadtmuseums“ (ca. 1600 Mitglieder), wird seit einiger Zeit von der Gattin des ehemaligen OBs, Ministerpräsidenten, Bundesfinanzministers und gegenwärtigen MdB Hans Eichel geleitet, wobei es ihr mit diskreter Beharrlichkeit gelingt, vortrefflich die politische Linie ihres Anvertrauten in Position zu bringen.
Also ein kulturpolitischer Sieg der SPD auf ganzer Linie?
Da scheinen die Verhältnisse um das BGM und die BGG doch etwas komplexer.
Zwar ist Professor Brinckmann – ein klug und nicht parteipolitisch operierender ehemaliger Präsident der hiesigen Universität – SPD-Mitglied, doch kann er sich im Falle des BGG seiner Genossen nicht ganz sicher sein.
Neben Kassel hat die SPD auch in den nordhessischen Landkreisen gute Ergebnisse eingefahren und vor allem die Position des langjährigen Landrates Dr.Udo Schlitzberger gestärkt. Dieser ist – neben dem Grimmschankwirt und Viehmannabkömmling Bettenhäuser (SPD) – ein glühender Verehrer Dr. Lauers, der diesem – ein gerne als passionierter Kulturkenner kokettierender Machtmensch – häppchenweise die Grimmsche Märchenwelt schmackhaft macht, die einst in einem gigantischen Märchenparkprojekt enden soll.
Viele Bürger halten die Kulturdiskussion im Allgemeinen und die Grimmdebatte im Besonderen für ein eher marginales Problem. Dem ist nicht so.
Kassel erlebte seit 40 Jahren eine dramatische Deindustrialisierung, der Anteil an Dienstleistungen wuchs nicht in dem Maße, wie es sich die Politiker insgeheim erhofft hatten. Nur Schönfärber rechnen mit einer Stabilität der Arbeitsplätze im noch wichtigsten Industriebetrieb der Region, dem VW-Werk in Baunatal.
Unter diesen Umständen erscheint das Wort „Kultur“ wie ein Simsalabim, das den Weg aus der allgemeinen Beschäftigungskrise weisen kann. Bestärkt durch modische Marketingintellektuelle wie den mit einer durchaus realistischen Beurteilung des BGM jüngst hervorgetretenen Professor Klaus Siebenhaar, ergeht sich eine Schar von Provinzpolitikern in Blütenträumen von einer expandierenden Kulturlandschaft in und um Kassel herum. Man schätze den Einfluß derartiger Berater nicht zu gering ein: würde eine Expertise aus dem Hause Siebenhaar nachweisen, daß das kommunale Steueraufkommen bei gleichzeitiger Realpräsenz Grmmscher Märchenfiguren wachsen würde, würden aberdutzende von Ein-Euro-Jobber als Froschkönige durch den Bergpark Wilhelmshöhe hüpfen.
Satire?- Gewiß : aber halten wir fest: die Tendenz, die Grimms primär als Reservoir merkantiler Interessen zu nutzen wird eher zu – als abnehmen.
Für das Thema Grimm und die Philologie wird es in Kassel eng bleiben. Angesichts der fatal-verfestigten Verhältnisse in der Stadt, die en miniature dem Staatsbürger die ambivalenten Folgen einer de-facto-Allparteienkoalition vor Augen führt, vermute ich, daß sich die Position Dr. Lauers noch verfestigen wird. Zumal er mit dem OB Hilgen einen Vorgesetzen gefunden hat, der um des lieben Friedens willen selbst die eigene Autorität und Würde beschädigen läßt.
Sollte Dr. Lauer gegen Prof. Brinckmann mit einer Hiwi-Mehrheit als Präsident der BGG das Rennen machen, werden OB und die Rathausmehrheit dies als Zeichen einer demokratischen Willensbildung respektieren und damit einen Zero als Nero weiterherrschen lassen.
Sollte er unterliegen, wird man ihn als bewährten städtischen Mitarbeiter weiter streicheln und die Gelegenheit geben, seine Hauptbeschäftigung nicht in der Verbesserung des Museums, sondern in Intrigen gegen den „Brinckmann-Vorstand“ zu suchen.
Die engagierten Kritiker werden erst einmal resignieren und beim nächsten Lauer-Skandal vielleicht den einen oder anderen Leserbrief schreiben, wohl wissend gegen eine Wand anzureden.
Vor einigen Tagen sah ich einen Fernsehbericht über Walter Jens, der auf die Frage nach den wirkenden Gestalten der deutschen Kultur wie ganz selbstverständlich neben Goethe und Schiller die Grimms nannte. Wäre es allzu vermessen, eine Unterstützung von jener Reihe von „old great man (and women !)“ zu erhalten, die noch Sinn und Bedeutung des Grimmschen Werkes einschätzen können?
Kurz: Ohne kompetenten Druck von außen ist für mich die Abwendung eines langanhaltenden Desasters nicht mehr vorstellbar.

Dieser Beitrag wurde vom Forumsadministrator im Hinblick auf die 2008 / 2009 stattgefundene juristische Auseinandersetzung um Äußerungen zu Zugangsverhältnissen für die Wissenschaft im Grimm-Museum Kassel teilweise unlesbar gemacht.

Rudolf Theisen, 6. April 2006
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Neuer Kandidat für den Vorsitz der BGG
In die Diskussion um den Vorsitz der BGG ist Bewegung gekommen, da mit dem Zusenden der Einladung zur Mitgliederversammlung am 6.5.2006 eine weitere Persönlichkeit ihre Kandidatur angemeldet hat. Das betreffende Schreiben sollte hier zur Kenntnis gebracht werden.

Kassel, 23.03.2006

Sehr geehrte Herren,
für die Mitgliederversammlung am 06.05.2006 schlage ich Herrn Dieter Staubach, Berlin, für die Wahl zum Vorsitzenden der Brüder Grimm-Gesellschaft vor.
Herr Staubach ist ein international erfahrender Unternehmer mit ausgeprägten kulturellen Interessen. Er wirkte u.a. lange Jahre als Geschäftsführer der Fa. Herzlitz GmbH und war über veschiedene weitere Firmen an zahlrecihen internationalen Projekten beteiligt. Auch an der Entwicklung eines Weinbauhofes zu einer großen Fereinanlage hat er maßgeblich und verantwortlich gearbeitet.
Herr Staubach hat über seine wirtschaftlichen Aktivitäten ausgeprägte Kontakte zu Behörden in Deutschland sowie in der Europäischen Gemeinschaft aufgebaut und wird seine ganze berufliche Erfahrung vor allem für die Beschaffung von Zweit – und Drittmitteln nutzen können. Er wird seine Reputation in den Dienst der Brüder Grimm-Gesellschaft stellen, um die Arbeit der Gesellschaft auf allen Ebenen zu intensivieren, auf eine größere Basis zu stellen und vor allem das Engagement der politisch unabhängigen Bürger für dieses wichtige kulturpolitische Ziel stärken.
Seine wirtschaftlichen Aktivitäten hat Herr Staubach stets mit großem kulturellem Engagement verbunden, es ging ihm nie um den geschäftlichem Erfolg allein, sondern immer auch um die Vermittlung kultureller Werte und künstlerischer Ideen.
Nach meiner Einschätzung ist Herr Staubach für das Amt in besonderer Weise qualifiziert, da er über reiche Erfahrungen und wichtige Kontakte verfügt und frei ist von jeglicher Einflußnahme durch Gruppierungen und Parteien.
Mit freundlicher Empfehlung

Ingo Günther

Der Brief ist handgeschrieben und teilt gedruckt neben dem Namen des Verfassers die Adresse mit:
Franzgraben 6-8, 34125 Kassel
Ruf: 0561.87906 10

Anzumerken wäre folgendes:
die Adresse ist identisch mit der der Firma
August Truss GmbH&Co.KG
Franzgraben 6 – 8
34125 Kassel
Tel. 0561/87908 – 0
Die Firma ist im Zusammenhang mit Aktivitäten des BGM im Internetthread der HNA schon in Erscheinung gebracht worden.

Während der 70erJahre zur Oppositionszeit der CDU/CSU pflegte Franz-Josef Strauß auf Ambitionen auf die Kanzlerschaft zu sagen : „Es ist egal wer unter mir Kanzler wird!“ Dr. Lauer hat offensichtlich beschlossen, das Repertoire des Grimm-Museums noch durch Marionettentheater zu erweitern und man muß leider sagen, daß ihm dies wahrscheinlich gelingen könnte. Liebhaber Lauerscher Hermeneutik mögen sich in den Text vertiefen, das Geschick bei der Positionierung der geeigneten Versatzstücke ist immer wieder beeindruckend. Es bleibt dabei: der Fall Lauer droht zum Fall Hilgen zu werden. Ich empfehle dem auswärtigen Publikum, diese peinlichen Notizen aus der Provinz weiter zu verfolgen.
Eine zweite Voraussage :
die seriöse Grimmforschung wird nicht mehr in Kassel stattfinden.

Rudolf Theisen, 7. April 2006
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Zur Staubach-Kandidatur: Ein Zwischenruf
Um dem Vorwurf des Pessimismus entgegenzutreten, hier noch eine kurze Einschätzung zu dem gestern von mir mitgeteiltem Sachverhalt:
Dieter Staubach ist wohl als Kandidat der „Grimm-Kommerz-Fraktion“ einzuschätzen und somit – trotz der beteuerten Parteiferne und Unabhängigkeit – für die SPD des Landkreis Kassel ein mehrheitsfähiger Kandidat. Das längere Zeit grassierende Gerücht, der Schankwirt Bettenhäuser (SPD) wäre ein möglicher Kandidat für die Präsidentschaft hat sich damit nicht bestätigt, obwohl es interessant gewesen wäre zu erleben, wie OB Hilgen et.al. eine solche Peinlichkeit geschluckt hätten. Aber : was für den Landkreis gut ist, kann für die Stadt nicht schlecht sein.
Es zeichnet sich ab, daß nicht Herr Brinckmann, sondern Her Staubach der Kompromißkandidat ist. Ich bitte, die Devise des OB ernstzunehmen, so weiter zu machen wie bisher. Auch für den Lauerfreund T.E.Junge, Bürgermeister, Müllbeauftragter und Kulturdezernent (CDU) ist diese Lösung voll akzeptabel.
OB Hilgen wird einer Wahl Lauers zum Präsidenten mit Hilfe der Strohpuppe Staubach – eine Kunstfigur, die ab sofort als „Laubach“ eingeführt ist – keinen Widerstand entgegensetzen. Er wird und kann nicht anders entscheiden, als zuzustimmen. Zumal er in seiner bürokratischen Korrektheit nichts mehr fürchtet, als zu einer Streitfrage Farbe bekennen zu müssen.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob Herr Brinckmann die Vorgänge kennt, bzw. überhaupt wahrnimmt. Zu seinen Gunsten will ich annehmen, daß er kein zweideutiges Spiel betreibt. Wer die SPD von innen her kennt weiß, wie stark affektiv diese Partei auch als „politische Heimat“ verstanden wird, und somit die Frage nach der Loyalität nicht irrelevant ist:
Loyalität zur Partei oder zur Sache?
Ich betone nochmals: es ist schade, daß die Vorgänge nur in einem kleinen Rahmen verhandelt werden, da hier auch kulturpolitisch weitergehende Probleme aufgeworfen worden sind:
einmal läßt sich das Mißverhältnis zwischen überspanntem kulturellen Qualitätsanspruch und den fortgesetzten mageren Ergebnissen hier konkret studieren,
dann muß gefragt werden, wie weit der Einfluß von Poltikern auf kulturpolitische Entscheidungen definiert werden soll.
Abgewartet werden muß auf die kommenden Ausgaben des Lauerschen Referenzorgans „Extra – Tip“, der den neu gefundenen Wunderkandidaten sicher mit dem bekannten Getöse der Kasseler Öffentlichkeit präsentieren wird.

Rudolf Theisen, 8. April 2006
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Grimm-Beruhigung als Aufgabe der Stadt
In der HNA von heute findet sich ein Kommentar von Dirk Schwarze, der online nicht verfügbar ist, jedoch allen Grimm-Forschern bekannt werden sollte:

Noch keine Beruhigung
Dirk Schwarze über die Grimm-Gesellschaft

Die Hoffnung trog, mit der Beauftragung von Hans Brinkmann als Moderator sei der Konflikt in der Grimm-Gesellschaft halbwegs überwunden. Der Restvorstand und die ihn tragenden Mitglieder geben nicht auf.
Man könnte die Auseinandersetzung leicht als vereinsinternen Streit abtun, wenn der Personen- nicht zugleich ein Richtungsstreit wäre. Der Ruf und die wissenschaftliche Zukunft der Grimm-Gesellschaft stehen auf dem Spiel. Insofern ist der Konflikt ein öffentlicher. Pikant wird die sich für den 6. Mail abzeichnende Konfrontation dadurch, dass Lauer mit seinem Beharren auf der Doppelfunktion als Museumsleiter und Geschäftsführer seine Vorgesetzten, den Oberbürgermeister und Kulturdezernenten, herausfordert. Die hatten es anders gewollt. Sie müssen nun in dem Konflikt Farbe bekennen.

Alexandra Marheineke, 10. April 2006
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Kandidat Staubach
Im Antrag von Ingo Günther, Franzgraben 6-8, 34125 Kassel*, an die Mitgliederversammlung der Grimm-Gesellschaft heisst es:

schlage ich Herrn Dieter Staubach, Berlin, für die Wahl zum Vorsitzenden der Brüder Grimm-Gesellschaft vor.
Herr Staubach ist ein international erfahrener Unternehmer mit ausgeprägten kulturellen Interessen. Er wirkte u. a. lange Jahre als Geschäftsführer der Fa. Herzlitz und war über verschiedene weitere Firmen an zahlreichen internationalen Projekten beteiligt. Auch an der Entwicklung eines Weinbauhofes zu einer großen Ferienanlage hat er maßgeblich und verantwortlich gearbeitet.

Erhänzend zu den im Forum der HNA, , bereits eingebrachten Internetrecherchen habe ich folgendes festgestellt:
1. In den maßgeblichen Berliner Web-Angeboten Berlin.de und Berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/ (Archiv der „Berliner Zeitung“ seit 1994) ist Herr Staubach nicht auffindbar. Das heisst, dass er mit seinen internationalen Aktivitäten, insbesondere auch solchen auf kulturellem Gebiet, in Berlin nicht mit Spuren präsent ist. Vielleicht legt er Wert auf Diskretion. Will er aber gewählt werden, sollte er deutlicher machen, durch welche Fähigkeiten und Erfahrungen er geeignet ist, in der jetzigen sehr schwierigen Situation das Amt des Grimm-Präsidenten zu übernehmen.
2. Die Aussagen zu Ferienanlage / Weinbauhof Staubachs lassen sich im Internet ebenfalls nicht verifizieren. Es ist allerdings auch unklar, was die Ferienanlage mit dem angestrebten Amt zu tun hat. Nächste Mitgliederversammlung dann dort, wenn er die Wahl gewinnt?

*Wie oben von Theisen angemerkt wurde, handelt es sich um die Firmenadresse der Installateure Truss in Kassel; das Unternehmen wurde, wie im HNA-Forum steht, durch eine Kunst-ABM des Grimm-Museums vor einem finanziellen Einbruch und vor Kurzarbeit bewahrt und ist seitdem an der Grimm-Gesellschaft besonders interessiert. Teilnehmer der letzten Mitgliederversammlung berichten, dass Mitglieder aus dieser Klientel sich dort mit lautstarken Pöbeleien hervorgetan hätten.

milatosSO36, 11. April 2006
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Internet-Recherche
Herr Staubach ist z.B. Mitglied im Vorstand der „Freunde und Förderer des Hauses am Waldsee e.V.“ in Berlin.
siehe: http://www.hausamwaldsee.de/mitglieder.php

Was Tun, 3. Mai 2006
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Dieter Staubach neuer Präsident der BGG
In der mit Spannung erwarteten Mitgliederversammlung der BGG am gestrigen Samstag hat eine deutliche Mehrheit die Frage nach der Notwendigkeit von Reformen verneint. Wie in den letzten Tagen im HNA-Forum vermutet, hat Dr. Lauer mit großer Entschlossenheit seine Position nicht nur behauptet, sondern auch noch ausgebaut. Der von ihm favorisierte Berliner Unternehmer Dieter Staubach konnte sich mit 116 Stimmen gegen den früheren Kasseler Universitätspräsidenten Brinckmann (81 Stimmen) bei 12 Enthaltungen deutlich durchsetzen. In den folgenden Wahlen zogen die Kandidaten des „Reformlagers“ ihre Kandidatur zurück, so daß nun ein rein Lauer-dominierter Vorstand installiert wurde. Lauer selbst erhielt als Geschäftsführer 132 Stimmen (53 Nein, 29 Enthaltungen).
Aus der Fülle der Details hier einige Impressionen:
Der Vorstellung der Kandidaten folgte die Mehrheit eher lustlos, die Stimmung ließ frühzeitig eine bereits festgelegte Majorität erkennen. Brinckmann wiederholte seine in den Anlagen formulierten Positionen und stellte eine „Zukunftskonferenz“ in Aussicht. Staubach, dessen sprachlicher Duktus sich verblüffend an die Versatzstückrhetorik des Museumsleiters anlehnte, begründete seine Nähe zu den Grimms mit Nekrophilem. Neben dem Blick auf die Grimm-Gräber aus seinem Zimmer in Berlin nutzte er in der Dankesrede das Bild von den „im Grabe rotierenden Brüdern“ angesichts der gegenwärtigen Zustände, ein Bild, das der Verfasser dieser Zeilen sich hinsichtlich dieses Präsidenten auch gern zu Eigen machen möchte.
Die Einlassungen Dr.Lauers strotzten vor selbstbewußtem Stolz hinsichtlich des Geleisteten der letzten 16(!) Jahre und – natürlich – voller Abscheu über Pressekampagnen gegen seine Person. Professor em. Bleek, der sich mehr und mehr zum Psychopompos des waidwunden Museumsleiters entwickelt, nahm seinen Schützling mit der von ihm bekannten intellektualisierenden Weitschweifigkeit in Schutz. Lauer räumte in zerknirschter Pose abschließend ein, daß auch er ein Mensch sei, ergo Fehler mache, sich zur Zeit aber vermutlich in einer „Mitleidscrisis“ befände, um damit auch noch einen Beitrag zum Sigmund Freud-Jahr zu leisten.
Ein TV-Team mußte den Saal während der Aussprache verlassen, nachdem es mit wachsender Begeisterung den schreinartig drapierten Tisch mit Publikationen aus dem Verlagshause Lauer gefilmt hatte.
Mitglieder der Reformfraktion mühten sich vergeblich, einem argumentativem Diskurs Bahn zu brechen.
Höhe – wie zugleich Tiefpunkte waren die Auftritte der Herren Hilgen (OB) und Junge (Kulturdezernent), die fälschlicherweise annahmen, ihre Argumente würden in die Entscheidungfindung der Mitgliederschaft einfließen. Halten wir fest: es ist das zweite Mal, daß von einem egomanischen Mitarbeiter die Autorität des OB in aller Öffentlichkeit in Frage gestellt worden ist. Kann ein Politiker von einigem Anstand und Format auf die Dauer solche Demütigungen über sich ergehen lassen?
Der Ablauf der „Krisenbewältigung“ seit dem November provoziert doch folgende Alternative:
Entweder ist Brinckmann bewußt als Kandidat verheizt worden, dann muß dieser es mit seinen zynischen Parteigenossen ausmachen,
oder wir sind Zeuge eines Regierungsstils, der nurmehr als dilettantisch, blauäugig oder fahrlässig zu bezeichnen ist. Letzteres müßte jeden Kasseler Bürger interessieren. Die BGG mag ein kleines Problem sein, ihre jetzt eingeschlagene Entwicklung in einen marginalen Heimatverein mit flankierenden Emeriti, mäßig begabten Provinzkünstlern und Kneipenbetreibern ist für das Schicksal der arg gebeutelten Kommune Kassel eher zweitrangig. Mir scheint aber, daß hier ein Moment von politischem Nicht-Handeln deutlich wird, das man beim Auftreten gravierender politischer Probleme einmal bitter bezahlen wird.
Die voll Abscheu inkriminierten Internetforen haben vorausgesagt, was eingetreten ist. Und der letzte Satz des voller Ekel zitierten“Speigel“-Artikels trifft es : „Die Posse geht weiter“ – wenn sie nicht noch zur Tragikomödie mutiert.
P.S.
Für den kleinen, feinen und ständig wachsenden Kreis der Lauer-Bibliophilen hier zwei Hinweise:
Das neue Jahrbuch ist erschienen und zirkulierte am Rande der Veranstaltung – ich weise schon jetzt auf eine Innovation hin: statt Leinenbindung praktisch biegbarer Karton, wieder ein Zweijahresband von 160 Seiten.
Für die Liebhaber der ELFE ein kleiner Leckerbissen:
Dr. Lauer erwähnte, daß die Weisgerber-Habilitation jetzt „in Vorbereitung“ sei, was prompt den anwesenden Prof.em.Weisgerber jr. zu einer heftigen Attacke auf die gemeinen Heckenschützen gegen Dr. Lauer veranlaßte.
Mit Speck fängt man Mäuse…

Rudolf Theisen, 7. Mai 2006

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Reformpozess am Ende?

Die Kasseler Postille „Extra-Tip“ des Chefredakteurs Klaus Becker, eines langjährigen Wegbegleiters von Museumsleiter Dr. Bernhard Lauer, trat am heutigen Mittwoch mit einer Bilanz der bisherigen Reformbemühungen hervor. Zwar sendete das Fernsehen des HR gestern einen kritisch-ironischen Beitrag über die Kasseler Grimm-Miseren, aber vor Ort scheint jene Sicht weit verbreitet, die der neue Artikel des Anzeigenblatts vermittelt. Die Argumentation desjenigen Lagers in der Grimm-Gesellschaft, das die bisherigen Zustände und Dr. Lauer als Geschäftsführer beibehalten wollte, ging und geht in eine ähnliche Richtung. Der Wunsch, es ‚der Politik zu zeigen‘, ‚die ohnehin zu wenig tut und über den mündigen Bürger hinwegregiert‘, scheint (neben persönlicher Solidarität dem bedrängten Lauer gegenüber und der Mentalität einer Burgbesatzung im Belagerungszustand) ein wesentlicher Faktor dabei gewesen zu sein, dass die Entscheidungen der Grimm-Gesellschaft so gefallen sind, wie R. Theisen in seinem Beitrag bereits berichtet hat.
Das Anzeigenblatt „Extra-Tip“ war mit einer ganzen Kette von Artikeln an der Entwicklung der letzten Monate beteiligt und hielt konsequent die Linie Lauers. Es spricht auch vieles dafür, dass Redakteur Becker seine Artikel mit Lauer vorbespricht. Der heutige Artikel, womöglich ein Schlusspunkt unter die Reformbemühungen der letzten Monate – und ein stilechter! – sei auch hier dokumentiert. Ich übernehme ihn aus dem Forum der „Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen“, http://forum.hna.de/forum/viewtopic.php?pid=14619#p14619. Auf der Website des „Extra-Tip“, http://www.extratip.de, ist der Artikel (noch) nicht verfügbar.

Zwischenruf – Von Gestern

Von Klaus Becker

Hätten sich Kassels Bürger- und Medien häufiger so intensiv um die Brüder Grimm gekümmert wie in den letzten Wochen, dann wäre die Ausstrahlung des berühmten Brüderpaares sicherlich noch viel wirkungsvoller als bisher. Doch da überschatteten erstmal Streitigkeiten und Querelen das Gedenken an Kassels große Geisteshelden aus dem 19. Jahrhundert. Irgendwie waren auch diese Streitigkeiten märchenhaft. Denn hinter den Konflikten von heute verbargen sich Konflikte, die eigentlich vor mehreren Jahrzehnten schon ausgetragen wurden. Betrachtet man die Ursachen für das Scheitern jener Gruppe, die zum Kampf gegen den Grimm-Museumsleiter Dr. Bernhard Lauer aufrief, dann finden sich dort auch Gründe für ihr Scheitern in den frühen 90er Jahren. Hochmut und völliger Unkenntnis dessen, was die Menschen tatsächlich denken und bewegt. Man konnte sich ja nur erstaunt die Augen reiben: Da machte sich jene Fehleinschätzung breit, und wieder spielte dabei der frühere OB Bremeier mit seinem „Kulturnetzwerk“ eine entscheidende Rolle bei dieser falschen Analyse und den auf sie folgenden Schritten. Lauer-Gegner wähnten sich eine Zeitlang sicher. Sie wurden dabei von Medien massiv unterstützt, die damit ihre Niederlage vorbereiteten. Auf lokaler Ebene oder noch krasser in den Berichten der überregionalen Medien wie in jenem dümmlich-arroganten Artikel des „Spiegel“, der Lauer-Anhänger allesamt zu „Klofrauen und Vitrinenwächtern“ einstufen wollte.
Jetzt muss ein Neuanfang gemacht werden. Die Tatsache, dass mit Dieter Staubach nun ausgeprägter Techniker an der Spitze der Grimm-Gesellschaft steht, ist für diese Geschäft eine Chance. Damit könnte sie herauskommen aus jenem grotesken Intrigenspiel, das die Geisteswissenschaften nur allzuoft prägt.
Auf die Nase fielen auch jene Vertreter des Kasseler „Bürgertums“, die sich auf geradezu peinlich-unterwürfige Weise dem Anti-Lauer-Lager andienten. Aufgeblasenen Wichtigtuer und billige Intriganten, die offenkundig überhaupt keine Resonanz finden.
Wie es weitergeht? Gewinnen wird der, der das größte Maß an Lernfähigkeit entwickelt. Sich den Blick nicht verstellen lässt. Kassels OB hatte sich auf der falschen Seite eingeordnet. Nicht weil es ihm an klarem Blick fehlte, sondern weil er auf die falschen Ratgeber hörte. Immer noch gibt es Leute, die sich nicht mit dem Willen mündiger Bürger abfinden können. Und wenn die nicht lernen wollen, müssen sie wohl noch einige Niederlagen einstecken.

(Zitat: „Extra-Tip“ Kassel, Ausgabe vom 10. Mai 2006.)

milatosSO36, 10. Mai 2006

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Ein Dokument zur Geistesgeschichte Kassels

Milatos hat den Kommentar Klaus Beckers aus dessen Extra Tip dankenswerterweise einem auswärtigem Publikum zugänglich gemacht. Die besondere Qualität dieses Textes liegt darin, daß er geradezu exemplarisch das Reflexionsniveau vermittelt, mit dem in dieser Stadt permanent zu rechnen ist. Herr Becker begann in jungen Jahren als Pressesprecher des OB Karl Branner seine Karriere. Dessen Nachfolger Hans Eichel trennte sich von ihm aus Gründen, die bis heute undurchsichtig geblieben sind, aber bei Becker offensichtlich eine bis heute anhaltende Verletzung ausgelöst haben. Als Trostpflaster durfte er für die SPD, der er bis heute angehören soll, eine Mitgliederzeitung für den Bezirk Nordhessen gestalten. Nachdem diese von der Partei eingestellt worden war, gelang ihm mit dem – kostenlos verteilten – Extra Tip eine erfolgreiche Unternehmung, die als Alternative zur HNA sofort große Beliebtheit erlangte. Becker wiederholt in manischer Weise Themata wie: tatsächliche und vermutete Verfehlungen im öffentlichen Dienst (vor allem finanzielle Verschwendung), Faulheit und Inkompetenz von Lehrern und Professoren, verbunden mit einem abstrakten Lamentieren über den Zusammenbruch von Werten und guten Sitten im Zusammenhang mit dem Einfluß der „Alt-68er“ in Kultur und Erziehung.im Allgemeinen und seiner Genossen im Besonderen. Diese – zum Teil durchaus berechtigte – Kritik erfolgt nun nicht im Kontext eines reflektierten liberal-konservativen Weltbildes, sondern im Rahmen eines ad-hoc-Populismus, der modische Versatzstücke beliebig kombiniert und zur Erzeugung publikumswirksamer Empörung auch Ausflüge in offene Vulgarität nicht scheut. Damit ist umrissen, in welchen intellektuellen Umfeld die Lauergruppe angekommen ist und mit welchem Geschick sich Dr. Lauer im Geflecht politischer und persönlicher Neurosen eingerichtet hat. Für den auswärtigen Betrachter macht die Auseinandersetzung zumindestens plausibel, warum mit einer seriösen Grmmforschung aus Kassel in absehbarer Zeit nicht mehr zu rechnen sein wird. Dr. Lauer ist Jahrgang 1954. Unter Zugrundelegung der gegenwärtigen Pensionsregelungen erfolgt das Ende seiner Dienstzeit im Jahre 2019. Realisten können dann mit einer Wiederaufnahme der Reformdiskussion rechnen.Wir sehen uns wieder.

Rudolf Theisen, 11. Mai 2006

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Grimmforschung geht weiter

Jetzt da Sie verloren haben, sollten sie zur Kenntnis nehmen dass in Kassel unbeirrt weitergemacht wird. Hier können Sie auch lesen dass Herr Dr. Lauer perfekt russisch spricht und intensiv die Myten und Sagen der slavischen Länder kennt.

Extra-Tip v. 17.05.2006

Kassel als Vorbild für fernen Ural

Beeindruckte die Gäste aus dem fernen Osten Russlands nicht nur mit seinen perfekten russischen Sprachkenntnissen, sondern auch durch seine intensiven Kenntnisse der Mythen und Sagen der slawischen Länder: Museumschef Dr. Bernhard Lauer mit seinen Gästen aus der russischen Republik Baschkortostan im Grimm-Museum. Links: Ewald Griesel.

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Der Name der russischen Republik Baschkortostan dürfte bisher den meisten Nordhessen fremd geblieben sein. Mit reichen Bodenschätzen gesegnet, dazu eine herrliche Gebirgslandschaft. Wie man all das touristisch besser vermarktet, wollen die Dozenten und Studentinnen wissen, die als Gäste der Akademie für Absatzwirtschaft Kassel (AfAK) einen intensiven Besuch in Nordhessen absolvierten.

Die russischen Gäste zeigten sich beeindruckt, als ihnen Thermen-Geschäftsführer Hendrik Schellinger vom Erfolg der Kurhessen-Therme berichtete – gibt es doch im Ural jede Menge von Heilquellen, die man touristisch nutzen will. Karl Görnhardt führte die Gäste aus dem fernen Land bei einem Rundgang durch den Tierpark Sababurg, bei dem besonders die Greifvogel-Vorführung einen tiefen Eindruck machte. In Niederzwehren und auf der Knallhütte orientierte man sich über Dorothea Viehmann. Beeindruck seien die Gäste gewesen, so Ewald Griesel, Vorsitzender des AfAK-Trägervereins, durch den im perfekten Russisch gehaltenen Vortrag von Grimm-Museumschef Dr. Bernhard Lauer, und zudem dessen große Kenntnis über Mythen und Sagen der slawischen Länder.

Grimmfreund, 18. Mai 2006

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Es gibt nun doch etwas Bewegung. In der Kasseler Lokalzeitung HNA vom 21.6.2006:

„Habe einen Ruf in der Welt“
Grimm-Museumsleiter Bernhard Lauer will Geschäftsführerposten abgeben

Von Christina Hein

KASSEL. Dr. Bernhard Lauer wird bis Ende des Jahres von seinem Posten als Geschäftsführer der Brüder-Grimm-Gesellschaft zurücktreten. So lautet eine Abmachung zwischen dem Literaturwissenschaftler und der Rathausspitze. Und das seit längerem.

In der Doppelrolle Lauers als Leiter des städtischen Brüder-Grimm-Museums und gleichzeitig Geschäftsführer der Grimm-Gesellschaft sieht Bürgermeister Thomas-Erik Junge ein „großes Problem“. „Wir wollen das entflechten“, sagt Junge gegenüber der HNA, „auch im Namen von Oberbürgermeister Bertram Hilgen“, der außerdem Kuratoriumsvorsitzender ist.

Stefan Lange, 22. Juni 2006

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In einem Brief an die Kasseler Lokalzeitung dementierte Museumsleiter Dr. Lauer, von seiner ehrenamtlichen Funktion als Geschäftsführer der Brüder Grimm-Gesellschaft zurücktreten zu wollen, wie es die HNA nach einem Gespräch u. a. mit ihm und Kulturbürgermeister Junge gemeldet hatte. Ob er zurücktreten werde, hänge von Entscheidungen in Sachfragen ab. Junge kündigte daraufhin eine Sitzung des für das Grimm-Museum zuständigen Kuratoriums an. Der Bericht der HNA über den Brief Lauers im Wortlaut:

Lauer auf Konfliktkurs
Chef des Grimm-Museums: Gebe Posten in Grimm-Gesellschaft erst mal nicht auf
Von Tibor Pézsa
KASSEL. Der Leiter des Brüder-Grimm-Museums, Dr. Bernhard Lauer, hat gestern bestritten, dass er bis Jahresende als Geschäftsführer der Brüder-Grimm-Gesellschaft zurücktreten wolle. So hatte es unsere Zeitung am Donnerstag nach einem gemeinsamen persönlichen Gespräch mit Lauer, Kulturdezernent Thomas-Erik Junge und Stadtsprecherin Petra Bohnenkamp gemeldet. Entgegen Lauers Darstellung bestätigten aber Junge und Bohnenkamp gestern die Richtigkeit der HNA-Berichterstattung.
Wie berichtet, wollen Oberbürgermeister Bertram Hilgen und Junge die Doppelfunktion von Bernhard Lauer auflösen. Das geht nur, indem Lauer entweder seinen Posten als Museumschef aufgibt oder seine Funktion in der Grimm-Gesellschaft.
Die Debatten um seine Person hatte Lauer selbst ausgelöst, als er versucht hatte, zusätzlich zu seinem Geschäftsführer-Posten auch noch Präsident der Grimm-Gesellschaft zu werden. Damit wäre er sein eigener Chef geworden, denn der Präsident der Grimm-Gesellschaft bildet neben dem Oberbürgermeister und dem Kulturdezernenten das Kuratorium des Brüder-Grimm-Museums. Nach heftigen Querelen um seine Person war Lauer unlängst auf einer Mitgliederversammlung wieder zum Geschäftsführer der Grimm-Gesellschaft gewählt worden.
Lauer machte gestern in einem Schreiben an die HNA deutlich, dass er „als Person der Sache der Brüder Grimm nicht im Wege stehen werde“. Das heißt für ihn aber offenbar nicht das, was Junge und Hilgen von ihm erwarten.
Lauer schreibt: „Ob und wann ich meine ehrenamtliche Funktion als Geschäftsführer der Brüder-Grimm-Gesellschaft zur Verfügung stellen werde, wird davon abhängen, wie die anstehenden Sachfragen entschieden werden.“
Als „Sachfragen“ nennt Lauer beispielsweise den „Ausbau des Grimm-Standortes Kassel, die Verwaltung der Sammlungen, wissenschaftliche und publizistische Konzepte“. Damit setzt sich der Museumschef einmal mehr in einen scharfen Gegensatz zu der Forderung des Kulturdezernenten und des Oberbürgermeisters. Bertram Hilgen und Thomas-Erik Junge mochten gestern auf Anfrage der HNA keine Stellung zu dem Vorgang nehmen. Es werde aber „umgehend“ eine Sitzung des Kuratoriums der Brüder-Grimm-Gesellschaft einberufen, „in der die Folgerungen aus der derzeitigen Situation erörtert werden.“
23.06.2006

http://www.hna.de/kasselstart/00_20060623201459_Lauer_auf_Konfliktkurs.html

Bonoboche, 24. Juni 2006

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Alles wird gut …

http://www.grimmnetz.de/grf/grimmskoch.jpg

(Ausschnitt und Bild: Extratip Kassel)

Jeanne d’Arc, 5. Juli 2006

Kategorien
Allgemein

28. April: Rölleke über Grimm-Gesellschaft in Kassel
„Märchenwerkstatt der Brüder Grimm“ auf der EXPO 2000
Grimm-Museumsbestand aus Familienbesitz
(Grimmforum, April / Mai 2006)

Das Kulturnetz Kassel lädt zu einem Vortrag Heinz Röllekes über das Kasseler Grimm-Erbe ein:

Der Vortrag steht im Kontext des Kasseler Reformprozesses, siehe andere Beiträge.
Das Bild auf der Einladung gibt Anlass zum Kopfschütteln. Aber vielleicht ist es ironisch gemeint? Jedenfalls zeigt es ein als ‚Schreibschrank aus der Familie Grimm‘ und Relikt der ‚Märchenwerkstatt‘ auf der Expo 2000, im Grimm-Museum und zur Zeit auf einer Tournee in Japan präsentiertes Möbelstück, das allerdings mit den Brüdern Grimm so gut wie nichts zu tun hat. Im Forum der HNA wurde dies ausführlich diskutiert. Da dieses Ausstellungsstück symbolisch für die Kasseler Grimm-Probleme stehen kann und die Informationen dazu im Grimmforum noch nicht zu lesen sind, sollte man sie evtl. hier auch zusammenstellen und ergänzen.
Mit diesem meinem Beitrag möchte ich lediglich auf den Kasseler Vortrag von Heinz Rölleke aufmerksam machen. Die Informationen zu dem Schreibschrank sollten anderweitig noch hier zusammengetragen werden. ✍
Droese, 19. April 2006
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Wortmeldung Dr. Lauers

Auf den Schreibsekretär, der auf obigem Bild zu sehen ist, wurde bei der Rölleke-Veranstaltung in Kassel am vorigen Freitag weiter eingegangen. Heinz Rölleke meinte, er wisse nicht, ob der Abbildung des Schreibsekretärs auf der Einladungskarte ein Irrtum oder subtile Ironie zugrundliege. Seit knapp sechs Jahren sei das Möbelstück durch die Ausstellung als Grimm-Schreibschrank auf der Expo berühmt; zahlreiche Photographien von ihm zierten als Reiseandenken Photoalben, vor allem in Japan und den USA, in der Annahme, es handle sich hierbei um den „Märchenschreibtisch“, das kostbarste Möbelstück aus der Grimmschen Märchenwerkstatt. Aus dem HNA-Forum übernehme ich hier noch ein Bild von der Situation, wie der Schreibsekretär auf der Expo Hannover 2000 stand:


(Quelle: http://www.manfred-roeben.com)

Die Presse berichtete damals überregional, das Land Hessen zeige auf der Expo den Schreibschrank der Brüder Grimm. Da es sich um ein Möbelstück handelt, das die Brüder Grimm vermutlich, wenn überhaupt, nur sehr selten zu Gesicht bekamen (es kam in die Familie ihres Schwagers Ludwig Hassenpflugs zu einer Zeit, als sie mit diesem kaum noch Kontakte hatten), geriet die Legende von der „Märchenwerkstatt“ in den letzten Wochen in Kritik, zuletzt durch den „Spiegel“-Artikel von gestern (näheres im HNA-Forum in den Intrigenstadl- und Märchenwunderland-Threads). Auf der Veranstaltung am Freitag meldete sich Dr. Lauer, der Leiter des Brüder Grimm-Museums, zu Wort und äußerte sich zu dem Exponat.

Ich wollte was zu dem Schreibsekretär auf der Expo sagen. Die ganze Wahrheit ist, daß auf der Expo nicht nur der Schreibsekretär aus der Familie Hassenpflug präsentiert worden ist (und das ist auch so in der Beschriftung dargestellt worden), sondern im Zentrum dieser Präsentation standen die Kasseler Handexemplare der „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm, und auf dem Schreibtisch gab es einige originale Stücke aus dem Nachlaß der Brüder Grimm, die auch ganz klar aus dem Nachlaß stammten. Und das Wort „Märchenwerkstatt“ war sowohl auf der Expo als auch jetzt in dem kleinen Führer durch das Brüder Grimm-Museum, wo wir jetzt zu Leben und Werken der Brüder Grimm 64 Seiten publiziert haben, stand diese „Märchenwerkstatt“ in Anführungszeichen. Und die Präsentation, da mußte man einige Kompromisse auch an solche Ausstellungsmacher auf der Expo machen. Wir waren nicht in der Lage, einen originalen Schreibtisch etwa aus Nürnberg in die Expo hineinzubringen, das wurde abgelehnt. Und die Märchenwerkstatt der Brüder Grimm wurde dann ergänzt, die authentische Märchenwerkstatt, repräsentiert durch die Handexemplare der „Kinder- und Hausmärchen“, die ja im vergangenen Jahr auf unsere Bemühungen hin als Weltdokumentenerbe von der Unesco anerkannt worden sind, diese Handexemplare bekamen dann eine Hülle dieses Hassenpflug-Sekretärs, der ist aber nirgendwo als Möbel der Familie Grimm oder als aus dem direkten Nachlaß der Familie Grimm stammend bezeichnet worden. Das nur zur Korrektur.

Wie der Schreibschrank im einzelnen auf der Expo oder bei anderen Ausstellungsstationen beschriftet wurde, weiß ich nicht (zur Zeit ist er in Japan). In der vor einigen Monaten erschienenen Broschüre „Die Brüder Grimm. Leben und Wirken. Zusammengestellt und kommentiert von Bernhard Lauer“ ist auf S. 60 der Schreibtisch ungefähr in derselben Präsentationsform wie auf der Expo abgebildet, nämlich so wie oben auf dem Einladungsbild (dieses scheint ein Ausschnitt des Bildes in der Broschüre zu sein). In der Broschüre steht dazu ein vierzeiliger Bildtext, der nachfolgend noch zitiert sei.

Bernhard Lauer schrieb: Die „Märchenwerkstatt“ der Brüder Grimm mit Möbelstücken aus Familienbesitz, den Handexemplaren der Ersten Auflage der Märchen und Jacob Grimms Leseglas; dahinter ein Blick in die Marktgasse aus der Wohnung der Brüder Grimm, die im Haus Nr. 17 unweit der ehemaligen Sonnenapotheke mit der Mutter und vier anderen Geschwistern von 1805 bis 1814 lebten. Elektronische Collage von B. Lauer und Daniel Stein. Kassel, 2005.

Weitere Erläuterungen zu den auf dem Bild gezeigten Möbelstücken sind in der Broschüre nicht enthalten.
Nun frage ich Sie:
Wie würden Sie den Wortlaut des Bildtextes hinsichtlich der Provenienz der Möbelstücke verstehen? Und warum erscheint so eine Collage in der Handreichung des Brüder Grimm-Museums mit diesem Text, wenn nicht um zu suggerieren, man habe hier den Arbeitsplatz vor sich, an dem die Märchensammlung entstanden sei? Übrigens trifft es hier ja nicht zu, daß originale Möbelstücke nicht verfügbar waren. Für die Collage hätte man ja durchaus Bilder wirklicher Grimm-Möbel verwenden können. Offenbar geht es doch aber darum, genau dieses Kasseler Möbelstück im Bildgedächtnis des Rezipienten festzubannen mit der Assoziation, es handle sich um das wichtigste Möbelstück der „Märchenwerkstatt“, das nämlich, an dem die Texte zu Papier gebracht wurden. Insofern trifft hier das, was Rölleke sagte, wohl den Nagel vollkommen auf den Kopf – und so geht es nicht, das ist Irreführung mit der Strategie, daß die Mehrheit der Besucher es nicht so genau wissen will und sich gern so ein Möbelstück in der Annahme anschaut, es handle sich um die „Märchenwerkstatt“, ohne weiter nachzufragen oder gar selbst zu recherchieren. Nicht umsonst sind (bzw. waren) im Grimm-Museum auch die Provenienzen weiterer Exponate auf genau dieselbe verschwommene Weise ausgedrückt (oder gar nicht erst angegeben).

Berthold Friemel, 30. April 2006
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Die HNA zum Rölleke-Vortrag vom 28.April 2006

In der heutigen HNA wird über die Veranstaltung mit Heinz Rölleke berichtet und der Vorgang kommentiert.

Hier zunächst der Bericht:

Grimm-Nachlass für Kassel?
Erben wollen Gegenstände abgeben – Kritik an Grimm-Gesellschaft

KASSEL. Die Brüder-Grimm-Gesellschaft und das Grimm-Museum haben die Chance, einen umfangreichen Nachlass der Brüder Grimm sowie ihrer Nachkommen zu übernehmen. Die Nachlassliste umfasst mehr als tausend Objekte, vornehmlich Möbel und Haushaltsgegenstände, von denen etwa 15 bis 20 Prozent aus dem Besitz von Jacob und Wilhelm Grimm stammen sollen.

Prof. Hans Brinckmann gab das im Auftrag der Initiativgruppe, die einen Neuanfang der Grimm-Gesellschaft versuchen will, in der Vortragsveranstaltung im Hörsaal des Landesmuseums bekannt, in der Prof. Heinz Rölleke heftige Kritik an der derzeitigen Geschäftsführung der Grimm-Gesellschaft übte. Eingeladen zu der außerordentlich gut besuchten Veranstaltung hatte das Kulturnetz in Verbindung mit dem Literaturhaus und der Goethegesellschaft.

Nach Brinckmanns Worten sind die beiden Nachfahren der Brüder Grimm, die über die Nachlass-Gegenstände verfügen, bereit, die Objekte, zu denen Buffets, Bücherschränke, Bücher, Gemälde, asiatisches Porzellan und andere Haushaltsartikel gehören, nach Kassel zu geben. Der Preis stehe noch nicht fest, müsste aber erschwinglich sein. Brinckmann ist auch sicher, dass man die nötigen Gelder mithilfe von Kulturstiftungen und Bürgerengagement aufbringen könne. Wie Dr. Berthold Friemel von der Berliner Grimm-Sozietät ergänzte, würde das Grimm-Museum mithilfe des Nachlasses erstmals im größeren Umfang die Wohnkultur der Grimm-Familie dokumentieren und inszenieren können.

Im Zentrum der Veranstaltung hatte der Vortrag des Märchenexperten Prof. Heinz Rölleke gestanden, der eine Generalabrechnung mit der Grimm-Gesellschaft vornahm. Er warf ihr Fehler und Versäumnisse vor und beklagte – wie schon im Interview unserer Zeitung -, dass die Gesellschaft andere Grimm-Forscher xxxxxxxxx, und dass sie für sich einen Alleinvertretungsanspruch reklamiere.

Die Kritik zielte insbesondere auf Dr. Bernhard Lauer, der Direktor des Grimm-Museums und Geschäftsführer der Grimm-Gesellschaft ist. Lauer, der sich die Kritik geduldig anhörte, meldete nur in einem Punkt Widerspruch an: Er habe den Schreibsekretär, der im Jahr 2000 auf der Expo gezeigt worden war und dessen Bild auch die Einladung zu der Veranstaltung zierte, nicht fälschlich als Schreibtisch der Brüder Grimm ausgegeben. Vielmehr habe er gewusst, dass der Sekretär aus dem Umfeld der Grimms, der Familie Hassenpflug, stammte. Er habe lediglich das Arrangement in der Expo-Vitrine, zu der auch die Erstausgabe der Kinder- und Hausmärchen gehörte, mit Blick auf die Veranstaltung „Märchenwerkstatt“ genannt.

Der leitende Redakteur Dirk Schwarze schreibt dann unter „Kommentar: Einmaliger Vorgang“:

Die Brüder-Grimm-Gesellschaft ist in eine derartige Krise geraten, dass sich die vereinsinterne Opposition andere Kulturgesellschaften als Plattform suchen musste, um ihre massive Kritik öffentlich vorzutragen. Das Kulturnetz bot in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus und der Goethegesellschaft diese Plattform und ermöglichte so diesen einmaligen Vorgang.
Als Anwalt hatte man sich den angesehenen Grimm-Experten Prof.Heinz Rölleke geholt. Der erledigte die ihm übertragene Aufgabe mit großer Sorgfalt. Es war, als würde er ein schier endloses Sündenregister aufblättern. Schnell wurde klar, dass ein Neuanfang nötig ist, wenn dei Grimm-Gesellschaft auch außerhalb Kassels eine Zukunft haben will. Umso mehr verwundert, dass die Generalkritik nicht mit größerer Gelassenheit vorgetragen wurde. Schließlich hätte es gut getan, stärker in die Zukunft zu blicken, wozu die Aussicht, den Grimm’schen Haushaltsnachlass nach Kassel zu holen, genügend Anlass geboten hätte.
Dass Dr.Bernhard Lauer die in vielen Teilen auf ihn gemünzte Kritik ruhig anhörte, forderte selbst seinen Widersachern Respekt ab. Lauer gab damit aber auch zu verstehen, dass er sich weiter dem Kampf um die Führung der Grimm-Gesellschaft stellt.
dsc

Aanzumerken wäre noch, daß die HNA den Bericht mit einem Photo schmückt, auf dem Dr.Lauer, neben einer Plastik der Viehmännin stehend, eine japanische Publikation in die Kamera hält.
Dazu die Unterschrift:
Zuwachs fürs Brüder-Grimm-Museum?
Unser Archivbild zeigt den Leiter des Brüder-Grimm-Museums, Dr.Bernhard Lauer, mit einer japanischen Übersetzung anlässlich der Wanderausstellung „Die Märchenwelt der Brüder Grimm“

Dieser Beitrag wurde vom Forumsadministrator im Hinblick auf die 2008 / 2009 stattgefundene juristische Auseinandersetzung um Äußerungen zu Zugangsverhältnissen für die Wissenschaft im Grimm-Museum Kassel teilweise unlesbar gemacht.

Rudolf Theisen, 1. Mai 2006
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Der Extra-Tip über die kommende Samstagssitzung

Der heutige Extra-Tip berichtet über die bevorstehenden Wahlen am kommenden Samstag

Extra-Tip schrieb:
Grimm und die „Klofrauen“
Am Samstag entscheidende Sitzung der Grimm-Gesellschaft im Kasseler Rathaus

An diesem Samstag fallen wichtige Entscheidungen bei der Brüder Grimm-Gesellschaft in Kassel. Da geht es nämlich um die Neuwahl des Vorstandes. Zur Wahl stehen der frühere Präsident von Kassels Uni, Dr. Hans Brinckmann, der vor allem von Gegnern des bisherigen Museums-Leiters, Dr. Bernhard Lauer, vorgeschlagen wurde.

Von KLAUS BECKER

KASSEL – Unterstützt wird Brinckmann, der zugleich das documenta-Forum leitet vom „Kultur-Netzwerk“ der Kasseler SPD, einer Gründung des früheren OB Wolfram Bremeier. Auch OB Bertram Hilgen hat sich für seinen Parteifreund Brinckmann stark gemacht. Auch stehen im Lager von Brinckmann Mitglieder des Rotary-Clubs in Kassels. Mitglieder, wie Wirtschaftsprüfer Reiner Ludewig und der frühere evangelische Dekan Wittekind haben ihre Clubfreunde aufgefordert der Brüder Grimm-Gesellschaft beizutreten und Hans Brinckmann zu unterstützen. Das ist eine Initiative, die innerhalb der „Service-Clubs“ sofort auf Widerspruch stieß. Die frühere Landtagsabgeordnete Eve Rotthoff äußerte sich in einem Brief an Wirtschaftsprüfer Ludewig und wies darauf hin, dass die „Service-Clubs“ neutral und unparteiisch sein müssen und sich nicht in die Angelegenheiten anderer Vereine und Gesellschaften einmischen sollten. Sie forderte dagegen alle beteiligten Clubs auf, „Objektivität und Neutralität“ zu bewahren.
Im Mittelpunkt der Kontroverse: Der langjährige Leiter des Brüder-Grimm-Museums in Kassel, Dr. Bernhard Lauer. Letzter Punkt der Kampagne war ein Artikel, der im letzten „Spiegel“ erschien. Dr. Lauer wurden darin zahlreiche Vorwürfe gemacht, er habe Publikationen angekündigt, die noch gar nicht erschienen seien. Im üblichen „Spiegel-Stil“ wurde Lauer als eine Art von „Hochstapler und Aufschneider“ abgekanzelt. Ein Artikel, der jedoch auch bei Politikern nicht unbedingt Begeisterung auslöste. Denn dort hieß es auch: „Vitrinenwächter und Klofrauen“ seien in dem „Akademischen Club“ aufgenommen worden. Vorgeworfen wurde Lauer auch, dass er zu enge Kontakte zur mittelständischen Wirtschaft in Kassel pflege, zum Beispiel zur Brauerei „Knallhütte“, deren enge Bindung an das Lebenswerk der Brüder Grimm den Spiegel-Schreibern offensichtlich nicht bekannt ist. Unbekannt war bisher auch, dass die Brüder Grimm-Gesellschaft, zu der seit vielen Jahren besonders engagierte Bürger aus Kassel gehören, die einst vom Kasseler Verleger Karl Vötterle gegründet wurde, ein „Akademischer Club“ sein soll.
Angesichts der immer heftiger werdenden Attacken in der Brüder Grimm-Gesellschaft hat sich inzwischen ein anderer Kandidat für die Präsidentschaft gemeldet. Der Berliner Unternehmer Dieter Staubach, der seit vielen Jahren engagierte Förderer der Berliner Kulturszene, und durch familiäre Bindungen eng an Nordhessen gebunden. Er lehnt eine parteipolitische Ausrichtung der Brüder Grimm-Gesellschaft entschieden ab und möchte die Grimm-Gesellschaft weiter als Treffpunkt für Grimm-Begeisterte aus allen Regionen und Generationen über alle Parteigrenzen hinaus erhalten. Nach den heftigen, teils hasserfüllten Debatten in Kassel, hat der Kandidat aus Berlin am Samstag die Chance, sich endlich dem Kasseler Publikum vorzustellen.

Rudolf Theisen, 3. Mai 2006