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Wilhelm Braun verstorben
Radiobeitrag mit Wilhelm Braun über Schimpfwörter
(Grimmforum, Mai / November 2010)

Administrator, 20. Mai 2010
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Wilhelm Braun über Schimpfwörter

Sendung mit Wilhelm Braun über Schimpfwörter im Jugendradio DT64

Tondokument aus der Zeit vor 1990 zum Nachhören

http://www.grimmnetz.de/download/br05_schimpfwoerter_dt64.mp3

Berthold Friemel, 28. November 2010

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Extratip: Neues zum Museumsplan
(Brüder Grimm-Museum Kassel)
(Grimmforum, 12. Mai 2010)

Wie der Kasseler Extratip am vorigen Wochenende nach Recherchen bei Experten berichtete, liegt diesen das Gutachten, das am Ende des vorigen Postings erwähnt wurde („Gutachten zum Neubau eines Museums fertiggestellt“), inzwischen vor:

Quelle: Extratip Kassel von Sonntag, 9. Mai 2010

Bonoboche, 12. Mai 2010

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Ausstellung „Die Brüder Grimm
in Kassel und Göttingen“
(Grimmforum, 16. April 2010)

Im Foyer des Neubaus der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (Platz der Göttinger Sieben) läuft ab 21. April eine von Klaus Düwel und Hans-Jörg Uther konzipierte Grimm-Ausstellung.

Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen schrieb: Die Ausstellung informiert über die Kasseler und Göttinger Schaffensjahre der Brüder Grimm. Sie wurde von Göttinger Wissenschaftlern in Kooperation mit der SUB Göttingen erarbeitet.

http://www.sub.uni-goettingen.de/archiv/ausstell/2010/grimm.html

Berthold Friemel, 16. April 2010

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Ein Jahr „Dachmarke GrimmHeimat Nordhessen“
(Grimmforum, 24. März 2010)

Wie die Kasseler HNA berichtete, wurde am 7. 3. 2010 auf der Burg Waldeck das einjährige Jubiläum der „Dachmarke GrimmHeimat Nordhessen“ von 150 Personen feierlich begangen. Die Dachmarke, unter der man in Nordhessen den Tourismus kräftig ankurbeln wolle, habe dafür gesorgt, dass Nordhessen im Tourismus erstmals wirklich vereint sei. Die HNA zitiert Regionalmanager Holger Schach: „Weil bei dem Thema keiner verliert, macht auch jeder mit.“

Durch das Thema Grimm könne der Tourismus in Nordhessen bis zum Jahr 2020 um zehn Prozent gesteigert werden, so hoffe Schach. Heute werde mit dem Tourismus in Nordhessen ein jährlicher Umsatz von etwa 2,5 Milliarden Euro erzielt, eine Milliarde bleibe davon in der Region. 50.000 Menschen seien im nordhessischen Tourismus beschäftigt.

Die Aktivitäten der GrimmHeimat Nordhessen sind laut HNA „ebenso mannigfach wie mitunter bescheiden“:

HNA schrieb: Da werden Köche zu Märchenköchen weitergebildet, gibt es für Hotels ein Förderprogramm Märchenbetten und es wird ein Märchenspiel auf den Markt kommen (eine Mischung aus dem verrückten Labyrinth und Sagaland). Die SB-Union lässt Schokoladentafeln mit Märchenmotiven herstellen, es folgen märchenhafte Milchtüten und Kekse. Diverse Prospekte sind in Vorbereitung, und es wird unter anderem Baumwolltragetaschen sowie Regenschirme geben. Außerdem wird man zu einer Promotiontour ab dem Herbst in Einkaufszentren im Rhein-Main- und Ruhrgebiet aufbrechen. Die Liste der Aktivitäten ist lang und ließe sich fortsetzen.

Über „das größte Projekt, den Neubau des Brüder-Grimm-Museums in Kassel„, gebe es dagegen nichts Neues zu berichten. Vor acht Monaten sei das Schloss Bellevue in Kassel ausgeräumt worden, sonst habe sich nichts getan. In der gleichen Zeit, in der die Stadt Kassel ein Gutachten zum Neubau eines Museums fertiggestellt habe, sei in Bad Hersfeld „das Grimm-Science Center für Sprache (Baukosten elf Millionen Euro) hochgezogen“ worden, habe es am Rande der Zusammenkunft geheißen.

Immerhin sei „am Rande der Zusammenkunft auf Schloss Waldeck gemunkelt“ worden, „dass die Grimm-Gesellschaft das weltweit beachtete Jubiläum“ 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen (2012 / 2015) „auch in Schanghai feiern könnte. Oder an dem Standort, den der Konzern VW in China unterhält. Immerhin: Die Spitze der Brüder-Grimm-Gesellschaft mit Werner Neusel und Bernhard Lauer war gestern auf Schloss Waldeck dabei. Von früheren Miss-Stimmungen mit den Tourismus-Fachleuten war nichts mehr zu hören.

(Quelle: http://www.hna.de/nachrichten/hessen/ziel-mehr-touristen-662898.html
Hervorhebungen Bonoboche)

Bonoboche, 24. März 2010

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KHM 1840 aus Besitz von Karajan digital
(Grimmforum, 10. Februar 2010)

Kinder- und Hausmärchen, gesammelt durch die Brüder Grimm, Große Ausgabe, vierte Auflage, Göttingen 1840

gute farbige Digitalisate eines Exemplars der Landesbibliothek Weimar, aus dem Besitz von Theodor Georg von Karajan, später Eigentum von Reinhold Köhler:
https://haab-digital.klassik-stiftung.de/viewer/toc/219780277/1/-/

(zu Karajan siehe Briefwechsel der Brüder Grimm, Kritische Ausgabe, Bd. 4; obiger Link 2020 aktualisiert)

Berthold Friemel, 10. Februar 2010

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„Stiftungs-Juniorprofessur zum Werk der Grimm-Brüder“
in Kassel
(Grimmforum, 19. Februar 2010)

Laut heutigen Medienberichten wird an der Universität Kassel eine Professur zur Grimmforschung eingerichtet. In einer auf nh24.de veröffentlichten Meldung heißt es dazu:

nh24 schrieb: Freitag, 19. Februar 2010 um 11:36 Uhr
Kassel. Die Universität Kassel erhält eine Stiftungs-Juniorprofessur für die Erforschung der Werke der Brüder Grimm. Die Professur soll es ermöglichen, bislang unbeachtete Werke der beiden Sprachwissenschaftler und Märchensammler «einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen», sagte die Vizepräsidentin der Hochschule, Claudia Brinker-von der Heyde, heute in Kassel. Bei den 14 Stiftern der Professur handele es sich um Privatpersonen sowie Unternehmen aus der Region. Über die finanzielle Ausstattung der Professur machte die Universität keine Angaben.
Die Juniorprofessur nehme das Leben der Brüder Jacob (1785-1863) und Wilhelm Grimm (1786-1859) in Kassel zum Anlass, etwa bis heute erhaltene Dokumente der Arbeit der beiden Sprachwissenschaftler zu erforschen. Ziel sei es, eine «seriöse Grimm-Forschung» an der Universität zu etablieren, fügte Brinker-von der Heyde hinzu. (ddp-hes)

http://www.nh24.de/index.php?option=com_content&view=article&id=29845:kassel-erhaelt-stiftungs-juniorprofessur-zu-werk-der-grimm-brueder&catid=22:allgemein&Itemid=59

Bonoboche, 19. Februar 2010

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Wörterbuch-Veranstaltung „Grimm der Zukunft“
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Grimmforum, 5. Februar 2010)

Öffentliche Veranstaltung des Zentrums Sprache der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
Montag, 22. Februar 2010, 18-20 Uhr
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Akademiegebäude am Gendarmenmarkt
Einstein-Saal, Jägerstraße 22/23, 10117 Berlin:

Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften schrieb: Der "Grimm der Zukunft"
Perspektiven der Lexikographie im 21. Jahrhundert

Das von den Brüdern Grimm begonnene "Deutsche Wörterbuch" setzt bis heute den Standard der deutschen Wortforschung; es hat die Anregung zu vielen weiteren Wörterbüchern gegeben. Die Entwicklung der Technik ermöglicht nun, die bisherigen Erkenntnisse der Wortforschung in ein großes digitales System zu integrieren und sie mit neuen Forschungsergebnissen zu verbinden. Dies geschieht im "Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache" (DWDS). Einige Schritte dieses Übergangs werden auf der Veranstaltung präsentiert, insbesondere die Integration des "Etymologischen Wörterbuchs des Deutschen" von Wolfgang Pfeifer u.a. und eine Darstellung der Aussprache als Audiodateien.

Der "Grimm der Zukunft"
Perspektiven der Lexikographie im 21. Jahrhundert

18.00 Uhr
Wolfgang Klein
Begrüßung

18.15 Uhr
Ingo Schulze
Das Wort für die Sache – halten – über den Begriff "Verlierer"

18.45 Uhr
Hartmut Schmidt
Das Deutsche Wörterbuch und die aktuellen Aufgaben der Wortforschung

19.15 Uhr
Wolfgang Klein / Alexander Geyken
Das "Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache" – Konzept und derzeitiger Stand

19.45 Uhr
Wolfgang Klein
Schlusswort

Weitere Informationen:
info
Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Berthold Friemel, 5. Februar 2010

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Grimms in Heiligenstadt
(Grimmforum, 2009 / 10)

Im Rahmen einer diesbezüglichen Anfrage aus Heiligenstadt haben wir in der Arbeitsstelle Grimm-Briefwechsel Textzeugnisse gesucht, die den Aufenthalt von Jacob und Wilhelm Grimm in Heiligenstadt belegen. Dabei waren die zu beantwortenden Fragen: Wann genau und zu welchem Anlass besuchten die Grimms Heiligenstadt? Wo waren sie dort untergebracht?

An dieser Stelle möchten wir unsere Ergebnisse für alle Interessierten zugänglich machen und gleichzeitig einen Diskussionsort schaffen, an dem das Thema „Grimms in Heiligenstadt“ durch Beiträge von verschiedenen Seiten und verschiedenster Natur (weitere Textbelege, Photos der Heiligenstädter Örtlichkeiten, etc.) möglichst umfassend dokumentiert werden kann.

Jacob und Wilhelm Grimm waren mindestens zweimal in Heiligenstadt, im April 1838 und im März 1841. In den folgenden beiden Beiträgen möchte ich unsere bisherigen Erkenntnisse zu diesen Aufenthalten zusammenfassen und dabei auch noch offene Fragen thematisieren.

Constantin Stroop, 18. November 2009
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1838
1838
Im April 1838 trafen sie sich hier mit Familienangehörigen und Bekannten. Ein wichtiges Anliegen der Brüder war es bei diesem Treffen, sich mündlich über ihre Pläne zum „Deutschen Wörterbuch“ auszusprechen. Dabei ging es auch um die Erörterung der genauen Verlagskonditionen und ein diesbezügliches Angebot des Verlegers Karl Reimer.
Nach Jacobs politisch erzwungener Übersiedlung nach Kassel lebten er und Wilhelm, der in Göttingen geblieben war, getrennt und hatten sich nur brieflich über das Wörterbuch-Projekt verständigen können. Dementsprechend findet sich eine deutliche Spur des Heiligenstädter Zusammentreffens von 1838 im Briefwechsel der Brüder mit den Verlegern des „Deutschen Wörterbuchs“ Karl Reimer und Salomon Hirzel.
Auf Reimers Brief und Angebot vom 6. April (Kritische Ausgabe, Bd. 5, S. 58 f., Nr. 9) antwortet Jacob, „Cassel 26. apr. 1838.“:

„Werthester freund,
Unsere erklärung auf Ihren antrag ist durch den erst vor einigen tagen ausgeführten plan einer zusammenkunft in Heiligenstadt, wo wir uns mündlich berathen wollten, verzögert worden. Ich stehe nun nicht länger an Ihnen bestimmt zu antworten.
[…]“ (Ebd., S. 59 f., Nr. 10)

Einen kleinen Einblick in diese „zusammenkunft in Heiligenstadt“ gibt Jacob in seinem Brief an Wilhelm vom 24. April:

„Lieber Wilhelm, ich bin sonnabend nachmittag gegen 5 uhr mit dem Luis wieder hier eingezogen; wie schnell gewöhnt man sich an einen ort und an seine geringe bequemlichkeit, ich fühlte mich nach der rückkehr ordentlich wie zuhause, obgleich ich euch eben erst verlassen hatte, aber an einem dritten ort, und bloss nach einigen stunden unruhiger wiedervereinigung. wenn dir, Dortchen, und den kindern nur der rauhe wind, zumal beim gang in die kirche, nichts geschadet hat. Ich blieb mit der Dahlmann bis abends 10 uhr zusammen und sonnabend morgen noch eine halbe stunde. Zu Grossalmerode, wo mittag gegessen werden sollte, aber wie gewöhnlich nichts zu haben war ausser eiern und käse, trafen wir mit einem schulmeister und einer art von actuar zusammen, die von dem Witzenhäuser einzug ergötzlich redeten. der letzte erzählte mir ins gesicht, ohne mich zu kennen, den Grimm habe er dort auch gesehn.
[…] wir müssen in unsern umständen sparen, besonders da mich diese heiligenst. reise 17 rthlr. gekostet hat. doch wars des geldes werth, nicht wahr?“ (Kritische Ausgabe, Bd. 1.1, S. 636 f., Nr. 387; s. auch Wilhelms Antwortbrief: Ebd., S. 637, Nr. 388)

Offenbar trennten sich Jacob und Wilhelm im Verlauf des 20. April (Freitag) wieder, weswegen Jacob dem Bruder von seiner Beschäftigung am Abend und darauffolgenden Morgen berichten muss. Wilhelm und die übrigen Göttinger (mindestens noch Dortchen und Herman Grimm) verließen also vielleicht schon am Freitag wieder Heiligenstadt. Neben der nicht unbeträchtlichen Wegstrecke zwischen Göttingen und Heiligenstadt (ca. 30 km) spricht auch Wilhelm Grimms Tagebucheintrag von 1841, man habe „dieselben zimmer, die wir im j. 1838 inne hatten“ (zitiert nach dem Katalog: Die Brüder Grimm in Berlin. Stuttgart 2004, S. 66), gehabt, dafür, dass auch die Göttinger 1838 in Heiligenstadt übernachtet haben. Ob ihr Aufenthalt aber evtl. noch vor dem dann als wahrscheinliches Ankunftsdatum anzunehmenden 19. April (Donnerstag) begann, kann nach unserem bisherigen Kenntnisstand nicht abschließend beurteilt werden. Als weiteres Indiz für die genauen Reisedaten könnte lediglich eine auffällige Lücke in der Briefproduktion beider Grimms aufgeführt werden. Soweit bekannt, schrieben sie in dieser Zeit bis zum 16. April regelmäßig mindestens einen Brief pro Tag, zwischen 17. und 21. April jedoch schrieb keiner von ihnen auch nur einen Brief. Danach wäre es denkbar, dass beide schon am 17. April von Kassel und Göttingen aufbrachen und im Verlauf des Tages in Heiligenstadt zusammentrafen. In dieser Konstellation hätten Wilhelm und die anderen Göttinger Mitreisenden vom 17. (Dienstag) bis 20. April (Freitag), Jacob, Ludwig Emil und sonstige aus Kassel mitgereiste Personen vom 17. bis 21. April (Sonnabend) in Heiligenstadt verweilt. Gegen diese These eines mehrtägigen Treffens der Grimms spricht freilich einerseits Jacobs oben zitierte Äußerung von „einigen stunden unruhiger wiedervereinigung“, andererseits auch Wilhelms Brief an Karl Lachmann vom 27. April, in dem er explizit auf den 20. April (Freitag) als den offenbar einzigen Tag der Zusammenkunft verweist:

„Wir hatten vorigen Freitag, (die Kinder waren auch mit) ein Rendezvous mit Jacob in Heiligenstadt. Er war wohl und sah in einem schönen Pelzkragen, den sie ihm dort geschenkt haben, ganz stattlich aus.“ (Leitzmann, Bd. 2, S. 894, Nr. 48)

Luise Dahlmann und ihre (Stief-)Tochter Dorothea kamen vermutlich mit den Göttingern nach Heiligenstadt, um von hier aus weiter nach Jena zu reisen, wo sich ihr Mann bzw. Vater Friedrich Christoph Dahlmann derzeit aufhielt. So schreibt Jacob Grimm an diesen am 28. April 1838:

„Liebster Freund, Luise und Dorothee werden, denke ich mir, letzten Sonntag oder vielleicht erst Montag, wohlbehalten bei Ihnen angelangt sein. Es war eine hübsche Zusammenkunft in Heiligenstadt, wobei nur Sie fehlten.“ (Ippel, Bd. 1, S. 162, Nr. 97)

Eduard Ippel nimmt in seiner Briefedition desweiteren für einen offenbar unmittelbar vorhergehenden Brief Jacob Grimms an Dahlmann als Absendeort Heiligenstadt und als ungefähres Datum den April 1838 an (Vgl. Ippel, Bd. 1, S. 162, Nr. 96). Der betreffende Brief erhält im Wesentlichen nur eine kurze Mitteilung über die Position der Grimms zum Wörterbuch-Projekt, die sich inhaltlich, was den Stand der Verlagsverhandlungen angeht, in der Tat sehr gut in eben diese Zeit des Heiligenstädter Treffens 1838 einfügen lässt.

Der genaue Unterkunftsort der Grimms 1838 in Heiligenstadt erschließt sich durch Texte über Grimms Reise 1841 von Kassel nach Berlin. Herman Grimm schreibt sowohl in einem Notiz- und Skizzenbuch, als auch in einem Brief an Ludwig Emil Grimm und andere Kasseler Verwandte vom „deutschen Haus“ als Ort der Unterkunft. (Siehe hierfür ausführlicher den Beitrag zum Heiligenstädter Aufenthalt 1841.) Zusammengenommen mit Wilhelm Grimms oben bereits zitiertem Tagebucheintrag, in welchem er die Heiligenstädter Unterkünfte beider Aufenthalte miteinander identifiziert, beantwortet dies die Unterkunftsfrage auch für 1838 eindeutig.

Constantin Stroop, 18. November 2009
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1841

Für Grimms zweiten Heiligenstädter Aufenthalt gestaltet sich die Rekonstruktion weitaus weniger kompliziert. Insgesamt sind wir auf drei Texte gestoßen, die Heiligenstadt explizit nennen.
Wahrscheinlich noch auf der Reise und vielleicht sogar noch in oder zumindest in räumlicher Nähe zu Heiligenstadt notiert Herman Grimm das Umzugsgeschehen und sonstige Eindrücke in einem Notiz- und Skizzenbuch.

„Wie um 1/2 8 Uhr in Heiligenstadt aussteigen wollten schrammte sich die Mutter das Schienbein, was ihr sehr weh thut, aber nicht sehr schlimm ist. Wir schlafen hier im deutschen Haus wo das Rehchen[?] war, was ich aber nicht wieder gesehn habe. Ich habe die Leüte in W.hen abzeichnet im Wagen sitzend jetz bin ich sehr hungrig und der Thee wird bald aufgetragen“ (Notiz- und Skizzenbuch Herman Grimms; Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessens Bad Homburg v. d. H., 1.3.253)

Nach erfolgter Ankunft in Berlin berichtet Herman dann in einem Brief an seinen Onkel Ludwig Emil Grimm, dessen Frau Marie und deren Mutter von der Reise:

„Lieber Onkel, liebe Tante und Großmutter!
Ich will Euch unsere Reise so gut ich kann beschreiben.
[…] In Witzenhaußen waren also die Göttiger[!] in 4 Wagen welche es waren das schreibt Euch der Rudolf, übrigens aßen wir sehr lange und fuhren ¼ 4 Uhr nach Heiligenstadt ab, wo wir fri[s]ch u gesund aber sehr müde ankamen […]. Wir logirten hier im deutschen Haus, den Morgen um 4 Uhr fuhren wir weg […].“ (Herman Grimm an Ludwig Emil Grimm u.a., Berlin, 19. März 1841, zitiert nach dem Katalog: Die Brüder Grimm in Berlin. Stuttgart 2004, S. 62.)

Des Weiteren notiert Wilhelm Grimm über den Umzug nach Berlin und mit Bezug auf die von Herman genannte Göttinger Abordnung in seinem Tagebuch:

„Sie waren in vier wagen gekommen, um 3 uhr fuhren wir weiter, von allen zum wagen begleitet. wir kamen in der dunkelheit in Heiligenstadt an, und hatten dieselben zimmer, die wir im j. 1838 inne hatten.“ (Wilhelm Grimms Tagebuch, 14.-24. März 1841.)

Constantin Stroop, 18. November 2009
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Zeitungsbericht über das Treffen in Heiligenstadt

Wilhelm Schoof zitiert in seiner Biographie über Wilhelm Grimm (1960, S. 319) einen Zeitungsbericht über das Treffen in Heiligenstadt

Gutzkows ‚Telegraph für Deutschland‘ schrieb:

Die Namen, auf die Göttingen noch vor kurzer Zeit als auf die seinen stolz war, sie mußten an der hannoverschen Grenze herschleichen, um der Polizei nicht in die Hände zu fallen! Ich dachte, diese Namen hier vereint geschrieben, seien ein Document zur Geschichte Göttingens, und schob meinem Reisegefährten das Buch zu. Der Kellner sah es, er war aus Göttingen – und erklärte: ‚Wir haben vorgestern viele Göttinger hier gehabt, Wilhelm Grimm, eine Menge Privatdozenten, auch Frauen und Kinder, auch aus Cassel zwei, der Eine klein, untersetzt, immer freundlich, ‚kregel‘ und munter, mit dichten grauen Locken (Jacob), der Andere stämmig, Schnauzbart, lustig (Ludwig Emil Grimm) – sie haben hier große Tafel gehalten. Die Dahlmann ist nach Jena weitergereist.‘ Jetzt sind fünf Vierteljahre verstrichen. Die drei Verbannten sind noch nicht wieder in Göttingen gewesen. Dahlmann lebt in Kiel, Gervinus in Heidelberg, und Jacob schreibt mir aus Cassel: ‚Neulich hatten wir zu Veckerhagen, sieben Stunden von hier, an der Weser, eine Zsammenkunft mit O. Müller, Ritter, Schneidewin und andern Göttinger Freunden; und noch muß ich um meine Briefe an meinen Bruder ein Couvert mit der Adresse eines Dritten legen. Sie könnten sonst aufgefunden werden.‘

(Auf den Auszug dieses Zeitungsartikels bei Schoof wurde ich durch die neue Grimm-Biographie von Steffen Martus aufmerksam, wofür ich mich herzlich bedanke.)

Berthold Friemel, 18. November 2009

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Nachtrag 2020:

Deutsches Haus in Heiligenstadt, seit 2010 mit Gedenktafel an den Aufenthalt der Brüder Grimm

(Heilbad Heiligenstadt Wilhelmstraße 41 Deutsches Haus, Schulhaus der Jesuiten, Bischöfliches Kommissariat des Eichsfeldes, heute Gerichtsgebäude 1, Bild von NoRud auf Wikipedia, Lizenz CC 4.0)

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150. Todestag Wilhelm Grimms: Presse und Funk
(Grimmforum, 17. Dezember 2009)

Hier eine Auswahl von Links zu lesens- und hörenswerten Medienbeiträgen aus Anlass des 150. Todestages von Wilhelm Grimm (siehe auch die SWR-Filmreihe zu diesem Anlass, http://www.grimmnetz.de/wp/2020/12/18/2839/)

WDR-Zeitzeichen:
http://www.wdr5.de/nachhoeren/zeitzeichen.html
Der Todestag des Sprachwissenschaftlers Wilhelm Grimm
16. Dezember 1859

SWR2-Musikstunde „Es waren mal zwei Brüder“ (Sendungsmanuskript):
http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/musikstunde/-/id=5593970/property=download/nid=659552/4kvzcr/swr2-musikstunde-20091214.pdf

Interview der „Hessisch-Niedersächischen Allgemeinen“ Kassel mit dem Grimm-Biographen Steffen Martus:
http://www.hna.de//kulturstart/00_20091215203500_Die_Grimms_quotKantige_knorrige_Typenquot.html

„Die Zeit“, Wie Wilhelm Grimm das Märchen erfand:
http://www.zeit.de/2009/51/Maerchen-Wilhelm-Grimm?page=1

Deutschlandradio Kultur, Inverview mit Heinz Rölleke:
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1089271/
Berthold Friemel, 17. Dezember 2009

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Kassel 1829: „Grimms gehn weg!“
(Grimmforum, 16. November 2009)

Von einem Kollegen erhielten wir folgende Frage:

In einem Schreiben erwähnt W. Grimm im Zusammenhang mit dem Wechsel von Kassel nach Göttingen ein abfälliges Wort des Kurfürsten „die Herrn Grimms gehn weg! groszer Verlust! Sie haben nie etwas   
f ü r   m i c h   gethan!“ (Wendeler-Edition, Nr. 61, S. 122). Kennst du einen weiteren Beleg oder gar ein Dokument, wo diese Worte bestätigt werden?

Die Äußerung steht im Zusammenhang mit der Kündigung der bisherigen Stellen an der Kurfürstlichen Landesbibliothek in Kassel durch die Brüder Grimm Ende Oktober 1829.

Nachdem der Direktor der Bibliothek, Johann Ludwig Völkel, verstorben war, legten sie dem Kurfürsten Wilhelm II. zunächst folgenden Antrag vor, dass Jacob Grimm auf die bisherige Stelle des Verstorbenen und Wilhelm Grimm auf die seines Bruders vorrücken möge:

Der Bibliothekar Dr. Jacob Grimm und der Bibliothek-Secretar Dr. Wilhelm Grimm … bitten allerunterthänigst dem Bibliothekar die erste und dem Sekretar die dadurch erledigt werdende zweite Bibliothekarstelle huldreichst zu verleihen.

(Edmund Stengel: Private und amtliche Beziehungen der Brüder Grimm zu Hessen. Bd. 2, Marburg 1886, S. 10)

Die Anträge wurden vom Kurfürsten am 5. 2. 1829 folgendermaßen beschieden:

Kurfürst Wilhelm II. schrieb:Beyde Gesuche werden abgeschlagen; welches das Oberhofmarschall-Amt denselben bekannt zu machen hat.
(ebd., S. 11)

Jedoch erhielt Wilhelm Grimm ab dem 1. 3. 1829 eine Gehaltszulage von 100 Talern jährlich (ebd.).

In der Annahme, dass sie in Kassel keine wesentliche Verbesserung ihrer sozialen Lage mehr erwarten dürften, unterhandelten die Brüder Grimm im Lauf des Jahres 1829 mit der Universität Göttingen und wurden dorthin berufen. Daraufhin beantragten sie Ende Oktober in Kassel ihre Entlassung. Die beiden Abschiedsgesuche sind nicht nachweisbar. Der Kurfürst bewilligte die Entlassungen sofort und reichte die Gesuche an das Oberhofmarschallamt wegen der Ausfertigung der „flachen Abschiede“ weiter sowie

Kurfürst Wilhelm II. schrieb:
an d. Museums- u. Archiv-Dir. Rommel um zweckmäszigere und für den Dienst vortheilhaftere Vorschläge wegen Wiederbesetzung eines Bibliothekars nebst eines Scribenten zu thun und die Instruction vorschläglich dahin abzuändern, dasz gedachte bei der Bibliothek angestellt Werdende mehr für die Bibl. als für sich selbst arbeiten.
(ebd.)

Diese Aktennotiz enthält also sinngemäß jene Aussage, nach der wir gefragt wurden. Auch der Wortlaut, den Wilhelm Grimm in seinem Brief an Meusebach zitiert, dürfte zutreffen. Vermutlich ist er im Zusammenhang mit der Ausfertigung der Abschiede gefallen und den Grimms von einer Person, die am Hof Zugang hatte, berichtet worden. Begreiflicherweise bleibt die Quelle ungenannt (es könnte sich um den Kammerherrn von der Malsburg, den Bruder eines verstorbenen Freundes der Grimms, handeln, der häufig mit dem Kurfürsten Umgang hatte). Wilhelm Grimm notierte am 4. November 1829 in einem Tagebuch:

Wilhelm Grimm schrieb:
Der Kurfürst hat geäußert: „Die Hr. Grimms gehen weg, großer Verlust! sie haben nie etwas für mich gethan!“
(Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nl. Grimm o. Nr., B)

Das Bibliothekspersonal war Teil des Hofstaats und Bibliothek und Museum gehörten zur Hofhaltung. Der Kurfürst war offenbar der Meinung, dass wissenschaftliche Veröffentlichungen, durch die Jacob und Wilhelm Grimm inzwischen die vermutlich berühmtesten Bürger Kassels waren, vor allem von einer Vernachlässigung ihrer Dienstpflichten zeugten. Erst etwas später erkannte man bei Hof aufgrund von Äußerungen des sächsischen Geschäftsträgers Lützerode bei einem großen Festessen, dass der Weggang der Grimms tatsächlich ein Verlust war. Die Mätresse Gräfin Reichenbach ließ den Grimms noch eine ganz wunschgemäße Stellung an der Bibliothek mit höherem Gehalt als in Göttingen anbieten, was diese aber nun nicht mehr annehmen wollten.

Holger Ehrhardt
Berthold Friemel

Holger Ehrhardt und Berthold Friemel, 16. November 2009